Bradley Cooper, Rachel McAdams, Emma Stone und Bill Murray in einem Film - das klingt schon fast nach Oscar. Doch aufgrund eines nahezu lächerlichen Drehbuchs könnte die Goldene Himbeere wahrscheinlicher sein. Wir haben «Aloha» vorab gesehen und ziehen ein ernüchterndes Fazit.
Schon die Bestandteile von «Aloha – Die Chance auf Glück» klingen mehr nach Stückwerk denn nach einem zusammenhängenden Film. Da ist der seelisch gebeutelte Unternehmer mit der Hoffnung auf eine zweite Karrierechance, da ist das Wiedersehen mit seiner Ex-Frau und eine eingeschobene Vaterschaftsfrage, da sind die amourösen Verwicklungen zwischen Brian und der Kampfpilotin Allison und über all diesen Storyfragmenten schwirren unzählige, teils philosophische, teils ethische, zum Großteil aber auch einfach nur platte Existenzfragen herum, die aus «Aloha» ein Potpourri aus vermeintlichen Weisheiten und gesellschaftsrelevanten Fragen machen. Zu einer runden Form finden alle diese Versatzstücke nie, denn worum es Cameron Crowe im Kern überhaupt geht, damit hält der Filmemacher die gesamte Laufzeit über hinterm Berg. Was fehlt, ist ein Fokus, ohne dessen Crowe seinen vielen angerissenen Plotpoints nie ganz Herr wird. Das wäre vielleicht noch zu verschmerzen, sofern die Figuren imstande wären, die Story auf ihren Schultern zu tragen und der Handlung damit eine von ihnen geprägte Richtung vorzugeben. Doch trotz einer stark dialoglastigen Inszenierung bleiben sämtliche Charaktere, egal mit welcher Screentime gesegnet, vollkommen profillos und ihr Handeln gerät beliebig. Aber es gibt auch Hoffnung: Wo sich das Drehbuch (ebenfalls von Cameron Crowe verfasst) keinerlei Mühe gibt, sich an eigens auferlegte Regeln zu halten und einer bestimmten Struktur zu folgen, hat man bei der Inszenierung umso mehr Freiheiten. Der Film wird dadurch zwar nicht besser, aber es gibt mehr Dinge, mit denen man das Publikum trotz aller Schwächen noch irgendwie bei Laune halten kann.
Szenen, die sich in «Aloha» hervortun, gibt es nämlich durchaus und obwohl bereits Worte darüber verloren wurden, dass sich die Schauspieler aufgrund ihrer mangelhaften Rollenzeichnungen kaum hervortun können, sind es trotzdem die Akteure, die dem Film in den wichtigen Phasen Tiefgang verleihen. Daran trägt die Charakterzeichnung keinerlei Schuld; es ist vielmehr das zwanglose Spiel des Ensembles, das mehrmals den Eindruck der Improvisation erweckt und dadurch herzlich und nahbar daherkommt. Der Handlungsstrang um Hauptfigur Brian und seine Verflossene Tracy holt aus dem Minimum an emotionaler Basis das Optimum an Intensität heraus. Selbst für ein paar Gags ist Platz. Etwa, wenn Brian und Tracys Mann sich ohne Worte verständigen und Cameron Crowe dieses Unterfangen in ungeschönter Slapstick-Manier einfängt. Doch zur Authentizität von «Aloha» trägt auch das nicht bei. Vielmehr ergänzt es den Film um ein paar Facetten und zieht das insgesamt recht behäbige Tempo für einen Moment an. Vielleicht ließe sich das Vorhaben des Regisseurs ja damit erklären, dass er mit seinem Film gar nicht auf eine stringente Dramaturgie aus ist und ihm vielmehr daran gelegen ist, die paradiesische Hawaii-Atmosphäre auf zwanglose Art und Weise einzufangen.
Hawaii als Schauplatz für eine Tragikomödie mitsamt der Hinterfragung, ob dieser Ort einen nicht per se von jedweden Sorgen der modernen Zivilisation lossagt, gab es bereits im Rahmen des preisgekrönten Dramas «The Descendants» zu sehen. Vielleicht wäre aus «Aloha» eine weitere Variation dieser Thematik geworden, hätte Crowe sich denn tatsächlich nur einem Schauplatz gewidmet und würde sich nicht von zu vielen Faktoren ablenken und obendrein auch beeindrucken lassen. Wenn er szenische Einschübe ob der Frage, wie vertretbar es ist, Satelliten ins All zu schießen, auf Biegen und Brechen in seinem Film unterbringt, wirkt der Filmemacher so zaghaft in seiner Ausführung, dass es so wirkt, als wäre ihm dieses Thema eine Nummer zu groß. Crowe versucht sich nicht nur daran, viel zu viele Fragen auf einmal zu beantworten, ohne sich dabei aus seiner dahinplätschernden Komfortzone heraus zu bewegen, er inszeniert seine Figuren obendrein als moralische Leitfiguren; leider folgen diese alle ihren ganz unterschiedlichen und sich darüber hinaus widersprechenden Prinzipien. Was am Ende bleibt, ist ein Wust an Sinneseindrücken, dem man als Zuschauer nur schwer Herr werden kann. Mit einem roten Faden und der Konzentration auf weniger Schauplätze wäre aus «Aloha» sicher ein Film geworden, der in Erinnerung bleibt. So strengt er trotz seiner seichten Inszenierung an und hinterlässt beim Zuschauer schlussendlich vor allem die Frage: Was wollte mir der Regisseur damit eigentlich sagen?