DFB-Pokal-Geheimtipps: Wo es am Wochenende wirklich spannend werden kann

In der ersten Runde des DFB-Pokals offenbaren sich meist große Klassenunterschiede. Seit jeher hält sie jedoch auch Überraschungen bereit. Welche Vereine an der Sensation schnuppern...

„Der Pokal hat seine eigenen Gesetze“, wissen etliche Fußballfans in Deutschland. Zwar treffen in den ersten Runden des DFB-Pokals häufig Dritt- bis Fünftligisten auf die Top-Mannschaften des Fußball-Oberhauses, häufig genug kommt es aber zu Sensationen, wenn der David wieder den Goliath ärgert und Erst- und Zweitligisten aus dem Turnier wirft. Während es im Liga-System auf die Performance in insgesamt 34 Spielen ankommt, reichen im K.O.-System schließlich schon 90 Minuten für die kleinen Teams, um den Verbleib im Wettbewerb zu sichern. Mannschaftliche Geschlossenheit kann dabei individuelle Klasse schlagen. Im Rahmen der ersten DFB-Pokal-Runde messen sich wieder insgesamt 64 Mannschaften in 32 Spielen an nur einem Wochenende. Wir verraten, wo es für Fernsehzuschauer trotz des Klassenunterschieds wirklich spannend wird.

Geheimtipp #1: MSV Duisburg – FC Schalke 04 (Samstag, 15.30 Uhr)
Im Pott geht es am Samstagnachmittag heiß her. Seit Gründung der Bundesliga spielten beide Mannschaften entweder in der ersten oder in der zweiten Bundesliga, ehe der MSV Duisburg 2013 in die dritte Liga abstieg. Erst vergangene Saison gelang es den ‚Zebras‘ wieder, in die zweite Bundesliga vorzustoßen. Als Zweitligaaufsteiger geht das Team von Gino Lettieri natürlich als Außenseiter in das Match von Europa League-Teilnehmer Schalke 04. Doch das Match könnte umkämpfter werden, als man zunächst annehmen würde. Duisburg war der letzte Zweitligist, der es zuletzt ins DFB-Pokal-Finale schaffte (gegen Schalke 2011). Mit André Breitenreiter hat der FC Schalke 04 auf der anderen Seite einen neuen Trainer, der im Zuge des DFB-Pokals sein erstes Pflichtspiel bei den Königsblauen absolvieren wird. Erst seit 2010 ist Breitenreiter Trainer, wo er sich nur zwischen 2013 und 2015 einen Namen als Übungsleiter des SC Paderborn machte. Weitere nennenswerte Referenzen hat Breitenreiter nicht vorzuweisen. Unklar, ob sich der Langenhagener bei einem so großen Verein wie Schalke gut zurechtfindet, insbesondere weil Trainerentlassungen in Gelsenkirchen an der Tagesordnung zu stehen scheinen und der FC Schalke 04 in den letzten zehn Spieltagen der vergangenen Saison nur zehn Punkte holte. Erst vergangenes Jahr unterlagen die Schalker in der ersten Pokal-Runde Dynamo Dresden, während sich Duisburg gegen Nürnberg durchsetzte.

Geheimtipp #2: Würzburger Kickers – SV Werder Bremen (Samstag, ab 15.30 Uhr)
Auch in der Heimatstadt von Quotenmeter.de riecht es nach einer Sensation. Die Würzburger haben nach dem Aufstieg in Liga drei ordentlichen Rückenwind. Hinter den Unterfranken liegt ein großer Umbruch. Vor der Aufstiegssaison 2014/2015 verließen 14 Spieler den Verein, 14 schlossen ihm sich dagegen an. So sorgten die Würzburger bereits vergangene Saison im DFB-Pokal für eine faustdicke Überraschung, als sie damals als Viertligist die Fortuna aus Düsseldorf aus dem Turnier kickten. Erst in Runde zwei war nach einem engen Spiel gegen Eintracht Braunschweig Schluss für die Mannen von Bernd Hollerbach. Mit Werder Bremen kommt jedoch eine Mannschaft nach Würzburg, die ihren Fans in den vergangenen Jahren im Rahmen der ersten Pokal-Runde viele Nerven kostete. Erst nach Verlängerung gelang den Grün-Weißen im Vorjahr beispielsweise der Siegtreffer gegen den unterklassigen FV Illertissen. 2013 verabschiedete sich Bremen mit einem 1:3 gegen den 1. FC Saarbrücken aus dem Turnier, 2012 schoss Preußen Münster Bremen mit einem 4:2 aus dem Turnier und Heidenheim besiegte die Werderaner 2011 mit 2:1. Setzt sich der Fluch der Bremer, der über der ersten Runde des Pokals zu schweben scheint, fort?

