Die Gewinner des Deutschen Fernsehpreises 2016

14 Preise gingen an das öffentlich-rechtliche Fernsehen, neun an Programme von Privaten. Mit dem Förderpreis ausgezeichnet wurde ein junger YouTuber, der bei seiner Dankesrede erklärte, beim Einschalten des Fernsehprogramms "das kalte Kotzen" zu kriegen.

Abgekühlt

Man kann es drehen, wie man es will. Der deutsche Fernsehpreis hat einiges an Glamour eingebüßt. Diesen Fakt nun darf jeder für sich selbst bewerten. Klar mag es stimmen, dass es nicht unbedingt die große TV-Gala mit üppigem Drumherum sein muss. Dass - wegen mannigfaltiger interner Zankereien - die Preisträger nun quasi abseits des Fernsehens geehrt werden, ist dann doch des Bescheidenen ein bisschen zu viel. Immerhin - hallelujah - hat sich ja Einsfestival erbarmt, einige kurze Clips vom roten Teppich und der Gala zu zeigen. Natürlich erst 24 Stunden nach dem eigentlichen Event. 30 Minuten Platz hat der Sender dafür geschaffen. Das ist an sich ziemlich traurig, aber es passt ein bisschen ins Bild. Da stellt sich eine Branche in diesen Monaten unnötigerweise ziemlich unter den Scheffel. Denn letztlich sind die Neuerungen beim "neuen Deutschen Fernsehpreis" eher im Detail zu suchen. Der Branchentreff Fernsehpreis wird sich erst noch beweisen müssen - und er wird es schwer haben. Denn andere können durchaus Gala und Preisverleihung: Möglich, dass so Mira-Award und Blauer Panther aufgewertet werden.
Kurz kommentiert von Manuel Weis
Das muss man sich erst einmal trauen: Der junge YouTuber Hubertus Koch sorgte am Mittwochabend für den am meisten diskutierten Moment bei der Verleihung des "neuen Deutschen Fernsehpreises". Nachdem die Veranstaltung 2015 komplett ruhte, kehrte sie nun zum Beginn des neuen Jahres als Branchentreff in Düsseldorf zurück - in deutlich kleinerem Rahmen als bisher. Koch wurde gegen Mitte des offiziellen Teils auf die Bühne gerufen; die Jury hatte seine auf YouTube veröffentlichte Reportage mit Bildern aus Syrien gesehen und für so gut befunden, dass sie ihm den mit 15.000 Euro dotierten Förderpreis überreichten. Koch ist eng mit der «stern TV»-Redaktion verbunden, drehte 2015 auch zahlreiche Beiträge für das RTL-Magazin.

Koch nutzte die Möglichkeit, am Mittwoch in Düsseldorf vor "so vielen Promis" zu sprechen, um in aller Deutlichkeit zu sagen: "Ich mache das deutsche Fernsehen an und kriege das kalte Kotzen." Abseits dieser direkten Aussage blieben die ganz großen Highlights bei der nicht im TV übertragenden Gala aus; wenngleich die Laudatoren, darunter Tom Beck, Antoine Monot Jr., Matthias Opdenhövel oder Dunja Hayali stets charmant und mit dem ein oder anderen kecken Spruch auf den Lippen durch die über zweistündige Zeremonie führte.

Nicht mehr aus dem Feiern herauskommen dürfte Privatsender VOX, der in gleich drei der insgesamt 20 Kategorien Preise einheimste. So wurde der Überraschungs-Hit des Winters, das Drama «Club der roten Bänder», zur besten Serie gekürt, «Die Höhle der Löwen» ist das beste Factual-Format. Für «Asternweg», eine große Samstagabenddokumentation, erhielten die Kölner ihre dritte Auszeichnung. VOX ist somit der erfolgreichste Privatsender; liegt noch vor Sat.1, das zwei Mal für «Mordkommission Berlin 1» ausgezeichnet wurde. Ebenfalls zwei Preise erhielt RTL - unter anderem in der Personen-Kategorie Bester Schauspieler (für «Deutschland 83») und im Bereich der besten Moderation, wo Barbara Schöneberger geehrt wurde. Jubeln durften auch N24 und WELT für «An der Grenze - 24 Stunden an den Brennpunkten der Flüchtlingskrise».

