Quo vadis «Star Trek»? – Ein Dinosaurier zwischen Exitus und Neuanfang: Gerüchte und Gedanken zur neuen Serie

Wie erweckt man eine TV-Legende wieder zum Leben, die 50 Jahre, über 700 Episoden und eine schier unerschöpfliche Mythologie mit sich herum schleppt? Björn Sülter stellt Fragen und gibt Antworten.

Es war einmal ein Roddenberry
1966 begann eine Erfolgsgeschichte, die niemand hätte vorhersehen können und die im TV-Bereich ihresgleichen sucht. Gene Roddenberry (Foto links) erschuf «Star Trek» – und obwohl die Serie bereits nach drei Jahren dem Quotentod erlag, wurde daraus in den Folgejahren etwas Größeres.

Erst folgte eine halbgare Zeichentrickserie, dann vier erstklassige Spin-Offs und nebenbei gab es sogar noch zehn größtenteils sehr erfolgreiche Kinofilme. Just als der Lack zunehmend blätterte, gelang dank J. J. Abrams ein erfolgreiches Reboot der klassischen Serie im Kino. Der dritte Teil unter der Regie von Justin Lin («The Fast and the Furious») geht unter dem Titel «Star Trek Beyond» im Juli an den Start.

Star Trek was an attempt to say that humanity will reach maturity and wisdom on the day that it begins not just to tolerate, but take a special delight in differences in ideas and differences in life forms. […] If we cannot learn to actually enjoy those small differences, to take a positive delight in those small differences between our own kind, here on this planet, then we do not deserve to go out into space and meet the diversity that is almost certainly out there.
Gene Roddenberry über den Kern von «Star Trek»
Doch war ein Platz im Trek-Universum seit 2005 verwaist: Der auf dem TV-Schirm. Im Januar 2017 wird sich das jedoch ändern, wenn man bei CBS auf der Suche nach einem neuen Hit erneut in unerforschte TV-Regionen aufbricht.

Es könnte also alles so schön, rosarot und einfach sein, was, wie so oft im Leben, jedoch bei genauerem Hinsehen aber leider nicht der Fall ist.

Facts for Starters
Nimmt man die erste Presseerklärung als Basis, deutet aktuell alles auf eine weitere Raumschiff-Serie hin, in der eine bunt gemischte Besatzung Abenteuer in den Weiten des Alls erlebt. So weit, so unspektakulär - hatten sich doch außer «Star Trek: Deep Space Nine» alle Inkarnationen dieser Prämisse bedient.

Weiterhin bekannt ist, dass die Serie im Januar mit einer Pilotfolge auf CBS frei empfangbar starten und danach exklusiv zum Streaming-Dienst des Senders, CBS All Access, wechseln wird.

(The) CBS (not) All (can) Access

Steckbrief

Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für Rezensionen, Interviews & Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne Sülters Sendepause und schrieb für Die Experten und Der Sportcheck.
Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
«Star Trek» wird somit ein weiteres Mal in seiner langen Geschichte Vorreiter und Zugpferd sein. «Star Trek: The Next Generation» wurde 1987 bewusst nicht auf einem der großen Networks platziert, sondern direkt in Syndication geschickt. Das Studio stieß mit dieser kreativen Entscheidung in eine Marktnische, da Erstausstrahlungen im Bereich fiktionaler Stoffe in syndizierter Form zum damaligen Zeitpunkt nicht üblich waren. Auch im Bereich des Marketing kannte die Kreativität keine Grenzen – so koppelte man den Abverkauf der klassischen Serie an den der neuen.

Als es 1995 an der Zeit für «Star Trek: Voyager» war, bereitete man seitens Paramount gerade den Start des eigenen Senders UPN (der durch eine Zusammenlegung mit The WB später zu The CW wurde) vor. Die Serie wurde ausgewählt, den Launch des Senders zu begleiten und als Zugpferd zu fungieren.

