«Deutschland 83»: Im großen US-Serienteich noch ein kleiner Fisch

US-Check: Export geglückt - «Deutschland 83» lief in den USA durchaus zufriedenstellend, ist allerdings noch sehr weit von einem beachtlichen Zuschauerinteresse entfernt.

Quotenmeter.de-Interview mit Sonja Gerhardt

"Ich denke, keiner von uns hatte damit gerechnet, dass sich die Serie so schnell nach Amerika, aber auch nach Frankreich oder Skandinavien verkauft. In Deutschland ist sie ja noch nicht einmal gestartet. Das alles kam für uns also sehr plötzlich."
«Deutschland 83»-Darstellerin Sonja Gerhardt nahm sich die Zeit, um für Quotenmeter.de einige Fragen zu beantworten. Das komplette Interview gibt es hier.
Das Label ‚Made in Germany‘ steht in aller Welt und bei allen Produkten für Qualität. Bei allen? Nicht ganz. Zumindest bis zuletzt hinkten deutsche Fernsehproduktionen solchen aus den USA oder Großbritannien sehr weit hinterher. Insbesondere deutsche Fiction brachte lange Zeit keinen echten Hit hervor, hat es sogar innerhalb der Landesgrenzen schwer und erhält daher aus dem Ausland auch kaum Beachtung. Dies könnte sich durch «Deutschland 83» ändern. Die achtteilige UFA Fiction-Produktion feierte am 17. Juni ihre Weltpremiere bei SundanceTV in den USA, ehe sie im Herbst 2015 über RTL auch ihren Weg ins deutsche Fernsehen findet.

Die Resonanz auf die Produktion mit «Homevideo»-Darsteller Jonas Nay, «Polizeiruf 110»-Mime Sylvester Groth oder Ulrich Noethen (u.a. «Der Untergang») war beeindruckend. Die Rezensions-Website „Rotten Tomatoes“ vergab 100 Prozent, knapp 750 User von ‚IMDb‘ bewerteten die Produktion gemittelt mit 8,6 von 10 Punkten und im Schnitt kommt die Serie bei US-amerikanischen Kritikern laut ‚Metacritic‘ auf 79 aus 100 Punkten. Nach der Ansicht einiger Beobachter und Begeisterung nach Ansicht der ersten beiden Episoden auf der Berlinale 2015 fand man in «Deutschland 83» sogar die beste Serie des Sommers 2015.

Natürlich waren deutsche Medien nach diesen Lobpreisungen voll des Stolzes über einen der wenigen deutschen Serien-Exportschlager seit sehr langer Zeit, vor allem in Bezug auf die USA. Dass die positiven Rezensionen zur Serie in deutschen Publikationen häufig aufgegriffen wurden, soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass «Deutschland 83» in den USA nicht ganz so populär war, wie man es sich in Deutschland vielleicht erhoffen würde. Der zu AMC Networks gehörende Kabel- und Satellitensender SundanceTV steht zwar etwa 57 Millionen US-Amerikanern zur Verfügung, die Reichweiten sind jedoch nicht besonders hoch und sind hierzulande mit denen eines kleinen Spartensenders zu vergleichen.

So startete «Deutschland 83» am 17. Juni 2015 nicht etwa unter den Augen eines Millionenpublikums, sondern im Beisein von lediglich 66.000 Interessierten. Immerhin blieb es nicht bei dieser recht trostlosen Zuschauerzahl, denn im Laufe der ersten Staffel interessierten sich immer mehr Zuschauer für den Kritikerliebling, der von RTL und dem Sundance Channel koproduziert wurde. 74.000 Personen schalteten zur zweiten Episode der von Jörg und Anna Winger erdachten Geschichte um einen ostdeutschen Soldaten ein, der als Spion in die Bundeswehr eingeschleust wird. Ein ähnlich großer Sprung blieb im Rahmen der dritten Folge am 1. Juli aus: 77.000 Personen standen diesmal zu Buche, was noch immer für ein verschwindend geringes Rating sorgte (knapp 0,02 Prozent der gesamten US-Bevölkerung zwischen 14 und 49 Jahren schalteten ein).

Ein kleiner Durchbruch folgte jedoch am 8. Juli, als «Deutschland 83», das einige Personen mit dem ebenfalls gelobten Spionage-Format «The Americans» vergleichen, bereits 100.000 Menschen unterhielt, wobei die Serie auch so nicht einmal ansatzweise unter den Top 50-Kabelsendungen des Abends war. Die meisten Zuschauer im Rahmen von Staffel eins entschieden sich anlässlich der fünften Folge für das Format, das mit Peter Schillings „Major Tom“ eröffnet. 143.000 Personen ab zwei Jahren erreichte «Deutschland 83» am 15. Juli 2015.

Die erste deutschsprachige Serie im US-Fernsehen verlor am 22. Juli jedoch gehörig an Zuspruch und durfte sich nur noch über 82.000 Interessierte freuen, die dem vielversprechenden Neustart die Treue hielten. Zwei Episoden standen noch aus, in deren Rahmen sich das Format zur Aufgabe machte, erneut über 100.000 Zuschauer zu kommen. Dies gelang am 29. Juli vorerst nicht, denn «Deutschland 83» verlor sogar etwa 10.000 Personen gegenüber der Vorwoche. 72.000 Personen zeugen nicht von einem großen Hit. Zum Staffelfinale verbesserte sich die im Jahr 1983 angesiedelte Serie jedoch wieder auf 107.000 Zuseher, sodass die erste Staffel einigermaßen versöhnlich endete.

Zwar zählte «Deutschland 83» im Rahmen seiner ersten Staffel noch lange nicht zu den großen Programmen im Kabelfernsehen, für den Sundance Channel war das Ergebnis jedoch durchaus befriedigend. Weder fiel «Deutschland 83» in Bezug auf die vier anderen aktuell laufenden Original-Serien sonderlich ab, noch riss es reichweitentechnisch Bäume aus. So performte die Serie beispielsweise deutlich besser als Sundance‘ «Babylon», liegt aber vom Zuschauerzuspruch noch hinter «Rectify», das stets zwischen 100.000 und 200.000 Zuschauer anzieht. Die Feuertaufe hat «Deutschland 83» im Land der unbegrenzten Möglichkeiten somit bestanden. Nun dürfen sich deutsche Zuschauer auf den baldigen Start des Formats freuen - wohlwissend, dass deutsches Fernsehen qualitativ zuweilen mit den großen US-Formaten mithalten kann.
16.08.2015 12:48 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/80077