Geheimtipp #3: Chemnitzer FC – Borussia Dortmund (Sonntag, ab 14.30 Uhr)
Hinter den Borussen liegt eine Seuchen-Saison. Der Meister von 2011 und Double-Sieger von 2012 lag nach der Hinrunde am Ende der Tabelle, schaffte es mit viel Mühe auf einen Europa-League-Platz. Trainer Jürgen Klopp zog am Ende der Saison einen Schlussstrich unter seine Zeit in Dortmund, obwohl er lange wie der perfekte Übungsleiter der Schwarz-Gelben wirkte. Gefährlich wird es für einen Verein immer, wenn ein neuer Trainer zum Club stößt. Insbesondere bei einem Taktikfuchs wie Thomas Tuchel braucht es für viele Spieler eine Gewöhnungszeit, um die Anforderungen und das System des Trainers zu verinnerlichen. Für die Dortmunder könnte die erste Runde des DFB-Pokals etwas zu früh kommen. Schon am Donnerstag der vorigen Woche merkte man den Dortmundern in der Europa League-Qualifikation deutlich an, dass der Atem in der zweiten Halbzeit spürbar weniger wurde. Vergangenen Donnerstag traten die Borussen schon wieder abends in der Europapokal-Qualifikation an, womit ihnen so wenig Regenerationszeit bleibt wie bei keinem anderen Verein in der ersten Pokalrunde. Drittligist Chemnitzer FC hat bereits zwei Ligaspiele absolviert, an der Kondition sollte es also nicht mangeln. Erst vergangenes Jahr sorgten die Sachsen für eine faustdicke Überraschung in Runde eins, als sie den FSV Mainz 05 bezwangen – den Ex-Verein von Thomas Tuchel. Zwischen 2009 und 2014 trainierte Tuchel zuvor die Mainzer. Ein Mal war in Runde eins Schluss, zwei Mal in Runde zwei. Als Pokal-Spezialist ist Tuchel also wahrlich nicht zu bezeichnen.

Geheimtipp #4: Hessen Kassel – Hannover 96 (Sonntag, ab 18.30 Uhr)
Im Pokal ist Hessen Kassel ein nahezu unbeschriebenes Blatt. Die letzte Pokal-Teilnahme ging 2011/2012 vonstatten, als der aktuelle Regionalligist gegen Fortuna Düsseldorf ausschied. Davor nahm Kassel seit 1990/1991 nicht mehr am Wettbewerb teil. Wenig deutet darauf hin, dass Kassel einen Bundesligisten schlägt. Wenn ein Viertligist einen Bundesligisten bezwingen kann, dann scheint sich dieser Bundesligist jedoch aktuell in Hannover 96 wiederzufinden. Die von Michael Frontzeck trainierte Truppe entging einem Abstieg in der vergangenen Saison nur knapp. Die Verpflichtung von Frontzeck, der seit 2013 ohne Trainerjob war, wirkte wie ein Schnellschuss. Zunächst sollte der gebürtige Mönchengladbacher als Feuerwehrmann agieren, der Hannover in Liga eins hält. Nun werden die Niedersachsen mit Frontzeck aber auch in die neue Saison 2015/2016 gehen. Die Bilanz der Vorbereitung liest sich alarmierend: Fünf Testspiele, kein Sieg und nur ein einziges Tor innerhalb dieser 450 Minuten Spielzeit. Zuletzt verlor Hannover gegen Sunderland und brachte eine spielerische Leistung auf den Platz, die bei allen, die es mit Hannover halten, für Haareraufen gesorgt haben muss. Mit Lars Stindl verließ zudem der überragende Akteur der Rückrunde den Verein, auch die Leistungsträger Joselu und Leonardo Bittencourt gingen. Nach dieser katastrophalen Vorbereitung kündigte nun Sportdirektor Dirk Dufner. Diese Unruhe im Verein wirkt wie prädestiniert für eine Pokal-Sensation.

Geheimtipp #5: Arminia Bielefeld – Hertha BSC Berlin (Montag, ab 18.30 Uhr)
Erst im vergangenen Jahr sorgte die zuvor krisengeschüttelte Arminia aus Bielefeld für eine faustdicke Überraschung im DFB-Pokal. Bis ins Halbfinale rückte der damalige Drittligist vor und bezwang auf diesem Weg Mannschaften wie Zweitligist Sandhausen, den SV Werder Bremen und sogar Borussia Mönchengladbach. Erst im Halbfinale verloren die Ostwestfalen gegen den späteren Titelträger Wolfsburg. Ein weiteres Opfer der Bielefelder in der vergangenen Saison war übrigens die Hertha aus Berlin, die der Arminia in der zweiten Pokal-Runde unterlagen. Nun wollen die Hauptstädter die große Revanche. Ob ihnen das gelingt, ist allerdings fraglich. Bielefeld schaffte gerade erst den Wiederaufstieg in die zweite Bundesliga, einem Abstieg in selbige entkam Berlin in der vergangenen Saison vor allem dadurch, dass am Ende tiefer platzierte Mannschaften zu wenig Punkte holten, um die Berliner einzuholen. Auch die Buchmacher wittern schon eine weitere Krise bei der Hertha: Der Job von Trainer Pal Dardai ist nach ihrer Ansicht alles andere als sicher. Als am zweitwahrscheinlichsten gilt es nach dem neuesten Stand, dass Dardai als erster Bundesliga-Trainer in der neuen Saison seinen Hut nehmen muss – vielleicht wegen eines Ausscheidens im Pokal. Er muss sich einer beeindruckenden Statistik von Bielefeld widersetzen. In den vergangenen zehn Jahren flogen die Ostwestfalen nur zwei Mal in Runde eins raus, drei Mal erreichten sie das Halbfinale.
07.08.2015 11:12 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/79948