Nun wird «Star Trek» also Premiumprodukt für CBS All Access, einem Streaming-Dienst, der seit seinem Start im Jahr 2014 noch keine großen Marktanteile generieren konnte, findet man dort doch bisher ausschließlich CBS-Content und dazugehörende Making-Ofs. Ein potentielles Zugpferd wie «The Big Bang Theory» fehlt hingegen, da es sich dabei um eine Warner-Produktion handelt für die CBS keine Streaming-Rechte hält.

Was die eingefleischten Trekkies angeht, muss man konstatieren: Große Freude sieht irgendwie anders aus, zwingt CBS die Fans doch, neben den etablierten Konkurrenten wie Netflix und Amazon einen weiteren Dienst zu abonnieren – um eventuell eben nur diese eine Serie zu sehen. Ob dieser Plan aufgeht, ist zumindest fraglich, es sei denn man schafft es bis zum Start, weiteren lohnenden Content anzubieten. Aktuell scheint es so, dass zumindest alle Trek-Serien ihre neue Heimat unter diesem einen gemeinsamen Dach finden werden. Doch ob das wirklich reicht?

Die Pläne für alle Länder außerhalb der USA stehen übrigens noch nicht fest – denkbar ist, dass es zum Beispiel für deutsche Fans eine Kooperation mit genannten Amazon, Netflix oder aber auch Sky geben könnte.

Das Kurtzman-Problem
That’s what’s interesting about Star Trek; all of us have the potential to have 40-plus years of expertise on it, so to pretend like we’re the only Ph.d’s on the subject is folly.
Alex Kurtzman über die Faszination, für «Star Trek» zu schreiben
Somit mischte sich direkt Freude mit Zweifeln. Und noch eine weitere Sorge kam hinzu, als ein gewisser Alex Kurtzman als Produzent der Serie benannt wurde. Der 42-jährige Kurtzman, der in Hollywood den Ruf einer Geheimwaffe genießt, hat bereits an vielen Blockbustern mitgeschrieben («The Island», «Mission Impossible III», «Transformers», «Cowboys & Aliens») oder sie mitproduziert («Ender´s Game», «Die Unfassbaren» 1+2).

Als Autor war er an «Star Trek», dem ersten Reboot-Film aus dem Jahr 2009 beteiligt, als Autor und Produzent vier Jahre später ebenfalls am direkten Nachfolger «Star Trek Into Darkness» – seine bisher einzigen direkten Verbindungen zur Franchise.

Im Serienbereich startete er als Produzent und Autor an «Xena» und «Hercules», arbeitete als Teil der Bad Robot-Gang an «Alias» und «Fringe» mit, um schließlich auch abseits davon, oft gemeinsam mit Bob Orci, an Serien wie «Hawaii Five-0», «Sleepy Hollow» oder zuletzt «Scorpion» und «Limitless» zu arbeiten.

Gemeinsam mit Orci gründete er auch 2009 die Firma K/O-Paper Products, die seitdem sowohl im Serien- wie im Filmbereich aktiv ist. Verantwortlich für die Seriensparte ist dort die 43-jährige Heather Kadin, die als Produzentin ebenfalls an allen jüngsten Projekten beteiligt war. Mit ihr gemeinsam soll er nun auch die neue Trek-Serie produzieren.

Doch was heißt das im Klartext? Kurtzman scheint bisher eher der Mann fürs Grobe zu sein. Seine Film-Credits umweht der Hauch blutleerer Dutzendware mit Massenappeal. Seine eigenen Serien waren fast durchweg aufgewärmte Stoffe. Über seinen Anteil am Gelingen von «Alias» und «Fringe» kann man nichts Konkretes sagen und sein zweiter Trek-Beitrag «Star Trek Into Darkness» fiel bei vielen Fans durch – und war zudem ebenfalls mehr Plagiat als Hommage. Auf der Habenseite muss man jedoch erwähnen, dass ihn auch die Aura des Erfolgs begleitet. Etwas, was «Star Trek» aktuell gut gebrauchen könnte.

Dennoch steht fest: Kurtzman und Kadin alleine können keinen Fan aus der Deckung holen.

