Schlimmes YouTube-Video: Zeigen oder nicht?

Ein Fahrgast des Unglückszugs hat ein Momente nach dem Crash entstandenes – furchtbares – Handyvideo auf YouTube gestellt. Darf man sowas dann im Fernsehen zeigen?

Der Fluch der Handys

Was bewegt einen Menschen, der gerade das schlimmste Zugunglück Bayerns seit 40 Jahren überlebt hat, hilflose Menschen, schreiend und weinend vor Schmerz, mit seinem Handy zu filmen? Vielleicht ist es der Schock. Vielleicht auch nicht. Die Tatsache, dass Videos und Fotos dank der technischen Entwicklung nun einfach via Handy geschossen werden können, hat dazu geführt, dass wir die Privatsphäre der anderen immer weniger achten und offenbar auch das Hirn immer seltener einschalten. Das Zugunglück in Bayern ist ja nur ein Beispiel, wo lieber gefilmt statt geholfen wird. Man kann den Menschen nur eintrichtern in Extrem-Situationen anzupacken - und das Handy aus der Hand zu legen. Damit sie selbst in traumatisiertem Zustand das Richtige tun.
Kurz kommentiert von Manuel Weis
Es sind unfassbare Aufnahmen – enstanden wenige Momente nach dem schlimmen Zugunglück im bayerischen Bad Aibling, das nach aktuellem Stand zehn Menschen das Leben gekostet hat. Einige Stunden später hat der Filmer dieses Handyvideos besagte Aufnahmen via YouTube für alle öffentlich gemacht. „Die Bilder der Opfer und das Wehklagen der Menschen, das über Minuten zu hören ist, kann man kaum ertragen“, sagt «Tagesschau»-Chef Kai Gniffke nach Sichtung des Materials. Darf man solche öffentlich verfügbaren Aufnahmen dann auch im Fernsehen, also in Nachrichtensendungen zeigen?

„Mein erster Impuls war 'Geht gar nicht', das sollten wir den Leuten nicht zumuten. Soll sich doch jeder der mag, das Video im Netz aufrufen. Dann kann man sich bewusst entscheiden, ob man das ansehen möchte“, erklärt der Journalist im Tagesschau-Blog. Man entschied sich, um Opfer zu schützen und Zuschauer, die nicht schnell genug umschalten können, nicht zu verstören, zunächst gegen eine Ausstrahlung. „Auf der anderen Seite ist das Video ein authentischer Blick auf das Unglücksgeschehen. Wir zeigen schließlich ja auch die Rettungsarbeiten, die Bergung der Verletzten und den Zug von außen. Deshalb komme ich zu dem Ergebnis, dass dieses Bildmaterial unsere Berichterstattung ergänzt und dass wir darauf zurückgreifen sollten. Aber wir tun es so verantwortungsbewusst wie wir können. Wir zeigen nur eine Sequenz ohne Bilder von Verletzten und ohne Ton“, erklärt Gniffke weiter.

Anders gehandelt hat derweil die BBC. Sie zeigte längere und deutlichere Ausschnitte aus dem Video, sprach aber auch mit dem Mann, der gefilmt hat.
10.02.2016 10:57 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/83715