Die 10 besten Soundtracks 2015

Ohne Musik wäre die Filmkunst nur halb so schön. Ob treibende Action-Rhythmen, wunderschöne Melodien oder Songzusammenstellungen auf Ausnahmeniveau: Wir haben die zehn Soundtracks rausgesucht, die 2015 besonders hervorgestochen sind.

«The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben» (Alexandre Desplat)
Dieser Mann arbeitet so viel, da überrascht es kaum, dass er auch unsere chronologisch sortierte Top Ten beehrt: Der Franzose Alexandre Desplat gehört seit einigen Jahren zu den gefragtesten und am meisten gefeierten Komponisten des Filmgeschäfts. Und das nicht ohne Grund: Desplat verfügt über ein vielseitiges Repertoire, dennoch hat er auch eine erkennbare, feinfühlige Handschrift. Diese spielt Desplat auch im Score zum Oscar-prämierten Drama «The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben» aus. Das Biopic über Alan Turing, über dessen Beitrag zur Entwicklung der Computertechnologie sowie zur Beendigung des Zweiten Weltkrieges, und über seine von Zeitgenossen noch herabgewürdigte Homosexualität, verlangt nach einer thematisch dichten Begleitmusik. Dennoch sollte diese schlicht und unaufdringlich genug sein, um nicht vom wortreichen Geschehen abzulenken. Desplats Wahl fällt auf eine dramatisch-malerische Orchestrierung, deren Schwerpunkte auf vorsichtigen Streichern, markanten Holzbläsern und prägnanten Pianoklängen liegen. Inspiriert und inspirierend!

«Whiplash» (Diverse)
Jazz ist Krieg! Zumindest im Drummer-Drama «Whiplash», das bei den 87. Academy Awards ordentlich abräumte und von einer desaströsen Schüler-Mentor-Beziehung erzählt. Damien Chazelles präzise inszenierter Film besticht mit einem, vor allem im Finale, atemberaubenden Schnitt sowie mit hoch engagierten Darbietungen von Miles Teller und J. K. Simmons. Doch was ein Musiker-Drama vor allem braucht, ist mitreißende Musik – und die hat «Whiplash» in hohen Maßen zu bieten. Neben neu komponierten Stücken swingen auf diesem Soundtrack auch Standards von Stan Getz, Duke Ellington und weiteren mit, die hier mit besonderem Pepp und Esprit eingespielt wurden. Vor allem den Titelsong wird man so schnell nicht wieder aus seinen Gehörgängen verbannen können!

«Into the Woods» (Diverse)
Ein freches, zeitweise grimmes, etwas frivoles Disney-Realfilmmusical, das einmal quer durch einen Wald voller Märchenklassiker wandert: «Into the Woods» von «Chicago»-Regisseur Rob Marshall erwies sich zwar keinesfalls als massentauglich, wohl aber als faszinierende Abkehr von der Studio-Norm. Die Lieder aus dem von Stephen Sondheim komponierten Broadway-Musical, das als Vorlage diente, wurden liebevoll umarrangiert, um die gleichzeitig lebensechtere als auch humorvollere Natur des Films zu unterstreichen. Außerdem wurden einzelne Songs, wie der von Johnny Depps Cartoon-Zuhälter-Wolf mit Appetit nach kleinen Mädchen, stilistisch völlig uminterpretiert. Auch dadurch präsentiert sich der «Into the Woods»-Soundtrack als intellektuelles, verspieltes und komplexes Kleinod in der Welt der Disney-Realfilmmärchen.

«A World Beyond» (Michael Giacchino)
Solche Filmmusik wird heutzutage eigentlich gar nicht mehr geschrieben: Michael Giacchinos Kompositionen zum familientauglichen Retro-Sci-Fi-Abenteuerspaß «A World Beyond» sind dank heroischer Fanfaren und von hellen Chorälen unterstützten Leitmotiven herrlich optimistisch und von einer ansteckenden Abenteuerlust durchzogen. Dieser zukunftsromantische, bewusst simple Score lehnt sich an die Filmmusik der 50er- und 60er-Jahre an, ohne dabei verstaubt zu wirken oder sich von einer Hommage zur nächsten zu hangeln – und eben diese Mischung aus Familiarität und Originalität empfiehlt Giacchino als „den John Williams seiner Generation“.

«Mad Max: Fury Road» (Tom Holkenborg)
Ein bildgewaltiger, wahnsinniger Film wie «Mad Max: Fury Road» braucht brutale, durchgeknallte Musik! Komponist Tom Holkenborg, auch bekannt als Star-DJ Junkie XL, liefert genau das ab – und legt noch ein kleines Boni obendrauf. Rasant, treibend, lärmend: Genau so scheppert sich dieser Score in den Actionszenen von George Millers technischem Meilenstein voran, und unterstreicht das abgedrehte Geschehen furios. Holkenborgs Verrücktheit ist es aber noch zu verdanken, dass die vielen Dissonanzen in den Leitthemen dank eines wilden Instrumenten-Mischmaschs auch sehr eingängige Melodien ergeben, statt nur für antreibenden Krach zu sorgen. So bekommt die «Mad Max»-Mucke noch das Tüpfelchen auf dem i: Kraftvoll, überhitzt, und dennoch mit Charakter.

