Popcorn und Rollenwechsel: Wie wir bessere Trailer bekommen
Blockbuster-Trailer verschwimmen heutzutage zu einer ewig gleichen Masse. Dabei ist es möglich, richtig gute und originelle Filmvorschauen zu erstellen. Wir haben einige Belegexemplare!
Ich möchte mich ja gar nicht querstellen. Dass aufwändige Hollywood-Produktionen heutzutage mehr Marketing- und Promomaterial veröffentlichen denn je, hat naheliegende Gründe. In Zeiten von Twitter und Facebook wird neuer Stoff viel schneller davon gespült als einst. Somit werden Trailer nunmehr viel schneller zu „Old News“, weshalb es nicht genügt, «Ant-Man», «Jurassic World» und Co. allein mit einem kurzen Teaser und einem etwas längeren Trailer zu bewerben. Um im schnelllebigen Web 2.0 nicht in Vergessenheit zu geraten, braucht es einen konstanten Strom an neuen Teasern, Trailern, Spots, Featurettes und Clips. Das ist einfach der Stand der Dinge. Ganz gleich, wie nervig ich es finde, wenn somit Unmengen an Filmmaterial noch vor Kinostart nach außen dringen.
Doch wenn sich schon die quantitativen Parameter nicht mehr ändern lassen, so lassen sich noch immer Inhalt und Stil optimieren. Womit auch die Qualität steigen würde. Denn die Masse an ewig gleichen, gern auch viel zu viel verratenden Blockbuster-Trailern ist ungeheuerlich ermüdend und bringt daher immer mehr Filmfans davon ab, überhaupt noch Trailer zu verfolgen. Verdenken kann ich es diesen Kinoversessenen keineswegs – es sollte aber nicht nötig sein, mehr und mehr Leute zu Trailerverweigerern zu machen. Die Studios und Werbeagenturen sollten dagegen die große Nachfrage an Film-Werbematerial ausnutzen und verstärkt mit der Form experimentieren.
Dabei muss die übliche Form des modernen Kinotrailers nicht einmal all zu sehr gebrochen werden. Ein absolutes Paradebeispiel ist der erste Ausblick, den das Publikum auf David Finchers «Verblendung» zu sehen bekam. Aus der üblichen, schnellen Aneinanderreihung von Filmausschnitten mit Fokus auf Gewalt, Style und Sexappeal wurde ein genialer Angriff auf den Hör- und Sehsinn. Und obwohl er dank seiner schnellen Szenenwechsel Tonnen an Material zeigt, ist es dermaßen aus dem Kontext gerissen, dass der Trailer nichts über den Filminhalt verrät – wer also gern storytechnisch unbeeinflusst ins Kino geht, kann ihn sich problemlos anschauen. Darüber hinaus vermittelt der Trailer aber einen Eindruck von der Stimmung und Bildsprache des Films, so dass er sehr wohl Aussagekraft hat.
Was ebenfalls für extreme Rasanz spricht, ist die universelle Anwendbarkeit dieser Herangehensweise. Der Stil funktionierte nämlich auch schon Jahrzehnte früher für die ebenfalls grimmen Werke «Alien» sowie «Der Exorzist», während die pechschwarze Komödie «A Serious Man» der Coen-Brüder bewies, dass sich auf diese Art auch humorvolle Filme passend bewerben lassen.
Etwas aufwändiger, aber noch effektiver darin, Spoiler zu vermeiden, ist dafür folgende Option, die Pixar in seinen frühen Jahren liebend gern verfolgt hat: Die Erstellung von Material, das exklusiv für den Trailer gedacht ist. Ja, viele Filmfreunde regen sich auf, wenn in Trailern Dinge zu sehen sind, die aus dem fertigen Film geschnitten wurden – dies beschränkt sich aber darauf, dass in normalen Trailern neben verwendetem Material auch „Deleted Scenes“ vorkommen. Wenn aber ein Teaser oder Trailer ausschließlich aus Exklusivmaterial besteht, und dies auch kommuniziert wird, sollte dieses Ärgernis ausbleiben. Dafür erlauben diese exklusiven Trailerszenen einen Ausblick auf die Welt, in welcher der Film angesiedelt ist, sowie auf die Figurendynamik – ohne, dass man später das fertige Werk sieht und sich bei bestimmten Stellen langweilt, weil man sie schon kennt. Das ist eine formidable Taktik für Komödien, da so keine Gags abgenutzt werden. Aber auch solche Kinospäße wie «Die Monster AG» lassen sich so hervorragend anteasern …
Einen Schritt weiter gingen in der Vergangenheit Trailer wie die zu Alfred Hitchcocks «Psycho» und Steven Spielbergs «Poltergeist»: Statt Szenen zu zeigen, die nicht für den Film gedacht sind, präsentieren sich diese Filmvorschauen als kleine Dokumentationen – und die Möglichkeiten für weitere Trailer in diesem Stil sind unbegrenzt. Es müssen nicht allein Setbesuche wie bei «Psycho» oder Mockumentarys wie bei «Poltergeist» sein. Wie wäre es mit einem dreiminütigen Filmchen, das uns den «Captain America: Civil War»-Cast beim Abendessen und Rumblödeln zeigt, um die berühmte Kameradschaft der Marvel-Darsteller zu unterstreichen, gleichwohl aber die Fallhöhe für den konfliktreichen Film zu vergrößern? Oder wie wäre es mit einem gesungenen Making of, welches das nächste Disney-Trickmusical bewirbt?
Um es kurz zu machen: Ich will mehr Teaser und Trailer wie die obig genannten sehen! Denn originelle Trailer haben generell das Potential, vermehrt Filmlust zu erzeugen. Darüber hinaus laden sie deutlich mehr zu angeregten Gesprächen an als die reinen Standard-Trailer. Das Kinomedium kann dies durchaus gebrauchen. Und wir Filmfans freuen uns zudem über jede Entwicklung, die Hollywood davon abhält, alle großen Produktionen wie am Fließband zu spoilern …