Zwei Wochen weg von der großen Fußball-Dominanz?

Die Handball-EM in Polen steht vor der Tür. Übertragen wird sie für alle empfangbar bei ARD und ZDF. Moderator Yorck Polus hat mit uns über das Turnier gesprochen, über leere Zuschauerränge bei der WM in Katar und auch über die größer werdende Dominanz des Fußballs.

Alle Spiele der Handball-EM

...mit Ausnahme derer mit deutscher Beteiligung laufen diesmal bei Sportdeutschland.tv: Björn Beinhauer, als Geschäftsführer verantwortlich für das Programm des Online-Senders, meint: „Wir freuen uns sehr, dieses sportliche Highlight zeigen zu können, vor allem, weil jeder Handball-Fan in Deutschland nun mit Sportdeutschland.TV alle Spiele verfolgen kann und keine Entscheidung mehr verpasst. Und zwar kostenfrei, live und jederzeit abrufbar.“
Politiker und Öffentlichkeit können durchatmen. 2016 steht im Handball eine Europameisterschaft an und anders als bei den Weltmeisterschaften liegen hierfür die Rechte bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF. 2015 noch, als die Weltmeisterschaft in Katar ausgetragen wurde, konnte sich BeInSports, der Inhaber der weltweiten Rechte nicht mit ARD/ZDF einigen und gab die Rechte für Deutschland an Sky. Dass die Handball-WM nur im Bezahlfernsehen lief, war damals einer der großen Kritikpunkte. Zu den weiteren gehörten leere Tribünen im Wüstenstaat. „Es kommt ja immer mal wieder vor, dass Sportarten in Ländern ausgetragen werden, in denen das Interesse daran sehr begrenzt ist“, sagt ZDF-Moderator Yorck Polus und erinnert sich auch an eine Nordische Ski-WM in Sapporo (Japan). „Da blutet einem einfach das Herz, wenn dann keine Zuschauer vor Ort mit dabei sind“, zieht Polus enttäuscht Fazit, wohl verstehend, dass die Sportverbände mit solchen Entscheidungen versuchen, neue Märkte zu erschließen.

Das braucht man nun bei der kommenden EM in Polen, die am 15. Januar beginnt, nicht befürchten. „Polen ist eine Sportnation. Ich habe gehört, dass die Spiele der deutschen Mannschaft schon weitestgehend ausverkauft sein sollen, auch wenn sie nicht unbedingt in den größten Hallen stattfinden. Um die Stimmung vor Ort brauchen wir uns diesmal aber keine Sorgen machen“, erklärte der ZDF-Mann, der durch alle Übertragungen der Mainzer führen wird. Polus moderiert seit Jahren verschiedene Sportevents des Senders, ist Wintersport und Olympia-Erfahren.

Wie groß der Hype um die EM in Polen nun wirklich wird, will er vorab aber noch nicht einschätzen. Mehrere Faktoren seien hier ausschlaggebend. Da wäre zum einen König Fußball, zu dem „die Kluft einfach immer größer wird“, meint Polus. Das könne man nun gut finden oder nicht – der Trend aber sei eben nicht wegzudiskutieren. „Je dominierender Fußball wird, desto schwerer haben es andere Sportarten.“ Und so wird es für die Handball-Auswahl darauf ankommen, schnell von sich Reden zu machen. Zum Beispiel direkt im Auftaktspiel gegen Spanien. Die Spanier sind wie immer einer der Mit-Favoriten. „Wenn wir da gleich einen großen Schlagen, wenn auch nur knapp, dann kann das alles eine gewisse Dynamik bekommen.“

Freilich – an die Mega-Erfolge aus dem Jahr 2007, als die deutschen Weltmeister wurden und das Finale (übrigens gegen Polen) im Ersten mehr als 16 Millionen Zuschauer hatte – wird man nicht mehr herankommen. Deutschland wird in diesem Jahr mit einer sehr jungen, aber durchaus talentierten Mannschaft antreten. „Das, was beim DHB bisher geleistet wurde, ist meiner Ansicht nach aller Ehren wert“, meint Polus. Die Spiele im ZDF werden in diesem Jahr im Wechsel von Christoph Hamm und Martin Schneider kommentiert, Experte und für Analysen zuständig ist Christian Schwarzer. Sie werden sich inhaltlich mit den (für die Vorbereitungszeit) sehr beeindruckenden WM-Übertragungen von Sky von vor einem Jahr messen lassen müssen.

„Natürlich haben wir geschaut, was die Konkurrenz gemacht hat. Es gab, was das Weltbild angeht, nicht so viel Neues. Katar hat sich Fachleute für die Produktion geholt, sodass es letztlich gute Bilder gab. Was die Rahmenberichte bei Sky anging, muss man sagen, dass das alles Hand und Fuß hatte. Man muss neidlos anerkennen, dass das bei Sky-Sportübertragungen aber immer der Fall ist“, lobt Polus. Innovative Ideen werden aber – gerade bei großen Events – gerne mal vom Verband gestoppt. Kann Sky bei der Handball Champions League also mit Bildern aus der Kabine aufwarten oder Servus TV im Eishockey sogar Spieler verkabeln, so hat es das ZDF bei der EM in diesen Punkten schwerer. Dabei bewies das ZDF einst, dass es durchaus innovative Ideen hat. „Herz-Frequenz-Messungen bei Sportlern waren damals unsere Idee. Wir haben das mal bei der Tour de France begonnen. Solche Dinge helfen den Zuschauern, die Sportler besser zu verstehen, weil sie die hohe Belastung genau vermitteln.“ Ob sie aber letztlich wirklich zu einem höheren Interesse solcher Übertragungen führen würden, wollte Polus erst einmal dahingestellt lassen.

Ohnehin ging es – was das Interesse angeht – mit dem Interesse am Handballsport zuletzt etwas zurück. Ein Trend, den Polus mehreren kleinen Sportarten voraussagt – auch, weil ARD und ZDF ab 2018 erst einmal keine Rechte an Olympischen Spielen mehr haben. „So mancher Big Player hat den Sport inzwischen als Investitionsmodell entdeckt. Das macht es für alle schwerer. Gerade bei den Olympischen Spielen hat die große Vielfalt bisher die Faszination ausgemacht. Man muss schon aufpassen, dass einige Sportler, gerade in kleineren Sportarten, künftig nicht hinten runter fallen“, sagt der ZDF-Mann.

Dabei gäbe es etliche Randsportarten, die zuletzt positive Entwicklungen zeigten. „Rudern ist da nur ein Beispiel“, sagt Polus. „Gerade der 8er-Sprint und die Einführung der Bundesliga und Champions League ist eine tolle Sache. Die Verbände werden aber dennoch einen langen Atem haben müssen“, meint er. Die Konkurrenz auf dem Sportmarkt ist – nicht zuletzt durch König Fußball – riesig. Zunächst dreht sich in der öffentlichen Sportwahrnehmung ohnehin wieder viel um die Ballsportarten. Der Fußball kehrt aus der Winterpause zurück und Handball wird in Polen gespielt. Wie weit Deutschland dort kommen wird, sei laut Polus schwer einzuschätzen. Weil er Optimist sei, tippte er auf das Halbfinale. „Das wäre wirklich ein Erfolg für uns.“ Noch schwerer sei es, einen Siegertipp abzugeben. Letztlich, so Polus, könne man viele Mannschaften aufzählen, Kroatien oder Frankreich etwa. „Ich gebe jetzt aber einen Außenseitertipp ab: Polen gewinnt die EM“, lacht der Sportjournalist.
13.01.2016 12:33 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/83092