Summa summarum erhielten öffentlich-rechtliche etwas mehr Preise als die Privaten: Hier endete das Duell 14 zu 9. Ebenfalls wichtig, um die Stimmung unter den Stiftern nicht zu gefährden: Kein großer Sender ging komplett leer aus, die beiden großen Privatsendergruppen RTL und Sat.1 holten zusammen acht Auszeichnungen. Zudem wurde ZDFneo und Sendergesicht Jan Böhmermann für sein «neo Magazin Royale» prämiert, der von UFA Fiction für die ARD umgesetzte Film «Unter Wölfen» ist nach Jury-Meinung die beste Fernsehverfilmung. Das ZDF räumte in der Kategoie Comedy ab, wo «Die Anstalt» mit einem Preis bedacht wurde. Joko und Klaas erwiesen sich als Art Ehrenrettung für ProSieben - sie bescherten dem Münchner Privatsender die einzige Auszeichnung. Mit insgesamt acht prämierten Programmen geht übrigens das ZDF vor der ARD (6 Stück) als Sieger aus dem Abend hervor.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Alle Preisträger in der Übersicht


Quotenmeter.de listet alle Gewinner des neuen Deutschen Fernsehpreises auf (jeweils gefettet). Genannt sind zudem auch alle Nominierten in den jeweiligen Kategorien.

Bester Fernsehfilm
-«Altersglühen - Speed Dating für Senioren» , (ARD/WDR/NDR/Riva Filmproduktion GmbH)
-«Ein großer Aufbruch» , (ZDF/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG)
-«Mordkommission Berlin 1» , (Sat.1/Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG/Wilma-Film in Zusammenarbeit mit Red Arrow International)
-«Nackt unter Wölfen» , (ARD/MDR/ARD Degeto/WDR/SWR/BR/UFA Fiction GmbH/MIA Film in Zusammenarbeit mit Global Screen GmbH und Universum Film)
-«Zum Sterben zu früh» , (ZDF/Arte/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG)

Beste Serie
-«Club der roten Bänder» , (Vox/Bantry Bay Productions GmbH)
-«Deutschland 83» , (RTL/UFA Fiction GmbH)
-«Weinberg» , (TNT Serie/Bantry Bay Productions GmbH/Twenty Four 9 Film)

Beste Schauspielerin
-Iris Berben für «Das Zeugenhaus» , (ZDF/MOOVIE GmbH)
-Henriette Confurius für «Tannbach - Schicksal eines Dorfes» , (ZDF/Gabriela Sperl Produktion für Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG in Zusammenarbeit mit Beta Film)
-Maria Simon für «Silvia S. - Blinde Wut» , (ZDF/UFA Fiction GmbH)
-Antje Traue für «Weinberg», (TNT Serie/Bantry Bay Productions GmbH/Twenty Fout 9 Films) und für «Mordkommission Berlin 1», (Sat.1/Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG/Wilma-Film in Zusammenarbeit mit Red Arrow International)
-Ina Weisse für «Ich will dich» (ARD/WDR/Arte/Constantin Television GmbH) und für «Ein großer Aufbruch» (ZDF/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG)

Bester Schauspieler
-Charly Hübner für «Bornholmer Straße» , (ARD/MDR/Degeto/RBB/UFA Fiction GmbH) und «Der verlorene Bruder» , (ARD/WDR/BR/MDR/ARD Degeto/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH)
-Tobias Moretti für «Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit» , (ARD/BR/ORF/Roxy Film GmbH/EPO Film) und «Mordkommission Berlin 1», (Sat.1/Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG/Wilma-Film in Zusammenarbeit mit Red Arrow International) und «Das Zeugenhaus», (ZDF/MOOVIE GmbH)
-Friedrich Mücke für «Weinberg», (TNT Serie/Bantry Bay Productions GmbH/Twenty Four 9 Films) und «Mordkommission Berlin 1», (Sat.1/Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG/Wilma-Film in Zusammenarbeit mit Red Arrow International)
-Jonas Nay für «Deutschland 83», (RTL/UFA Fiction GmbH) und «Tannbach - Schicksal eines Dorfes», (ZDF/Gabriela Sperl für Wiedemann & Berg Television in Koproduktion mit Wilma Film)
-Florian Stetter für «Nackt unter Wölfen», (ARD/MDR/ARD Degeto/WDR/SWR/BR/UFA Fiction GmbH/MIA Film in Zusammenarbeit mit Global Screen GmbH und Universum Film GmbH)

