Die Kino-Kritiker: «Die Bestimmung - Allegiant»

Während sich Teil zwei der «Die Bestimmung»-Reihe im Vergleich zum Vorgänger deutlich steigern konnte, folgt mit «Allegiant» nun der Totalabsturz.

«Die Bestimmung - Allegiant»

  • Kinostart: 17. März 2016
  • Genre: Abenteuer/Action
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 121 Min.
  • Kamera: Florian Ballhaus
  • Musik: Joseph Trapanese
  • Buch: Noah Oppenheim, Adam Cooper, Bill Collage
  • Regie: Robert Schwentke
  • Darsteller: Shailene Woodley, Theo James, Jeff Daniels, Naomi Watts, Octavia Spencer, Ansel Elgort, Zoë Kravitz, Miles Teller
  • OT: Allegiant (USA 2016)
Vor ziemlich genau einem Jahr endete unsere Kritik zu «Die Bestimmung – Insurgent» an dieser Stelle mit dem Fazit, der Film würde auch bisherigen Skeptikern noch einmal die Gelegenheit bieten, sich mit dem auf den Romanen von Veronica Roth basierenden Franchise anzufreunden. Diese Feststellung rührte daher, dass «Insurgent» nach dem allenfalls durchschnittlichen Auftakt «Divergent» einen guten Qualitätssprung nach vorne gemacht hatte. Und das, obwohl mit der Verpflichtung von «R.I.P.D.»-Regisseur Robert Schwentke und den befremdlich wirkenden CGI-Trailern vorab doch gewisse Bedenken angebracht war. Doch das technisch hohe Niveau, der sozialkritische Überbau und ein hübscher Cliffhanger wussten die Schwächen in der beliebigen Charakterzeichnung auszugleichen. In «Allegiant» – übrigens einmal mehr der erste Teil eines in zwei Filme gesplitteten Finals – ist von dem Eindruck, die Reihe würde sich von Teil zu Teil steigern, nichts mehr übrig. Im Gegenteil. Die ohnehin schon eindimensionalen Charaktere sind fortan nur noch Stichwortgeber in einer Handlung, die den Eindruck erweckt, im Buch lediglich auf zwei Seiten stattzufinden. Es geht um den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse, nur dass beide Seiten hier derart dämliche Ziele vor Augen haben, dass es sich für den Zuschauer nicht erschließt, weshalb es sich lohnen könnte, mit den Figuren mitzufiebern. Einzig das futuristische Design hat einige hübsche Schmankerl zu bieten. Die Kriegsgatgets und Waffen machen «Allegiant» allerdings nicht bloß brutaler, sondern verhelfen dem Film obendrein zu einer Austauschbarkeit, welche die Produktion in Sachen Spannung noch weiter herunterzieht. Doch dazu später mehr.

Die Flucht aus Chicago


Nach den erschütternden Ereignissen in «Die Bestimmung – Insurgent» sind Tris (Shailene Woodley) und Four (Theo James) gezwungen zu fliehen und die Mauern, die Chicago umschließen, hinter sich zu lassen. Damit wagen sie den ersten Schritt aus der einzigen ihnen bislang bekannten Stadt und der vertrauten Umgebung ihrer Familie und Freunde. Doch bereits kurz nach ihrer Flucht werden alle bisher gewonnenen Erkenntnisse durch die Entdeckung einer neuen, schockierenden Wahrheit zunichte gemacht. Tris und Four müssen entscheiden, wem sie in einer erbarmungslosen Schlacht, die die Existenz der gesamten Menschheit bedroht, vertrauen können. Um zu überleben, sind sie gezwungen, schier unmögliche Entscheidungen über Mut, Treue, Opfer und Liebe zu treffen.

Anders als etwa die «Tribute von Panem»-Reihe oder «Maze Runner» hatte das «Die Bestimmung»-Franchise von Anfang an das Problem einer holprigen Ausgangslage. Die Prämisse einer recht willkürlich in verschiedene Fraktionen aufgeteilten Gesellschaft, die in einem dystopischen Chicago den Fortbestand der dort angesiedelten Menschheit sichern soll, wirkt weitaus weniger logisch durchdacht und in sich schlüssig als die Hungerspiele eines machtbesessenen Diktators oder das fragwürdige Experiment einer Gemeinschaft, Jugendliche in ein Labyrinth zu sperren, um anhand dessen ihre Überlebensfähigkeit zu testen. Doch gerade im Young-Adult-Adventure-Segment ist der Wille, das einem vorgesetzte Szenario hinzunehmen, enorm wichtig, um das Gezeigte genießen zu können. In den ersten beiden Teilen von „Die Bestimmung“ funktionierte das auch noch recht gut. Zwar durfte man weder die verschiedenen Fraktionen hinterfragen, noch die Aufteilung in dieselben weiterdenken. Aber aus der Überlegung, wie die jungen Heldinnen dieses Kastensystem wohl zerschlagen können, entwickelte sich immerhin ein netter Abenteuerplot am Puls der Zeit.

