Trek vs Wars – Das Quotenmeter-Zwiegespräch zum Kampf der SF-Giganten

Für die einen kann es nur die Ideale der Föderation geben, für andere ist Lichtschwertschwingen das einzig Wahre. Wir haben zwei eingefleischte Vertreter beider Lager an einen Tisch gebracht – und abgewartet, was passiert.

Die «Star Wars»-Reihe erblüht in neuem Glanz, der siebte Teil konnte just mit einem spektakulären weltweiten Einspielergebnis und einer Menge leuchtender Fan-Augen wuchern. Mit drei Anthology-Filmen und den ausstehenden Teilen VIII und IX der Sequel-Trilogie ist noch lange kein Ende in Sicht. Ein reiner Segen für die Fans?

Auch «Star Trek» kehrt im Sommer mit dem bereits dritten Teil der Reboot-Reihe ins Kino zurück - doch damit nicht genug: Anfang 2017 präsentiert CBS auf ihrem Streamingportal CBS All Access sogar eine brandneue Serie. Das muss doch Stoff für Euphorie sein!

Stefan Turiak und Björn Sülter sind zwei, die es wissen sollten. Zwei Männer, ein runder Tisch, zwei Leidenschaften. Während im Kino aktuell Batman gegen Superman antritt und bald Iron Man auf Captain America prallen wird, lassen wir hier nun Captain Kirk und Darth Vader aufeinander los – zumindest in Form von Turiak & Sülter. Werden sie einen Konsens finden können oder heißt es am Ende: Lichtschwert gegen Sternenflottenphaser?

Warm-up



Hallo Stefan! «Star Wars» ist ja in diesem Jahr mehr als erfolgreich ins Kino zurückgekehrt - und das trotz Disney. Hat der Film für dich gehalten, was du dir versprochen hast?

Hallo Björn! Na, das war ja klar, dass sofort das Disney-Thema kommt. Es ist ja bekannt, dass nach dem Kauf von Lucasfilm durch Disney viele besorgte Stimmen unkten, künftig würden Mickey Mouse und Co. durch die heißgeliebten «Star Wars»-Filme tanzen – was natürlich Quatsch war und ist. Trotzdem steckte echte Sorgen dahinter.

Ganz nüchtern gesagt ist Disney ein Milliardenkonzern, der wie viele andere daran interessiert ist, Geld zu verdienen. Das soll keine Kapitalismus-Kritik sein, sondern liegt einfach in der Natur der Sache - auch in der Filmindustrie. Man mag davon halten, was man möchte und auch Disney selbst in vielerlei Hinsicht kritisieren, allerdings ist man dort meistens schlau genug, gute bis sehr gute, geistige Besitztümer einzukaufen und die richtigen Leute mit der Umsetzung zu betrauen. Und man ist einfühlsam genug, nicht Figuren und Charaktere in ein Universum zu quetschen, die dort nicht hingehören.

Apropos richtige Leute – mit J. J. Abrams holte man sich zumindest einen absoluten Fachmann und Fan der alten Filme an Bord. Das konnte ja eigentlich gar nicht schiefgehen, oder?

Steckbrief

Stefan Turiak ist als Redakteur bei Quotenmeter zuständig für Quoten-Analysen, Rezensionen & Schwerpunkte. Er ist außerdem freier Mitarbeiter bei Widescreen und Triggerfish sowie Fachmann in Sachen internationaler Film.
Naja, da liegt aber schon ein streitbarer Punkt, denn viele sahen J. J. Abrams eben nicht als den „richtigen“ Mann für den Regiestuhl. Auch ich habe versucht, meine Erwartungen zurückzuhalten. Ein Vorhaben, das mit jedem der gefühlt 120 Trailer und TV-Spots immer schwieriger wurde. So nahmen Vorfreude und Nervosität stetig zu. Aber ich wollte mir nach den Prequels einfach nicht zu viele Hoffnungen machen.