Beste Comedy / Kabarett
-«Die Anstalt» , (ZDF/redspider networks gmbh)
-«PussyTerror TV» , (WDR/Brainpool TV GmbH)
-«Schorsch Aigner – der Mann, der Franz Beckenbauer war» , (ARD/WDR/beckground tv + Filmproduktion GmbH)

Beste Unterhaltung Primetime
-«Joko gegen Klaas – Das Duell um die Welt» , (ProSieben/Florida TV GmbH/Endemol Shine Germany GmbH)
-«The Voice of Germany» , (ProSieben/Sat.1/Talpa Germany GmbH & Co. KG)
-«Sing mein Song – Das Tauschkonzert» , (Vox/Talpa Germany GmbH & Co. KG/Naidoo Records)

Beste Moderation Unterhaltung
-Steven Gätjen, «Schlag den Raab» (ProSieben/Brainpool TV GmbH/Raab TV GmbH)
-Barbara Schöneberger, «Die 2 - Gottschalk und Jauch gegen Alle» (RTL/i&u Information und Unterhaltung TV Produktion GmbH & Co. KG)
-Florian Silbereisen, «Die Besten im Sommer» / «Das Adventsfest der 100.000 Lichter» (ARD/MDR/ORF/Jürgens TV GmbH)

Beste Unterhaltung Late Night
-«Circus HalliGalli» , (ProSieben/Florida TV GmbH/Endemol Shine Germany GmbH)
-«Neo Magazin Royale» , (ZDF/ZDFneo/bildundtonfabrik)
-«Ponyhof» , (TNT Glitz/Endemol Shine Germany GmbH)

Bestes Factual Entertainment
«Die Höhle der Löwen» , (Vox/Sony Pictures Film und Fernseh Produktions GmbH)
«Das Jenke Experiment» , (RTL/info Network GmbH/Redaktion Extra)
«Kessler ist... » , (ZDF/ZDFneo/ITV Studios Germany GmbH)

Beste Information: Berichterstattung zur Flüchtlingskrise
-«An der Grenze – 24 Stunden an den Brennpunkten der Flüchtlingskrise» , (N24/Welt)
-«Der Flüchtlingsreport» , (ARD/HR/BR)
-Thementag Flüchtlinge bei RTL vom 31.08.15 , (RTL/infoNetwork GmbH)

Beste persönliche Leistung Information
-Michel Abdollahi, für seine Reportage "Im Nazidorf" und seine Straßenaktionen im «Kulturjournal» , (NDR)
-Dunja Hayali, für ihre Interviews bei der Erfurter AfD-Demonstration im ZDF-«Morgenmagazin» vom 29.10.15 (ZDF)
-Anja Reschke, für Ihren «Tagesthemen»-Kommentar "Flüchtlinge - Hetze im Netz" vom 5.8.15 (ARD/NDR)

Beste Talksendung
-«Hart aber fair» - "Jetzt reden die Helfer" vom 09.11.15, (ARD/WDR/Ansager & Schnipselmann/klarlogo)
-«Markus Lanz» , (ZDF/Fernsehmacher GmbH & Co.KG/MHOCH2 TV-Produktionsgesellschaft mbH & Co. KG)
-«Menschen bei Maischberger» , (ARD/WDR/Vincent TV GmbH)

Beste Dokumentation / Reportage
-«Asternweg - Eine Straße ohne Ausweg» aus der Reihe "Die große Samstagsdokumentation", (Vox/99 pro Media)
-«Sie mussten die Hölle sehen - Auf der Flucht vor Boko Haram» , (RTL/EIKON Nord GmbH/AZ Media TV)
-«Todesflug MH 17 - Warum mussten 298 Menschen sterben?» aus der Reihe "die story im Ersten" , (ARD/WDR/NDR/SZ)