Alles Fuller oder was?
It is without exaggeration a dream come true to be crafting a brand new iteration of ‘Star Trek’(...)
Bryan Fuller über seine Beteiligung an der neuen Star Trek-Serie.
Auftritt Bryan Fuller. Der 46-jährige selbsterklärte «Star Trek»-Geek ist der Gegenentwurf zu Kurtzman. Seine Hollywood-Karriere begann der sympathische Jedermann, indem er die Open Script Policy von Paramount nutzte und Drehbücher für «Star Trek: Deep Space Nine» einreichte.

Und tatsächlich konnte er zwei seiner Ideen verkaufen, die zu den guten Episoden „The Darkness and the Light“ und „Empok Nor“ wurden. Er erhielt einen Posten als Autor bei «Star Trek: Voyager» und schrieb nicht nur weitere 20 Episoden, sondern arbeitete sich in den letzten vier Jahren der Serie auch bis zum Co-Producer hoch.

Fuller hatte somit den Fuß in der Tür und ging bald eigene Stoffe an. Mit «Dead like me» erschuf er eine skurrile Serie, die zwar eine treue Fanbase fand, ihn aber nicht glücklich machte. Wegen Differenzen über die kreative Ausrichtung verließ er die Produktion bereits in der ersten Staffel. Kurze Intermezzi wurden in gewisser Weise zur Geschichte seines Wirkens. Das verrückt-charmante «Wonderfalls» lief nur eine Staffel, das von vielen zurecht heiß geliebte «Pushing Daisies» immerhin zwei und sein «The Munsters»-Reboot «Mockingbird Lane» kam gar nicht über einen durchaus gelungenen Piloten hinaus.

Die zurückliegenden drei Jahre arbeitete Fuller an seiner Version des Thomas Harris-Romans Roter Drache und erschuf mit «Hannibal» eine der visuell beeindruckendsten, bestgeschriebenen und gespielten Dramen der TV-Geschichte. Die Quoten waren von Beginn an eine Katastrophe, doch wurden aufgrund einer äußerst treuen Fangemeinde und höchstem Kritikerlob immerhin drei Staffeln produziert, was Fuller erlaubte, die Handlung würdig abzuschließen.

Somit ist Bryan Fuller das krasse Gegenstück zum kommerziell erfolgreichen, aber inhaltlich fragwürdigen Kurtzman. Fuller steht für Stil, Inhalt, Umsetzung, Dialog- und Charakterfeinschliff und brillantes Casting. Mit diesen beiden Männern wagt man eine sehr ungewöhnliche Mischung, die aber durchaus das Potential für eine Überraschung hat, wenn beide ihre Kompetenzen einbringen, um «Star Trek» in die Zukunft zu führen.

Konfliktpotential birgt sie jedoch selbstverständlich auch, gerade wenn Kommerzdenken und Geektum aufeinander treffen. Hier darf man gespannt sein, wer letztlich die Fäden in der Hand hält – oder die Reißleine zieht?

I am openly gay, and I think I feel a responsibility to have gay characters on shows I create. I had a gay character on Dead Like Me, and unfortunately after I left that show they made the character straight, which I did not appreciate (...) I can write about the perspective of being gay because I know what that feels like. It’s not a point of view that you see often on TV, so it’s a little more fresh, a little less trodden, and just opens the door on storytelling.
Bryan Fuller über homosexuelle Chraktere in TV-Serien
Doch was kann man inhaltlich von Fuller erwarten? Nach eigener Aussage liebt er die Originalserie und hält die düsteren, arg politisch-religiös angehauchten Abenteuer auf der Raumstation Deep Space Nine für das beste Spin-off. Kein Wunder – hier wimmelte es sieben Jahre nur so vor ausgefeilten Charakteren, durchlaufenden Handlungssträngen und komplexen Beziehungen.

Wird er also versuchen, die fröhliche Leichtigkeit und den Forschergedanken der Classic-Serie mit den besten Ingredienzen von «DS9» zu kombinieren? Denkbar – und fast zu schön um wahr zu sein.