Richtig. Die Prequels. Jar-Jar Binks und die Midi-Chlorianer…

So einfach ist es zwar nicht, aber fast. Als «Star Wars - Episode I: The Phantom Menace» 1999 startete und ich noch zarte 17 Jahre alt war, wollte ich den Film unbedingt mögen, aber es gelang mir einfach nicht. Und mit jedem darauffolgenden Film wuchs meine Enttäuschung. Also wurde ich einfach vorsichtig, um mir nicht noch einmal die Finger zu verbrennen.

Das kann ich absolut nachvollziehen - und es klingt ja jetzt fast rational und gar nicht nach Fanboy.

Das schließt sich ja nicht aus. Was ich mir jedoch erhofft hatte war, dass mich der neue Film wieder in dieses seit Kindestagen heiß geliebte Universum zurückholen würde, aus dem mich George Lucas so unsanft herausgeschmissen hatte. Und ja, das hat J. J. Abrams geschafft. Viele Leute stören sich daran, dass sie den Plot nicht für sehr originell halten - und das mag stimmen. Der Film hat auch sicher seine Schwächen, die mit jedem weiteren Schauen vermutlich auch deutlicher zutage treten. Aber, und das war mir bei diesem ersten Film der neuen Ära wichtig, hat er mein Herz angesprochen, nicht meinen Kopf (wie es «Star Trek» für mich leider zu oft tut).
Wer gewinnt im Zweikampf Mann gegen Mann?
Han Solo
50,0%
Captain Kirk
50,0%

Meaty stuff surfacing



Oh je, jetzt beginnst du aber früh damit, die Trekkies gegen dich aufzubringen…

Naja, woher kommt das wohl? Abrams ist schließlich nicht nur eine kontroverse Figur im «Star Wars»-Universum, sondern hat vielen Internetkommentaren zufolge auch schon das ganze «Star Trek»-Franchise auf dem Gewissen. Wie siehst du das denn, Björn?

Wir wollen mal nicht übertreiben. Abrams hat zumindest eines ganz klar geschafft – ein seit den letzten beiden Filmen um Captain Picard unattraktives, brach liegendes und darbendes Filmfranchise zu neuem Leben zu erwecken und neuen Zuschauerschichten zu öffnen.

Von einem Trekkie klingt das Wort "Zuschauerschichten" fast ein wenig herablassend. Kalkül?

Mitnichten. Das meine ich vollkommen wertfrei. «Star Trek» hatte sich verrannt – nicht nur die Filme waren zuletzt nur noch Schatten ihrer selbst, auch die letzte Serie «Star Trek: Enterprise» und genau genommen sogar die letzten Jahre von «Star Trek: Voyager» hatten eine sterbende Kuh nur immer weiter gemolken, obwohl die Milch schon längst nicht mehr schmeckte.

Die Fanbase war zunehmend zerstritten und verlor immer mehr das Interesse. Die Folge: Sinkende Quoten und schlechte Einspielergebnisse der Filme. Abrams hat alles auf null gesetzt, durchgelüftet, an den richtigen Stellschrauben gedreht, Zuschauer angelockt, die vorher wenig oder gar kein Interesse mehr für das Franchise aufbrachten und in der Summe dafür gesorgt, dass dieses Jahr nicht nur die Reboot-Filme schon in die dritte Runde gehen, sondern, dass CBS sich sogar an eine neue Serie traut. Und das ist etwas, was man lange nicht zu hoffen wagen durfte.


Der neue Film «Star Trek Beyond» wird von «The Fast and the Furious»-Regisseur Justin Lin inszeniert und der erste Trailer sieht für mich eher so aus wie ein Fast and Furitrek. Wie geht es dir damit?

