Karneval im Fernsehen: Ist weniger mehr?

Nur noch fünf statt neun Sitzungen übertragen ARD und ZDF in diesem Jahr. Die dahinter steckende Hoffnung: Durch Verknappung eine höhere Publikumsnachfrage generieren. Geht dieses simple Modell auch auf oder setzt sich der kontinuierliche Abwärtstrend der letzten Jahre fort?

Der Schere zum Opfer fielen...

  • «Frankfurt Helau» (ARD, 21:15 Uhr / 2,25 Mio. bzw. 7,3%)
  • «Bütt an Bord» (ARD, 22:30 Uhr / 2,21 Mio. bzw. 11,7%)
  • «Karnevalissimo» (ZDF, 20:15 Uhr / 4,22 Mio. bzw. 13,9%)
  • «Mer losse d'r Dom in Kölle» und «Typisch Kölsch» ---> zusammengelegt zu «Kölle Alaaf»
In Klammern: Sender, Sendezeiten und Zuschauerzahlen bzw. Marktanteile im Jahr 2015.
Schaut man nur auf die Publikumsresonanz der Übertragung, kann man leicht zum Schluss kommen, dass der Karneval hierzulande ein nach wie vor gesellschaftlich sehr relevanter, aber dennoch tendenziell aussterbender Brauch ist. Viele Medienanalysten würden dem jedoch entgegenhalten, dass es weniger das Fest selbst ist, das an Relevanz verliert, als viel mehr die oftmals als trocken und in der humoristischen Vormoderne steckengeblieben empfundene Aufbereitung der gezeigten Veranstaltungen. Wie dem auch sei, ARD und ZDF haben Konsequenzen aus den zum Teil enttäuschenden Werten der Formate gezogen und zeigen in diesem Jahr nur noch derer fünf statt neun. Ließ sich dadurch auch wieder ein höheres Interesse generieren oder zeigte die Gesamttendenz weiter nach unten?

Der televisionäre Auftakt in die Karnevalssaison ging am 25. Januar über die Bühne, als Das Erste einmal mehr «Wider den tierischen Ernst» ausstrahlte - und mit 4,06 Millionen Zuschauern erstmals seit vier Jahren wieder auf mehr als vier Millionen Fernsehende gelangte. Nicht ganz unwichtig zur Einordnung der Zahlen ist aber auch, dass die Veranstaltung in den beiden Vorjahren erst um 21:15 Uhr gezeigt wurde, diesmal allerdings wie schon bis 2013 üblich um 20:15 Uhr. Entsprechend höher waren auch die Anforderungen, um zumindest einen ordentlichen Marktanteil von 12,1 Prozent zu erzielen. Beim Publikum zwischen 14 und 49 Jahren sah es angesichts von nur 3,4 Prozent bei 0,41 Millionen deutlich weniger freundlich aus - seit 2010 lief es dennoch nur ein einziges Mal mit 4,1 Prozent besser, im Durchschnitt kam man nicht einmal über zweieinhalb Prozent hinaus.

In eine ähnliche Richtung zeigte auch das Ergebnis von «Düsseldorf Helau», das traditionell am Mittwochabend ebenfalls im Ersten präsentiert wurde. Mit 4,40 Millionen wurde die mit Abstand höchste Mittwochs-Reichweite seit 2012 eingefahren, auch der Marktanteil fiel mit 13,7 Prozent ein gutes Stück weit besser aus als zuletzt (12,0 bzw. 11,3 Prozent in den vergangenen beiden Jahren). Bei den Jüngeren standen wie gewohnt weit unterdurchschnittliche 3,5 Prozent bei 0,41 Millionen zu Buche - mal abgesehen von der 2013er-Ausgabe, die ausnahmsweise an einem Samstagabend über die Bühne gegangen war, entsprach dies den stärksten Zahlen seit sogar sechs Jahren.

So richtig spannend wurde es dann am Donnerstag, als mit «Kölle Alaaf» erstmals der Zusammenschluss von «Mer losse d'r Dom in Kölle» und «Typisch Kölsch» gezeigt wurde. Und tatsächlich fielen die Quoten zufriedenstellend aus: Mit 4,57 Millionen Gesamtzuschauern gingen starke 14,5 Prozent für das Zweite Deutsche Fernsehen einher, selbst beim eher skeptischen jungen Publikum wurden recht solide 5,5 Prozent bei 0,60 Millionen eingefahren. «Typisch Kölsch» war hier zuletzt mit deutlich unter vier Millionen und nur etwas mehr als zwölf Prozent deutlich schlechter unterwegs, «Mer losse d'r Dom in Kölle» wusste hingegen mit gut einer Million Fernsehenden mehr und etwa 16 Prozent die Primetime zu tragen. So gesehen ist es dem Kölner Karneval gelungen, nach dem Zusammenschluss an die Quoten der erfolgreicheren Veranstaltung anzuknüpfen - nicht jedoch, die Werte auszubauen.

Am Freitag durfte sich dann das ZDF über die Ausstrahlung des Quoten-Selbstläufers «Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht» freuen, das als einziges der Karnevals-Formate zuletzt noch regelmäßig um die sechs Millionen Zuschauer und verlässlich mehr als 20 Prozent Marktanteil erreicht hatte. Mit 6,80 Millionen und 23,5 Prozent lief es diesmal allerdings noch eine deutliche Nummer stärker als im Normalfall, es stand sogar die höchste Zuschauerzahl seit 2007 auf dem Papier. Beim jungen Publikum hatte man hingegen Einbußen gegenüber dem Vorjahr hinzunehmen: Hatte man damals noch starke 7,6 Prozent generiert, waren diesmal nur ganz gute 6,6 Prozent bei 0,65 Millionen drin.

Phänomen «Fastnacht in Franken»

Nicht im Hauptprogramm, sondern nur beim Bayerischen Rundfunk wird dieses Event seit vielen Jahren bereits ausgestrahlt - und begeistert immer wieder durch für Senderverhältnisse grandiose Einschaltquoten: Zwischen dreieinhalb und vier Millionen sehen zu, zweistellige Marktanteile stehen an der Tagesordnung. Das war auch in diesem Jahr nicht anders.
Alles in allem lässt sich also durchaus ein positives Fazit aus der Reduktion an Karnevals-Stoffen ziehen: Vor allem die schwächelnden Sendungen «Wider den tierischen Ernst» und «Düsseldorf Helau» legten in diesem Jahr deutlich zu, die Zusammenlegung zweier Kölner Sitzungen brachte zwar keine Gewinne, aber zumindest einen erfolgreichen Abend mit sich - zumal die Domstadt mit dem am Montag noch gezeigten «Karneval in Köln» ohnehin gleich doppelt vertreten ist - und der Quoten-Gigant aus Mainz legte beim Gesamtpublikum zu, gab dafür aber ein wenig bei den Jüngeren nach. Die überschaubare Resonanz des jungen Publikums bleibt ohnehin das größte Problem der televisionären Karnevals-Veranstaltungen, doch auch hier gab es unterm Strich zumindest leichte Steigerungen zu vermelden. Es scheint also, als sei weniger im Falle des öffentlich-rechtlichen Karnevals-Engagements tatsächlich einmal mehr.
06.02.2016 15:00 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/83637