Fuller, der offen mit seiner Homosexualität umgeht, könnte zudem einen von vielen Fans lange gehegten Wunsch erfüllen und den ersten offen nicht heterosexuellen Charakter in einer Trek-Serie einführen. Und warum nicht direkt als Captain? Nach Ladykiller und Draufgänger Kirk, dem kahlköpfigen Diplomaten Picard, dem farbigen allein erziehenden Vater Ben Sisko, der ersten Frau in dieser Position mit Kathryn Janeway und dem sympathischen Jedermann Archer ein vielleicht nicht ganz unlogischer Ansatz. Auch wäre jedoch ein außerirdischer Captain denkbar. Ein Andorianer vielleicht (Foto links)?

Auch spannend wird zu sehen sein, ob er weiterhin seiner Angewohnheit folgt, immer wieder auf die gleichen Schauspieler zurückzugreifen. Sollte er zum Beispiel ein zweites Mal Mads Mikkelsen zur Mitarbeit bewegen können, würde sich vermutlich kaum jemand beschweren.

Ein aktuelles Gerücht dieser Woche besagt, dass Tony Todd, den viele aus der grandiosen Episode "The Visitor" («DS9») oder als Worfs Bruder Kurn kennen dürften, nach eigener Aussage auf einer sehr kurzen Casting-Liste für die Serie stehen soll. Schauspielerisch wäre der äußerst charismatische Mime in jedem Fall ein Volltreffer. Doch bevor es ans Casting geht, muss ohnehin erst einmal der grobe Rahmen abgesteckt werden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, in welcher Zeitlinie die neue Serie spielen kann, welche Autoren in Frage kommen, was man von den Inhalten erwarten darf und wie groß die Fanbase überhaupt noch ist.

Original-Timeline, Reboot-Timeline oder ganz andere Timeline?
Für viele Fans ist die einzig relevante Zeitlinie die der bisherigen fünf Serien und zehn Kinofilme der beiden Crews rund um die Captains Kirk und Picard. Das Abrams-Reboot setzte eine neue, veränderte Zeitlinie in Gang, die seitdem zumindest für diese Filme gilt.

Star Trek-Serien

  • Star Trek (1966-1969)
  • Star Trek: The Next Generation (1987-1994)
  • Star Trek: Deep Space Nine (1993-1999)
  • Star Trek: Voyager (1995-2001)
  • Star Trek: Enterprise (2001-2005)
Fuller hätte nun die Möglichkeit, entweder die erste oder die zweite Variante als Heimat für sein Projekt zu wählen. Oder etwa nicht? Denn ein Satz in einem Variety-Artikel ließ aufhorchen: The creative plan is for the series to introduce new characters and civilizations, existing outside of the mythology charted by previous series and the current movie franchises. Man mag diese Zeilen als Fakt oder Vermutung ansehen, da Variety niemanden direkt zitiert. Sollte er jedoch begründet sein, wären einige Interpretationen möglich.

Einerseits könnte man ihn als Hinweis auf eine ganz neue, dritte Zeitlinie sehen. Damit würde man jeglichen eventuellen Ballast aus über 700 Episoden und insgesamt 13 Filmen über Bord werfen. Doch macht das Sinn? Braucht man für diesen Ansatz einen selbsterklärten Fan, der alle Serien in- und auswendig kennt? Vielleicht. Aber viel Sinn macht es nicht.

Andererseits könnte man aber eben auch schlicht einen Plan verfolgen, der zwar einige Beschränkungen über Bord wirft, aber dennoch auf dem aufbaut, was man kennt. Nur wie kann das gelingen?

Sequel, Prequel oder ein Tanz aus der Reihe?
Ein erneutes Prequel erscheint am unwahrscheinlichsten. Mit «Star Trek: Enterprise» hatte man von 2001 bis 2005 diesen Ansatz versucht und war sowohl am eigenen Anspruch als auch an Umsetzung und Fanbasetauglichkeit gescheitert. Zudem würde es dem zitierten Satz in jeder Hinsicht widersprechen.

I told CBS... I want to create another Star Trek series and have an idea that I'm kicking around. I would love to return to the spirit of the old series with the colors and attitude.
Bryan Fuller im Jahr 2009
Ein Sequel würde wieder die Frage nach sich ziehen, in welcher der beiden aktuell etablierten Zeitlinien es angesiedelt wäre. Doch würde man beispielsweise schlicht einige Jahrhunderte in die Zukunft springen, wäre diese Frage auf einmal gar nicht mehr so relevant, da die Historie der „alten“ Serien dann gar keine allzu große Relevanz besäße. Man könnte gar ein Sequel ansetzen, bei dem gar nicht klar erklärt wird, in welcher der beiden Versionen es spielt. Gar nicht uninteressant.