Steckbrief

Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für Rezensionen, Interviews & Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne Sülters Sendepause und schrieb für Die Experten und Der Sportcheck.
Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
Kann ich leider nur bestätigen. Der erste Trailer hat mich absolut kalt gelassen – und das ist in nun über 25 Jahren Trekkie-Sein noch nie vorgekommen. Justin Lin ist sicher ein Könner in Sachen Entertainment und Action – ob er jedoch den Geist von Trek gefunden hat, vermag ich aktuell noch nicht zu sagen. Meine Hoffnungen haben sich angesichts des Trailers in jedem Fall rapide abgekühlt, auch wenn Autor und Scotty-Darsteller Simon Pegg ja bereits versuchte, dem entgegenzuwirken, indem er den Trailer selber als nicht besonders gelungen beziehungsweise als wenig zutreffend für den Inhalt des Films bewertete. Im Mai soll ja der zweite Trailer auf einem Fan-Event präsentiert werden - hoffen wir mal, dass er für etwas mehr Vertrauen in das Werk wird sorgen können...

Dann warten wir das zumindest mal ab. Leider setzt sich das Thema aber auch anderorts fort: Der Produzent der neuen Serie Alex Kurtzman hat meiner Ansicht nach einen sehr durchwachsenen Lebenslauf: «Alias» (Top!), «Fringe» (Top!), «Sleepy Hollow» (Naja… die Serie wohlgemerkt), «Scorpion» (Gähn!), «Limitless» (Doppel-Gähn!!). Von den «Transformers»-Filmen will ichl gar nicht erst anfangen. Bis jetzt ist das einzige, was einem Vertrauen einflößt, die Mitwirkung von Bryan Fuller, dessen Serien allerdings die Angewohnheit haben, spätestens nach der dritten Staffel Feierabend zu machen. Und CBS veröffentlicht die Serie scheinbar nur auf seiner eigenen, dubiosen Online-Plattform und scheint somit selbst nicht allzu viel Vertrauen in die Produktion zu haben. Was versprichst du dir also davon? Für mich springen da eher die Alarmglocken an.

Das sind jetzt aber viele Punkte auf einmal. Bei Kurtzman würde ich dir Recht geben, wobei ich ihn eher als eine Art Garant für ein mainstreamtaugliches Produkt sehe. In der Kombination mit Fuller ist er vermutlich der kühle, rationale Planer, der aufpasst, dass die Kreativen an der Serie das Ziel, eine auch kommerziell erfolgreiche Serie zu produzieren, nicht aus den Augen verlieren. Nach der Einbeziehung von Fuller und auch der von Nicholas Meyer sehe ich die Rolle Kurtzmans allerdings sehr entspannt. Ob Fuller diesmal durchhält oder ob es erneut bei einer kurzen Angelegenheit bleibt, muss man einfach abwarten – er ist nach eigenem Bekunden ja ein großer Fan und wird sicher sein Möglichstes tun. Im Endeffekt sind mir drei Staffeln einer Serie wie «Hannibal» aber lieber als doppelt so viele von einem Rohrkrepierer.

Im Falle von CBS siehst du es meiner Ansicht nach genau falschrum – sie trauen dem Trek-Brand den Status des Zugpferdes ihrer Online-Plattform CBS All Access zu – was ich eher als gewagt und etwas zu optimistisch bezeichnen würde. Abgesehen davon wird die Serie ja in der restlichen Welt ganz regulär verkauft, da der Online-Dienst eine reine US-Geschichte ist. Hier sollte man die Alarmglocken im Schrank lassen. Bei mir schrillen sie eher, wenn ich die Flut an «Star Wars»-Filmen auf uns zu rauschen sehe. Gerade Episode VII abgehakt, bald der erste Anthology-Film, dann noch vier weitere Filme im Jahresabstand und eine Serie schwelt doch auch noch oder? Ist das nicht exzessiv und letztlich vollkommen übertriebene Gier seitens Disney? Qualitativ kann das doch beim besten Willen nicht klappen!


Naja, Marvel bringt zusammen mit Disney zwei Filme pro Jahr heraus und das scheint ziemlich gut zu funktionieren. Bis jetzt sehe ich das alles ziemlich optimistisch.