Bester Sportjournalismus
-"Geheimsache Doping. Im Schattenreich der Leichtathletik" / "Geheimsache Doping. Wie Russland seine Sieger macht" von Hajo Seppelt im Rahmen der «Sportschau» , (ARD/WDR)
-«Der verkaufte Fußball - Sepp Blatter und die Macht der FIFA» , (ARD/WDR/SWR)
-«sport inside» , (WDR)

Beste Regie
-Lars Becker für «Zum Sterben zu früh», (ZDF/Arte/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG)
-Matti Geschonneck für «Ein großer Aufbruch», (ZDF/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG) und «Das Zeugenhaus», (ZDF/MOOVIE GmbH)
-Philipp Kadelbach für «Nackt unter Wölfen», (ARD/MDR/ARD Degeto/WDR/SWR/BR/UFA Fiction GmbH/MIA Film in Zusammenarbeit mit Global Screen GmbH und Universum Film)

Bestes Buch
-Stefan Kolditz für «Nackt unter Wölfen», (ARD/MDR/ARD Degeto/WDR/SWR/BR/UFA Fiction GmbH/MIA Film in Zusammenarbeit mit Global Screen GmbH und Universum Film)
-Magnus Vattrodt für «Ein großer Aufbruch», (ZDF/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG) und «Das Zeugenhaus», (ZDF/MOOVIE GmbH)
-Anna Winger für «Deutschland 83», (RTL/UFA Fiction GmbH)

Beste Kamera
Ngo The Chau für «Zum Sterben zu früh», (ZDF/Arte/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG)
Philipp Haberlandt und Frank Küpper für «Deutschland 83», (RTL/UFA Fiction GmbH)
Martin Langer für «Ein großer Aufbruch», (ZDF/Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG)

Bester Schnitt
-Ulf Albert für «Altersglühen – Speed Dating für Senioren» , (ARD/WDR/NDR/Riva Filmproduktion GmbH)
-Heike Gnida für «Blochin - Die Lebenden und die Toten» , (ZDF/REAL FILM Berlin GmbH)
-Bernd Schlegel für «Nackt unter Wölfen» (ARD/MDR/ARD Degeto/WDR/SWR/BR/UFA Fiction GmbH/MIA Film in Zusammenarbeit mit Global Screen GmbH und Universum Film)

Beste Musik
-Jens Oettrich für« Club der roten Bänder» , (Vox/Bantry Bay Productions GmbH)
-Fabian Römer für «Tannbach - Schicksal eines Dorfes», (ZDF/Gabriela Sperl Produktion für Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG in Zusammenarbeit mit Beta Film)
-Stefan Will und Marco Dreckkötter für «Mordkommission Berlin 1», (Sat.1/Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG/Wilma-Film in Zusammenarbeit mit Red Arrow International)

Beste Ausstattung
-Gabriele Binder (Kostüm) und Knut Loewe (Szenenbild) für «Tannbach - Schicksal eines Dorfes», (ZDF/Gabriela Sperl Produktion für Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG in Zusammenarbeit mit Beta Film)
-Peri de Braganca (Kostüm) und Thomas Franz (Szenenbild) für« Starfighter – Sie wollten den Himmel erobern» , (RTL/Zeitsprung Pictures GmbH)
-Max Wohlkönig (Kostüm) und Matthias Müsse (Szenenbild) für «Mordkommission Berlin 1», (Sat.1/Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG/Wilma-Film in Zusammenarbeit mit Red Arrow International)

Förderpreis der Stifter
Hubertus Koch für seine Syrien-Reportage «Ein schwarzes Loch» (You Tube)

Ehrenpreis der Stifter
Günter Wallraff (Auszug aus der Jury-Begründung): Wie kein Zweiter hat sich der heute 73-Jährige in seinem über 50-jährigen Berufsleben um den investigativen Journalismus in Deutschland verdient gemacht. Ob als Bild-Reporter Hans Esser, als Türke Ali oder als Paketbote – immer wieder ist Günter Wallraff in verschiedene Rollen geschlüpft, um Undercover Missstände vornehmlich in der Arbeitswelt aufzuspüren und publik zu machen. Er recherchiert, dokumentiert und provoziert, immer mit dem Ziel, die Wahrheit ans Licht zu bringen und nachhaltige Konsequenzen einzufordern.
13.01.2016 22:45 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/83134