Auch könnte man eine vollkommen veränderte Situation darstellen, die die Menschheit und die Föderation (oder was davon übrig ist) an einem ganz anderen Punkt ihrer Entwicklung zeigen. Man könnte neue Spezies etablieren, neue Bereiche des Alls erkunden. Die Möglichkeiten wären sicherlich vielfältig, doch muss auch die Frage erlaubt sein, wie viel Zukunft der Zuschauer verträgt. 28. Jahrhundert? 30. Jahrhundert? Bar jeder Vorstellung eigentlich. Und eigentlich noch nicht einmal ausreichend weit gefasst. Durch Zeitagent Daniels aus «Star Trek: Enterprise» haben die Fans nämlich sogar schon kleine Einblicke ins 31. Jahrhundert erhalten; keine einfache Aufgabenstellung für die Produzenten.

Die immer wieder gerne zitierte Mirror-Universe-Idee (Foto links) könnte natürlich ebenfalls zum Einsatz kommen – doch auch dort gäbe es zumindest ansatzweise bekannte Eckdaten aus diversen Episoden, die jedoch ebenso bei einem großen Sprung in die Zukunft an Relevanz verlieren würden.

Auch eine Variante rund um ein Schiff voller zeitreisender Agenten wäre denkbar – gerade weil ein gewisser Bryan Fuller am Drehbuch der Voyager-Episode "Relativity" beteiligt war, die einen solchen Hintergrund zeigte. Hier würde man jedoch auch wieder ausgetretene Pfade aus «Star Trek» selber und Serien wie «Sliders »oder «Time Trax» beackern. Unwahrscheinlich.

Der Schlüssel: The Writer´s Room
Abseits von inhaltlichen Überlegungen gibt es noch eine weitere Zutat, die in großem Maße über Wohl und Wehe der neuen Serie entscheiden wird. Nicht immer ist es nämlich der Captain, der ein Schiff gegen den Eisberg setzt, seine Crew hat dabei auch ein gewichtiges Wort mitzureden.

Somit wird spannend zu beobachten sein, aus welchen Ecken Fuller & Co ihre Autoren wählen werden. Neue Gesichter? Genre-Größen? Koryphäen abseits des Trek-Lore? Fan-Favoriten wie Ronald D. Moore («Battlestar Galactica») oder Ira Steven Behr («DS9», Foto rechts)? Oder wird es gar den üblichen Verdächtigen Brannon Braga zurück zu seinen Wurzeln ziehen? Ein gesunder Mix aus all diesen Töpfen wäre vermutlich die beste Lösung.

Am 26.02. wurde bekannt, dass Produzent, Autor und Regiesseur Nicholas Meyer (70), der vielen sicher von seinen Arbeiten an «Star Trek II: The Wrath of Khan», «Star Trek IV: The Voyage Home» und «Star Trek VI: The Undiscovered Country» bekannt ist, als erster Autor zum neuen Writing Staff hinzustößt. Für Fans sicher eine große Überraschung und wunderbare Nachricht.

Ein Blick in die Speisekarte
Somit hätten wir das wann, wo, wer und mit wem besprochen. Doch gibt es abgesehen davon noch eine weitere Baustelle: Wovon soll die neue Serie denn eigentlich handeln? Unbestritten ist: «Star Trek» hat in 50 Jahren eine Menge Themenbereiche durchgehechelt. Politik, Religion, Krieg, Terrorismus, soziale Not, Liebe, Mord, Verrat - und sich dabei in allen denkbaren Spielarten wie Thriller, Kammerspiel, Krimi, Gerichtsserie oder Actionreißer versucht.