Zugestanden. Der ganze Marvel-Kram ist zwar überhaupt nicht meins, aber murren ob fehlender Qualität durch zu viel Output hört man die Fans bisher nicht, das stimmt. Aber wir waren ja bei «Star Wars», oder wolltest du dezent vom Thema ablenken?

Niemals! Der «Rogue One»-Teasertrailer war meiner Ansicht nach sehr vielversprechend, mit Gareth Edwards wurde zumindest ein visuell aufregender Regisseur gefunden, Felicity Jones ist eine spannende Hauptdarstellerin, dann hätten wir noch Bryan Fuller-Buddy Mads Mikkelsen, Ben Mendelsohn und Forest Whitaker im Cast. Was gibt es da nicht zu mögen, oder gar zu lieben?

Das «Star Wars»-Universum bietet unendlich viele Charaktere, unendlich viele Möglichkeiten der Entfaltung und Geschichten, die sich nicht nur um Jedi-Ritter drehen müssen. Wenn es sich wirklich nur um Gier seitens Disney handeln würde, würde man nicht Leute mit der Umsetzung betreuen, die schon seit ihrer Kindheit quasi «Star Wars» atmen. Wir Fans haben wahrscheinlich alle als Kinder unsere kleinen «Star War»s-Fortsetzungen in den heimischen vier Wänden oder vor der Haustür mit unseren Freunden umgesetzt. Diese Leute können dies nun auf der großen Leinwand machen - und das freut mich sehr.

Das stimmt schon, wobei die Leute bei Disney natürlich auch meist schlicht wissen, was sie tun. Von daher ist das Einsetzen von Könnern wieder weniger Fanliebe als am Ende eben doch Freude am guten Einspielergebnis…
Wofür schlägt dein Herz?
Star Trek
44,2%
Star Wars
27,3%
Weder noch
1,6%
Ganz klar: Beide!
26,9%

All hands, brace for impact!



Wenn beides klappt – warum nicht? Und selbst wenn nicht jeder Film ins Schwarze treffen wird - zumindest das müssten «Star Trek»-Fans nach 11 Kinofilmen und vier TV-Serien doch kennen - stehe ich dem Projekt viel optimistischer gegenüber, als wenn George Lucas noch das Heft in den Händen halten würde. «Star Trek» steht da in meinen Augen auf viel wackeligeren Beinen und scheint nicht so wirklich zu wissen, wen es eigentlich ansprechen möchte: Den Actionfan? Den «Star Trek»-Fan? Da scheint es mir oftmals nicht viele Überschneidungen zu geben. Vielleicht liegt es einfach daran, dass Trekkies richtige Action nicht gewohnt sind, abseits von dem, was eine amerikanische Kritikerkollegin für mich einmal passend als Trek-Fu bezeichnete und damit die niedlichen Nahkampfsequenzen beschreibt, die ich schon in so vielen Trek-Serien gesehen habe. Was wollt ihr Fans eigentlich von den Serien und Filmen? Weil nur mit von einem Planeten zum nächsten Planeten hüpfen und brav über Leben, Wissenschaft und Gesellschaft philosophieren, wird man auf Dauer wenig Leute ins Kino, vor den Fernseher oder zur CBS-Streamingplattform locken.

Ui, jetzt geht’s aber los. Bezüglich des reichhaltigen «Star Wars»-Universums gebe ich dir natürlich absolut Recht. Wenn man diese Vielfalt nutzt, sind schnell eine ganze Reihe von Filmen kompetent gefüllt. Bei «Star Trek» muss und will ich dir jedoch widersprechen. Die Fans wissen im Kern glaube ich ziemlich genau, was sie wollen – die Frage ist zumeist eher, ob die Verantwortlichen es auch wissen und/oder ob ihnen bewusst ist, für was für Einspielergebnisse oder Zuschauerzahlen das im Endeffekt noch reichen würde. Und sollte ihnen das bewusst sein, in welchem Maße sie diesem Faktor noch Relevanz beimessen.