Nackte Männer, die Stimmen im Kopf eines kleinen Mädchens und mehr: Auf der nächsten Seite geht es weiter mit den zehn besten Soundtracks des Kinojahres 2015!

«Magic Mike XXL» (Diverse)
Ein Stripper, der was auf sich hält, braucht nicht nur einen atemberaubenden Körper und ein gewisses Maß an koordinativen Fähigkeiten. Er braucht auch eine geile Playlist! Die Jungs aus «Magic Mike XXL» haben genau das – und eine süffisante Prise Humor. Die launige Truppe rund um Channing Tatum verwandelt selbst Schnulzen wie „I Want It That Way“ der Backtreet Boys in frivole Nummern, während sie sich auf der anderen Seite in der albernen Vulgarität von R. Kellys „Cookie“ suhlen. Die Jungs aus «Magic Mike XXL» haben Spaß für Zwei, erlauben aber auch ihren Betrachter(inne)n, vor guter Laune zu jauchzen. Die Jungs, ihre musikalische Ekstase und ich: Unkomplizierter kommt man wohl kaum an so etwas Ähnliches wie einen Dreier!

«Alles steht Kopf» (Michael Giacchino)
Pixars Meisterwerk «Alles steht Kopf» nimmt das Publikum mit auf eine hochemotionale Reise in die menschliche Welt der Emotionen – und ist daher, ganz konsequent, nicht nur überaus witzig, sondern auch sehr rührend, nachdenklich und spannend. Eine unerlässliche Stütze dieses Ausnahmefilms ist die Instrumentalmusik von Oscar-Preisträger Michael Giacchino: Leichtfüßig, verspielt, träumerisch, direkt ins Ohr gehend – und dann kippt das Feeling fließend über in Melancholie, Bedauern und Verlustangst. Mit kühlen Pianoklängen und warmherzigen Orchestereinsätzen ist dieser Soundtrack schon jetzt zu einem Klassiker aufgestiegen!

«Sicario» (Jóhann Jóhannsson)
Der herausragend besprochene US-Film «Sicario» des kanadischen Regisseurs Denis Villeneuve ist ein moralisch kompromissloser, karger, intelligenter Thriller über den Kampf der US-Behörden gegen die mexikanischen Drogenkartelle. Hauptdarstellerin Emily Blunt spielt in dieser von Roger Deakins meisterlich fotografierten Geschichte eine idealistische, taffe Agentin, die ohne jegliche Vorbereitung ins Hornissennest geschubst wird. Ja, wir werfen hier Sprichwörter durcheinander, aber das hat Methode: Denn die unter die Haut gehende, hämmernde Originalmusik von Jóhann Jóhannsson drückt eben dieses Gefühl der Irritation und der steten Bedrohung hocheffektiv aus! Wummernde Bässe, bedrohliche Cello-Klänge, ein unaufhaltsamer Rhythmus: Die Musik aus «Sicario» klingt so, als hätte sie es auf dich abgesehen. Und ist daher der ideale Begleiter für das aufreibende, unerschütterlich-ruhig erzählte Geschehen dieses Ausnahmethrillers.

«Steve Jobs» (Daniel Pemberton)
Danny Boyles Drama «Steve Jobs» ist ein Biopic, das sich erfolgreich von den Genrekonventionen distanziert: Es kürzt das Leben des Apple-Mitgründers auf die stressigen Minuten kurz vor drei Produktpräsentationen hinunter. Jeder dieser Akte ist anders inszeniert, wurde sogar auf anderem Material gedreht, und erhält so ein eigenes Feeling. Daniel Pemberton, der Durchstarter der Filmkomponistenszene, trennt diese Akte auch auf musikalischer Ebene mit Strenge, aber auch mit großem Einfallsreichtum. Kühl-minimalistische Elektroklänge, getragene, fast schon opernhafte Symphonien und elegante Verschmelzungen von Synthesizer- und Orchestermelodien segmentieren diesen kinetisch eingefangenen, dramatisch verdichteten Einblick in Steve Jobs‘ Leben eindrucksvoll. Und unterstreichen mit Nachdruck, dass Pemberton ein Komponist ist, den man im Auge behalten sollte!

«Star Wars: Das Erwachen der Macht» (John Williams)
Lange wurde ein neuer «Star Wars»-Film herbeigesehnt, nun ist er endlich da. Und mit ihm auch ein neuer Score der lebenden Legende John Williams. In «Das Erwachen der Macht» besucht Williams zahlreiche über die Jahrzehnte liebgewonnene musikalische Themen ein erneutes Mal, wandelt sie behutsam ab und verwebt sie stilsicher mit der neuen Klangkulisse, nach der die jungen Figuren dieses temporeichen Weltraumabenteuers verlangen. Williams weiß die klassischen «Star Wars»-Themen so prägnant einzusetzen, dass bei der Erstsichtung dieses Kassenschlagers die neuen Motive überschattet werden – doch mit wiederholten Sichtungen oder mit Hilfe des Soundtracks kristallisiert sich auch die Stärke der neuen Stücke heraus. Sei es Reys zuversichtliches, dennoch zartes Leitmotiv oder die energiereiche Fanfare des Widerstands: Williams schafft das Fundament für einen womöglich noch stärkeren Soundtrack in Episode VIII. Bei der Ursprungs-Trilogie stieß der „Imperial March“ ja auch erst im Sequel hinzu.
25.12.2015 18:27 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/82821