Und nicht jeder Fan mochte jede eingeschlagene Richtung, oder jede Episode, oder jede Crew, oder jede Serie, oder jeden Film. Nein, der gemeine «Star Trek»-Fan ist ein unberechenbares und eigenwilliges Geschöpf. So sehr, dass auch seitens der Produktion seit geraumer Zeit niemand mehr wirklich wusste, was er denn nun eigentlich mochte – oder wollte.

J. J. Abrams (Foto links) führte diese Erkenntnis sogar so weit, dass er für sein Kino-Reboot gar nicht mehr auf die wahren Fans abzielen wollte, sondern lieber den Ottonormal-Kinogänger ins Visier nahm. Mit Erfolg. Doch ist Abrams eben auch ein Meister des Mainstream – Fuller ist das jedoch ganz sicher nicht. Und selbst wenn er denselben Weg wählen würde: Wer glaubt ernsthaft, dass der Ottonormal-Fernsehzuschauer wegen einer vielleicht ganz gelungenen, im Free-TV ausgestrahlten, Episode gleich einen ganzen Streaming-Dienst abonniert? Nein. Man wird hier eindeutig auf die Fanbase setzen müssen. So oder so.

Was darf es also sein? Cowboy-Gehabe oder feingeistige Diplomatie? Action oder Kammerspiel? Optimismus oder Pessimismus? Mut zu Neuem oder Festhalten am Alten? High-Concept-SF oder lieber bodenständige Themen? Von allem ein bisschen? Die eierlegende Wollmilchsau?

«Star Trek» beherrscht alle diese Spielarten – doch wie kombiniert man sie in einer Serie? Wie stellt man das Gros der Fans zufrieden? Ein schier unlösbares Logikpuzzle, um das niemand die Produktionscrew beneiden dürfte. Hier haben wir den deprimierenden Fall, dass man Bryan Fuller zwar den Schlüssel zum Candy-Store übergegeben hat, er aber unter Umständen leider nur Gucken und nicht hemmungslos Naschen darf.

Wie groß ist die Fanbase eigentlich noch?
Wenn wir nun also davon ausgehen, dass es tatsächlich die wahren Fans sind, die man primär ins Visier nehmen möchte, muss man sich auch noch einige Fragen stellen: Wie viele gibt es davon noch? Wie alt sind diese heutzutage? Wie groß ist ihr Interesse noch? Der schleichende Zuschauerverlust von «Star Trek: Deep Space Nine» und «Star Trek: Voyager» in den 90ern, das Scheitern von «Star Trek: Enterprise» und die Box-Office-Fehlschläge von «Star Trek: Insurrection» und «Star Trek: Nemesis» haben eindeutig gezeigt: Selbstläufer geht anders. Außenstehenden wurde „das alte Star Trek“ zu komplex und die Fanbase selber zerfaserte mehr und mehr. Nur der erwähnte Reset und die Anbiederung an den Kino-Mainstream zog zuletzt. Zwar war auch dabei noch eine Prise Star Trek im Spiel, für eine neue TV-Serie wäre diese Prise aber vielen Fans mit Sicherheit zu wenig. Egal wie groß die Fanbase noch sein mag.

Fazit
Die neue Serie muss einschlagen – eine weitere Chance im TV wird «Star Trek» so schnell nicht mehr erhalten. Fuller und sein Team müssen von Beginn an den richtigen Ton treffen und ihre Vision verkaufen. Auf wen sie sich dabei jedoch noch verlassen können, ist auch dank der Unberechenbarkeit des Streaming-Deals so unsicher wie nie zuvor. Klingt irgendwie nach Quadratur des Kreises. Fast möchte man kurz in eine ganz andere Galaxie wechseln und Fuller zurufen: Möge die Macht mit dir sein. Du wirst sie brauchen, Bryan.
Im Januar 2017 startet eine neue Star Trek-Serie. Eure Meinung?
Es wird höchste Zeit!
55,7%
Ich freue mich, bin aber skeptisch
37,1%
naDevvo' yIghoS!
3,5%
Ich habe diesen Artikel gelesen, aber kein Wort verstanden
1,0%
Über 700 Episoden sind mehr als genug!
2,7%
26.02.2016 10:31 Uhr  •  Björn Sülter Kurz-URL: qmde.de/83530