«Star Trek» hat den großen Hype Mitte der 90er gehabt – seitdem geht es konstant nach unten. Einzig Abrams konnte dem zuletzt mit zwei Filmen entgegenwirken, die aber eine Reihe von Hardcore-Fans mit ihrer seichteren Gangart verprellt haben, aber dafür eben auch ein anderes, größeres Publikum fanden. Von daher hat man von einer rein ökonomischen Warte alles richtig gemacht. Und wenn man sich den aktuellen Trailer anschaut, könnte das natürlich durchaus auch weiterhin klappen, wobei für mich immer die Frage ist: Bekommt man weiterhin die alten Fans (gerade noch so) und die Normalos (in welchem Maße auch immer) wirklich an Bord? Reicht der neue Trailer aus, die Actionbombastfraktion zu begeistern? Ich sage: Nein. Reicht er aus, Hardcore-Trekkies ins Kino zu holen: Ebenfalls nein. Könnte dieses Mal also durchaus schiefgehen - muss aber nicht. Viel relevanter wird es jedoch sein, auf dem TV-Schirm den Kern von «Star Trek» zu reaktivieren und keine blutleere Ballerorgie zu kredenzen. Mit Fuller und Meyer hat man dafür bereits gute Leute – nun ist die Frage: Haben diese den Mut und die Handhabe? Wenn du es definieren müsstest, was wäre für dich denn «Star Trek»?


Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Stefan Turiak & Björn Sülter über gutes «Star Trek» denken und was sie für den Erfolg von «Star Wars» verantwortlich machen. Außerdem interessant: Ob sich die Beiden noch werden einigen können?
Da hast du einen interessanten Punkt angesprochen: «Star Trek» hatte tatsächlich seinen Höhepunkt Mitte der 90er. Das erste goldene Zeitalter des US-Fernsehens mit den «Sopranos», «Six Feet Under», «The Wire» und zum Beispiel der Science Fiction-Serie eines anderen «Star Trek»-Veteranen, Ronald D. Moore, namens «Battlestar Galactica» hat das Franchise gar nicht mehr miterlebt. Wenn ich es auf den Punkt bringen müsste, repräsentiert «Star Trek» für mich eine etwas zu naive Gesellschaftsutopie: Menschen arbeiten nur für den eigenen Fortschritt, Geld existiert nicht, Wohlstand überall, das Wichtigste ist die Forschung. Bestenfalls ist «Star Trek» ein Wunschtraum, der das viel zynischere Antihelden-Image, welches das neue Fernseh-Zeitalter so geprägt hat, gar nicht überstanden hätte. Einerseits lobe ich den Optimismus, der hinter diesem Franchise steckt, andererseits halte das Ganze auch gelegentlich für einen Anstrich von Wissenschafts- und Wohlstandsimperialismus.

Nach dem Motto: Klar, Ihr könnt all unsere schöne Technologie und unsere schönen Dinge genießen, allerdings müsst ihr euch unseren Werten unterordnen. Toleranz gab es sicherlich, aber nur in einem gewissen Rahmen. Die oberste Direktive, die das Einmischen in die Entwicklung außerirdischer Gesellschaften verbot, schien nur dazu da zu sein, um gebrochen zu werden. Wenn ich mich recht erinnere, hat zumindest «Star Trek: Deep Space Nine» mit dem Emporkommen des Dominions dieses Weltbild auf eine halbwegs überzeugende Art und Weise herausgefordert. «Star Wars» ist zwar ein naives Märchen, aber zumindest weiß es, dass es ein Märchen ist, und das macht es so zeitlos. «Star Trek» dagegen ist das Märchen einer Utopie, das nicht weiß, dass es ein Märchen ist, sondern glaubt, realistisch oder zumindest plausibel zu sein. Und bis jetzt bin ich, trotz der Mitwirkung von Meyer und Fuller, nicht davon überzeugt, dass man den Sprung aus diesem 23. Jahrhundert, welches so sehr durch das naive Fernsehen der 80er und 90er geprägt war, ins 21. Fernseh-Jahrhundert schaffen wird.

