Schlecht war der Auftakt von «Vom Spinner zum Gewinner» nicht. Doch wer einmal die Magie der VOX-Höhlenlöwe miterlebt hat, dürfte von der austauschbaren Nettigkeit dieses Formats ein wenig gelangweilt sein. Innovativ oder mutig ist an dem Neustart kaum etwas.
Am Beispiel der «Höhle der Löwen» kann man die Mechanismen des deutschen Fernsehens gerade in der heutigen Zeit, wo auch und vor allem die Privatsender vornehmlich als Verwaltungs- und Reproduktionsapparate bestehender Erfolgsrezepte fungieren, ganz gut ablesen: Viele Jahre lang wagte sich niemand an die international erfolgreiche Gründershow, da das Vorurteil vorherrschte, deutsche Zuschauer wollten sich zur abendlichen TV-Unterhaltung nicht mit wirtschaftlichen Zusammenhängen befassen müssen, ja die Bundesrepublik sei doch ohnehin ein ach so schweres Pflaster für Selbständige, die ihren Traum leben und zur Realität machen möchten. Dann kam die Sendung doch, wurde zu ebenso innovativ aufgemachten wie höchst erfolgreichen Show-Neustart und auf einmal entdecken die großen Sender auch die Gründerszene für sich. Bei kabel eins versucht man es nach dem gescheiterten «Restaurant Startup» nun bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate mit einer Sendung, die sich mit Möchtegern-Pionieren auseinandersetzt - nach Sichtung der Auftaktfolge ist es jedoch unwahrscheinlich, dass mit «Vom Spinner zum Gewinner» der große Coup gelungen ist.
Die zunächst vier geplanten Zweistünder lassen den Gründern ausreichend Zeit, sich und ihre Idee vorzustellen, sie auf ihrem Weg zu begleiten und vermitteln dabei auch ein recht realistisches Bild von Fortschritten und Rückschlägen, denen sich ein ambitionierter Gründer zu stellen hat. Das ist zunächst einmal löblich, erlebt man gerade im werbefinanzierten Fernsehen doch allzu oft deutliche Tendenzen, stark zu vereinfachen oder künstlich zu dramatisieren, da man die Realität nicht für ausreichend quotenträchtig hält. Hier sind die gefilmten Szenen sehr angenehm aufbereitet und in ein stringentes Narrativ eingebettet, das zwar gerne einige Wortspiele weniger hätte haben dürften, sich allerdings inszenatorisch weitgehend zurückhält.
Schlägt man hier noch einmal die Brücke zur «Höhle der Löwen», eignet sich «Vom Spinner zum Gewinner» zumindest dann eher als Ergänzungsmaterial denn zum eigenständigen Format, wenn man eben mehr sehen möchte als solide Unterhaltung, die zwei Stunden Lebenszeit nicht komplett sinnentleert füllt. Die einzigartige Dynamik, die sich in dem Aufeinandertreffen zwischen Gründern und Investoren ergibt, fehlt hier komplett und findet auch keinen adäquaten Ersatz. Nein, man sieht hier schlicht und ergreifend eine konventionelle Dokusoap, die niemandem wehtut und in ihrer gesamten Aufmachung eigentlich eher den Auswanderer-Geschichten ähnelt, die vor einigen Jahren mal der große Renner waren. Wäre man vor zwei Jahren auf Zuschauerjagd gegangen, hätte man zumindest noch mit dem Ansatz ein Stück Neuland betreten, Startups zu begleiten - doch auch das ist mittlerweile nichts mehr, wo Kritiker und Publikum anerkennend Beifall klatschen müssten, da dieses Feld längst erschlossen ist.