Führte der erste Teil den Zuschauer in die Schwierigkeiten des hier vorherrschenden Gesellschaftssystems ein, ging es in der Fortsetzung um die Rebellion und den Putsch der Regierung. In «Allegiant» folgt nun das Danach, hier in Form des Blickes hinter die riesige Steinmauer, die das Chicago der Zukunft vom Rest der Welt abgrenzt. Nicht nur visuell erinnert all das was nun folgt erschreckend stark an «Die Auserwählten in der Brandwüste», wenngleich die Protagonisten ihr Weg ins Keiner-weiß-wohin nicht durch eine verseuchte Einöde führt, sondern durch ein rot eingefärbtes Tal, das immer wieder von blutigem Regen heimgesucht wird. Diese Szenerie unterstreicht sogleich die so ziemlich einzige Stärke von «Allegiant», denn trotz deutlicher qualitativer Abstriche bei den Effekten weiß das Szenenbild sehr zu gefallen.

Schlecht geklaut, nichts gewonnen


Irgendwo zwischen den hochstilisierten Zukunftsdesigns von Joseph Kosinskis «Oblivion» und den bedrohlichen Ruinensettings aus «Die Tribute von Panem – Mockingjay» versucht «Allegiant» krampfhaft, eine eigene Note zu finden und entlarvt sich in jeder Szene der Kopie. Ob es nun die minimalistischen Designs der Kleider, die fliegenden Fortbewegungsmittel oder die Stadt, die unter der Aufsicht des Oberhaupts vom Amt für genetisches Sozialwesen (Jeff Daniels) entsteht: Hier treffen zwar Ideen aus Filmen wie «A World Beyond», «Edge of Tomorrow» oder «Hüter der Erinnerung» zusammen, doch eigenständig ist «Allegiant» vor allem deshalb nicht, weil die technische Ausstattung das Einzige ist, woran der Zuschauer hier Interesse entwickeln könnte. Blickt man nämlich erst einmal auf den Inhalt, offenbart sich, dass das, was uns das Autorenteam aus Noah Oppenheim («Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth»), Adam Cooper («The Transporter Refueled») und Bill Collage («Exodus – Götter und Könige») hier vorsetzt, allerhöchstens auf eine Briefmarke passt.

Erst kürzlich wurde im Falle des famosen Action-Spektakels «Mad Max: Fury Road» immer wieder darauf verwiesen, dass sich dessen Story schlussendlich darauf beschränken ließ, dass Menschen von A nach B fahren, um nach der Hälfte wieder von B nach A zu fahren. Trotz dieser doch sehr vereinfachten Zusammenfassung hatte man bei dieser Aussage tatsächlich nicht Unrecht. Doch im Falle dieses Films, der seine Stärken an anderer Stelle denn der Story auszuspielen wusste, war das vollkommen okay. Auch «Allegiant» lässt sich auf genau diese Formel herunter brechen, kann sich das allerdings nicht erlauben. Hier geht es darum, den Plot innerhalb einer Reihe voranzutreiben, doch der Film schafft das nur minimal – möglicherweise auch deshalb, weil das Finale eben in zwei Filme aufgeteilt wurde. Stattdessen wird eine Liebesgeschichte angedeutet, mit Dialogen versucht, das Geschehen relevant einzuordnen und es werden neue Bösewichte etabliert. Doch die Lovestory bleibt aufgrund der erschreckend lustlosen Performance sämtlicher Beteiligter bloße Behauptung, die aufgesagten Texte der Charaktere beschränken sich auf Erklärungen von Dingen, die der Zuschauer ohnehin schon weiß und die Schurken sind entweder von solch unstetem Gemüt oder derart vorhersehbar, dass es nicht wundern würde, wenn diese in der Fortsetzung wieder zu den Guten herüber wechseln oder sich in ihrer Position einmal um die eigenen Achse drehen.

Hoher Bodycount, keine Spannung


Und dann wären da ja auch noch die Waffen: Mit seinem überraschend hohen Body Count ist «Allegiant» zwar deutlich brutaler als seine beiden Vorgänger, doch das Adrenalin bleibt anders als bei «Divergent» und «Insurgent» auf einem sehr niedrigen Level. Das liegt daran, dass sich die Macher an Gadgets bedienen, die den Protagonisten das Kämpfen derart einfach machen (Beispiel: Drohnen dienen nicht nur selbst als Waffe, sondern den Charakteren auch als Schutzschild, durch das die Figuren selbst ballern können, an dem der Feind hingegen scheitert), dass der Zuschauer genau weiß, wer am Ende überlebt und wer nicht. Das ist angesichts der Genre-Herkunft normalerweise kein Beinbruch, doch hier unterstreicht die Inszenierung nur einmal mehr die Lustlosigkeit, die sich durch «Allegiant» zieht wie ein roter Faden.

Fazit: Visuell angesiedelt zwischen «Oblivion» und «Maze Runner» ist der neueste Teil der «Die Bestimmung»-Reihe allenfalls als Zur-Schau-Stellung futuristischer Gadgets akzeptabel. Mit seinen eindimensionalen Charakteren und der sukzessive immer irrelevanter werdenden Handlung erweist sich «Allegiant» insgesamt allerdings als mit Abstand schlechtester Teil des Franchises und macht trotz Cliffhanger (!) nicht unbedingt Lust auf mehr.

«Die Bestimmung – Allegiant» ist ab dem 17. März bundesweit im Kino zu sehen.
17.03.2016 10:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/84362