Da muss ich tatsächlich anerkennend mit dem Kopf nicken. Deine Analyse ist verblüffend einleuchtend und erklärt auf den Punkt die schwindende Relevanz von «Star Trek» im Gegensatz zum inhaltlich deutlich plakativer und schlichter gestrickten «Star Wars». Vielleicht hat sich dieses positive Weltbild aktuell einfach überholt, vielleicht passt es schlicht in keine zurzeit vorhandene Schublade mehr. Oder vielleicht muss es aber auch nur qualitativ hochwertiger und unter Dreingabe von zeitgemäßen Ingredienzien aufgewertet werden. Was müsste «Star Trek» gerade in Bezug auf die neue Serie für dich tun, um sich nicht selber zu verraten und doch im Hier und Jetzt anzukommen und eine Chance zu haben, am Markt zu bestehen?

Second star to the right, and straight on 'till morning



Ich glaube, jedes Weltbild, das sich als absolut und quasi unfehlbar präsentiert, hat sich überholt (auch wenn es gelegentlich Schwachmaten gibt, die auf die politische Bühne treten und das anders sehen - aber das ist ein anderes Thema). Da setzt du mir mit deiner Frage quasi die Pistole auf die Brust. Uns Journalisten und Kritikern sagt man schließlich gerne nach, zwar über andere gut meckern zu können, aber selbst nicht sonderlich kreativ zu sein. Um mich allerdings überzeugen zu können, muss «Star Trek» genau an diesem eigenem, unfehlbaren Weltbild rütteln, und das etwas heftiger als zuvor. Die Föderation muss mehr mit sich selbst kämpfen und die Feindbilder weniger nach Außen verlagern, wie es zum Beispiel bei den Borg oder dem Dominion der Fall war. Welche Langzeitfolgen hat eine zunehmende Föderationalisierung? Das für das heutige Fernsehen typische, serielle Erzählen mit seinen langen, komplexen Handlungsbögen ist geradezu prädestiniert dafür, um auf langfristige, vielleicht sogar politische Folgen eines immer weiteren Vordringen in die Galaxis einzugehen.

Außerdem brauchen wir weniger Pfadfinder auf der Brücke, die immer die moralische Oberhand haben: Kirk ist zwar ein Draufgänger, und so wie er in den neuen Filmen präsentiert wird, gelegentlich auch rücksichtslos, aber sein Draufgängertum hat nie wirklich ernsthafte Konsequenzen, sondern führt immer wieder zum gewünschten Ergebnis (in «Star Trek Into Darkness» steht er sogar von den Toten wieder auf). Picard hatte dagegen in der Jugend seine wilderen Tage, mittlerweile ist er jedoch eher ein steifer Beamter und Akademiker, der für jede Situation das passende Shakespeare-Zitat bereit hält. Sisko, Janeway und Archer sind dagegen für mich als Charaktere eher ein Mysterium geblieben, was vielleicht auch daran liegt, dass die Betrachtung dieser Serien bei mir eher lückenhaft verlief. Ich sage nicht, dass der nächste Sternenflotten-Captain frustriert sein Amt nieder legen sollte, um Crystal Meth (oder Space-Crystal Meth) zu verkaufen, aber ein paar Ecken und Kanten mehr dürfte man mir schon präsentieren. Das wäre auch wesentlich repräsentativer für die moralischen Grauzonen, die sich für uns alle heutzutage auftun.

Deine Wahrnehmung der verschiedenen Trek-Inkarnationen finde ich schon ein wenig ausbaufähig - Picard zum Beispiel tust du definitiv Unrecht. Doch eigentlich sprichst du mit dem was du dir wünscht über «Star Trek: Deep Space Nine». Vielleicht ist das als Basis tatsächlich die Serie, die zu deinen Empfindungen passen würde, da man sich dort eben teilweise sehr stark mit den Dämonen innerhalb (und außerhalb) befasst und die Fehlbarkeit zum Tagesgeschäft macht. Ich würde dir da dringend einen Rewatch ans Herz legen…

Okay, das werde ich dann sicher mal tun. Aber wo du gerade schreibst, dass «Star Wars» „inhaltlich plakativer und schlichter gestrickt“ sei. Ist das etwas, woran «Star Wars» deiner Meinung arbeiten muss, um dich zu fesseln?

