Geplant war das neue Kerner-Format als pompöses Glanzstück moderner Show-Unterhaltung. Zu sehen bekam der Zuschauer vor allem zu Beginn aber nur ein chaotisches Pannen-Festival, von dessen interessanter Grundidee kaum etwas aufgehen wollte.
Im Jahr eins nach «Wetten, dass..?» kann man dem ZDF gewiss keine völlig Untätigkeit dabei vorwerfen, nach potenziellen Nachfolgern für den mumifizierten Show-Dino Ausschau zu halten. Vor allem Johannes B. Kerner ist umtriebig wie selten bei der Präsentation neuer Ideen, doch so recht wollten weder «Das Spiel beginnt» noch «Das große Schlüpfen» für allumfassende Begeisterung sorgen. Bei «1000 - Wer ist die Nummer 1?» ging schon im Vorfeld der TV-Auswertung so einiges schief: Ein Kandidat erlitt einen Herzinfarkt, die Aufzeichnung zog sich aufgrund dessen und weiterer technischer Pannen bis weit in die Nacht, auf zwei von ursprünglich zehn geplanten Spielen verzichtete man letztlich komplett. Spätestens nach Betrachtung dessen, was der Sender letztlich noch für einigermaßen Primetime-würdig hielt - und das war über eine halbe Stunde weniger, als ursprünglich geplant - muss man die Professionalität der Produktion ernsthaft in Frage stellen.
In der Bemühung um Kürze genügt jedoch hoffentlich der Verweis darauf, dass es dem Zuschauer vor dem Fernseher zu keinem Zeitpunkt ansatzweise gelingt, den gesamten Parcours nachzuvollziehen. Dies ist zum einen dem deutlich zu üppig ausgefallenen Teilnehmerfeld geschuldet, das wenig überraschend schon nach den ersten Hindernissen weit auseinander gerissen wird und mit der Kamera nur noch partiell einzufangen ist. Vor allem aber hängt es damit zusammen, dass neben Bildern von der Strecke auch weitgehend irrelevante Kommentare der Moderatoren Kerner und Kate Abdo eingeflochten werden - und man lieber einen einsam hinter der Ziellinie stehenden Kerner filmt, als zumindest zu versuchen, das Geschehen auf der Strecke einzufangen. Irgendwann gehen aus dem völlig chaotischen Kuddelmuddel 500 glückliche Sieger hervor, worunter schon jetzt kaum mehr ein weiblicher Partizipant zu finden ist. Auch die weibliche Unterlegenheit hätte die Produktion bei einem solch physisch dominierten Spiel vorhersehen können. Hat sie aber nicht.
Zumindest zum Ende hin sind jedoch Ansätze einer Dramaturgie zu erkennen, die auch den Rezipienten vor dem heimischen Fernseher dazu animieren, emotional ein wenig mitzugehen - bemerkenswerterweise geschieht dies genau zu dem Zeitpunkt, wo das Feld der potenziellen Gewinner von 100.000 Euro auf fünf zusammengeschrumpft ist. Die beiden Finalspiele sind konzeptionell banal: Im Halbfinale soll ein vorgegebenes Kartenhaus schnellstmöglich 1:1 nachgebaut werden, im Finale ist ein Turm aus Sektgläsern zu bauen, ohne dass ein Glas umstürzt. Gewiss sind dies wenig originelle Ideen, die man sich sofort auch bei «Schlag den Raab» vorstellen könnte. Aber sie funktionieren, weil man sich in die Kandidaten einfühlen kann, man nun endlich nicht mehr ein unübersichtliches Konvulut an Menschen sieht, deren Schicksal bereits wenige Sekunden später nicht mehr nachvollziehbar ist, da die Kamera umschwenkt.
Das Dilemma der Premiere von «1000 - Wer wird die Nummer 1?» ist neben ihrem zu entpersonalisierten Konzept in den ersten zwei Dritteln die Tatsache, dass so gut wie jeder ansatzweise medienerfahrene Mensch bereits während des ersten Spiels ungläubig auf den Fernseher starrt, weil er nicht glauben mag, wie chaotisch es in Szene gesetzt wird. Mit diesem Eindruck schleppt man sich durch weitgehend belanglose Allerweltsspielchen, bis dann am Ende vielleicht ein wenig Freude und (positive) Emotionalität aufkommt. Zudem merkt man allen Beteiligten an, wie kräftezehrend ihre nicht enden wollende Aufzeichnung ist, was dem Spaßfaktor sicherlich auch nicht zuträglich ist. Sollte das ZDF also ernsthaft an einem adäquaten «Wetten, dass..?»-Nachfolger interessiert sein, ist dieses Projekt lieber jetzt als gleich einzustampfen. Doch selbst mit der Zielsetzung, eine solide Show abzuliefern, gibt es noch erheblichen Nachbesserungsbedarf - wenn denn überhaupt die Quoten befriedigend ausfallen sollten.