Nein – «Star Wars» ist genau deswegen so stark, weil es ist wie es ist. Weil es schlicht ist, weil es märchenhaft und wenig subtil ist. Diese klare Präsentation hat für mich als Kind funktioniert und nimmt mich auch heute noch mit – die Gründe verschieben sich, aber das Gefühl ist dasselbe geblieben. «Star Wars» ist zudem selbstbewusst genug, nicht selber an diesen Stärken zu zweifeln und unsinnige Anpassungsversuche zu unternehmen. Ein klarer Schlüssel zum dauerhaften Erfolg.

Das klingt ja fast, als würdest du im tiefen Inneren doch eine Menge für «Star Wars» übrig haben?

Das ist wohl so – «Star Wars» und «Star Trek» haben sich für mich sogar immer ergänzt, waren für mich zwei Seiten einer Münze, wo die eine nicht ohne die andere aber auch nie richtig mit der anderen Seite konnte. Letzteres haben besonders die beiden Fanlager leider oft genug vorgelebt und lieber die Fehler der "Gegenseite" durchgekaut, als vor der eigenen Tür zu kehren oder einfach das Gute an beidem zu erkennen. Es ist aber wie bei vielem: Der effektivste Weg sich zu verteidigen, ist etwas anderes schlecht zu reden. Das ist die traurige Krux heutzutage - besonders im Internet. Je anonymer ich jemandem den Spaß an etwas verleiden kann, desto besser. Ich für meinen Teil bin zwar Trekkie durch und durch, liebe aber wenn es hart auf hart kommt schlicht beides und bin froh, dass es diese Vielfalt im SF-Sektor seit so vielen Jahrzehnten gibt.

Jetzt ist die Katze wohl aus dem Sack. Vielleicht sollten wir an diesem Punkt die Laserschwerter und Phaser niederlegen, uns gegenseitig in die digitalen Arme nehmen und uns gegen einen noch zu bestimmenden, gemeinsamen Feind zusammenschließen (vielleicht die «Twilight»-Fans?). Ich glaube nicht unbedingt, dass beide Reihen sich notwendigerweise ergänzen, sondern zwei sehr unterschiedliche und sehr willkommene Herangehensweisen an das Genre repräsentieren, in denen wir uns alle aber je nach Stimmung und Gusto wiederfinden können. Meine Kritik an der Serie und an den Filmen bleibt dennoch bestehen. Aber auch das muss jedes Franchise ertragen können, und das gilt auch für «Star Wars». Auch wenn mich der Trailer zum neuen «Star Trek»-Film noch nicht überzeugt hat, sollte man nicht nur auf eben diesen Trailer und auf den Action-Regisseur achten, sondern Hoffnung aus der Tatsache schöpfen, dass Simon Pegg, selbst ein sehr großer «Star Trek»-Fan, einer der Co-Autoren ist.

Die Gerüchte, die seit kurzem um die neue Serie kreisen, klingen ebenfalls recht vielversprechend, aber es sind eben bisher wirklich nur Gerüchte: Möglicherweise soll die neue Show in der Zeit zwischen den Filmen «Star Trek - Das unentdeckte Land» und «Star Trek: Next Generation» spielen. Es könnte sich dabei um eine Anthologie-Serie handeln, sprich jede Staffel wird sich um eine neue Personengruppe und um einen neuen Plot drehen. Außerdem soll es keinen Parallelen-Universum und Zeitreise Hokus Pokus mehr geben. Die neue Show spielt wohl in der Zeitlinie, die wir alle so schätzen und lieben gelernt haben. Klingt alles sehr interessant und nach einer frischen, zeitgemäßen Herangehensweise, sollten sich die Gerüchte bestätigen. Ich bin jedenfalls gespannt.

Das sind mir in der Tat im Moment noch zu viele Gerüchte. Eine Anthologie-Serie würde ich den Verantwortlichen durchaus zutrauen, jetzt wo diese Art der Darstellung so hip ist - und auch ich wünsche mir das Ausleuchten des bekannten Universums in so einer Form seit vielen Jahren. Kurz gesagt: Es wäre ein Traum, der wahr würde. Ob es jedoch eintritt, wage ich alleine aus Kostengründen noch zu bezweifeln. Dass man sich auf die Prime-Zeitlinie konzentriert ist schon alleine wegen der verworrenen Rechtesituation anzunehmen - CBS hat die TV-Rechte, Paramount die Rechte an der Filmreihe. Somit wäre eine inhaltliche Verbindung alleine aus dieser Position vermutlich gar nicht möglich. Es bleibt in jedem Fall spannend auf die ersten konkreten Infos zu warten.

Und was uns beide angeht - wir befinden uns hier doch in einer absoluten Luxussituation. Einen grandiosen neuen Wars-Film gerade hinter uns, mindestens noch 5 weitere vor der Brust, wobei der «Rogue One»-Trailer irre gut aussieht. Einen neuen Trek-Film, der nach jetzigem Stand nur noch positiv überraschen kann und einen neuen Serienanlauf, bei dem alles möglich ist, am Horizont. Die SF-Zukunft sieht rosig aus wie selten, kein Grund sich gegenseitig zu zerfleischen - lieber gemeinsam die Vielfalt genießen und kontrovers aber gesittet drüber diskutieren. In diesem Zuge dürfen wir dann auch gerne die «Twilight»-Fans leben lassen - die haben Spaß dran: Gut so! Klinge ich jetzt wieder wie ein typisch moralischer Trekkie? Mag sein. Aber es gibt eben wenig, was einer rosigen TV- und Kinozukunft im All aktuell im Weg steht. Ich möchte an dieser Stelle mal Picard zitieren (der entgegen deiner Einschätzung fast immer ohne Shakespeare ausgekommen ist): The sky´s the limit.


Verdammte Föderationsdiplomatie! Na gut, dann lassen wir die «Twilight»-Fans eben in Ruhe. Aber du hast Recht, und auch auf die Gefahr hin, dass dies wie eine Lektion aus der Sesamstraße klingt: Ich glaube, wir haben im Zuge dieser schriftlichen Konversation einiges gelernt: Übers Fan sein und über einen zivilisierten Diskurs im Internet, der wesentlich mehr Spaß macht, als sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf zu werfen, oder immer Recht haben und gewinnen zu wollen. Und was «Star Wars» und «Star Trek» angeht, haben wir tatsächlich den Luxus, uns die Rosinen raus picken zu können. Ich persönlich mag keine Rosinen, aber mein Punkt ist ja, dass ich mir in diesem Fall etwas anderes aussuchen kann, ohne dass das eine notwendigerweise besser sein muss als das andere. Wie wir schon festgestellt haben, geht es nicht darum, sich gegenseitig zu übertrumpfen, sondern zu einem gemeinsamen Nenner zu finden. Ich habe hier kein cooles «Star Wars»-Zitat, das passen würde. Möge die Macht mit dir sein! wirkt mir in diesem Zusammenhang und außerhalb des Kontextes des «Star Wars»-Universums einfach zu kitschig . Aber der Gedanke und der Geist, welcher dahinter steckt, soll dich und hoffentlich auch unsere Leser weiterhin begleiten.
Dieser Artikel war auch für Stefan & Björn ein Experiment - wie hat dir unsere Herangehensweise gefallen?
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21.04.2016 10:30 Uhr  •  Björn Sülter & Stefan Turiak Kurz-URL: qmde.de/84894