Weniger Kitsch, noch mehr Romantik: Ein weiteres Mal dürfen die Hauptfiguren von Nicholas Sparks in diesem Jahr auf die Leinwand treten. Mit überraschendem Ergebnis. Filmkritikerin Antje Wessels verrät mehr.
Filme, denen ein Nicholas-Sparks-Roman zugrunde liegt, fällt oft schon automatisch viel Hohn und Spott seitens der weniger romantikaffinen Zuschauer zu. Dies liegt insbesondere an der standardisierten Machart, denn neben der meist einheitlich verlaufenden Liebesgeschichte, in denen sich zwei Menschen zunächst unsterblich ineinander verlieben, um anschließend durch das Schicksal voneinander getrennt zu werden, nur um im Finale durch einen meist äußerst konstruierten Twist wieder zueinander zu finden, ist auch die technische Gestaltung sämtlicher Sparks-Werke ähnlich. «Kein Ort ohne Dich» nimmt sich an dieser Stelle nicht vollständig von diesem Schema aus; gleichsam achtet George Tillman Jr. darauf, die größten Stolperfallen des Kitschfilms zu umgehen. Während die Interaktion des Pärchens stets authentisch ist, ist auch der hier angeführte Konflikt erstmals aus dem Leben gegriffen und wird für das Publikum nachvollziehbar aufbereitet. Während sich sowohl Luke, als auch Sophia mitten in einem Lebensumbruch befinden, wirft das Skript mithilfe der Plotentwicklungen einige interessante Gesellschaftsfragen auf und stellt die Frage, wo gesunder Egoismus aufhört und das Verprellen des eigenen Umfelds beginnt. Dank der nahbaren Figuren, an denen das Publikum alsbald ehrliches Interesse entwickelt, sind diese Fragen nicht bloß heiße Luft, sondern haben auch auf den Zuschauer Auswirkungen, wenn er versucht, eine persönliche Haltung zu den Leinwandgeschehnissen aufzubauen.
Neben dieser gesunden Substanz innerhalb der Story kommen jedoch auch zwei weitere Filmelemente nicht zu kurz. Da ist auf der einen Seite die Selbstverständlichkeit der Romantik. Die ihren Fokus auf die Liebesbeziehung zwischen Luke und Sophia legende Geschichte kommt nie in Gänze ohne romantisierende Faktoren aus. Gleichzeitig nimmt «Kein Ort ohne Dich» vielerorts die Sichtweise der Verliebten ein und blickt für den Zuschauer durch eben jene rosarote Brille, durch die auch das Protagonistenpärchen schaut. Auf der anderen Seite geht Tillman Jr. oft den Weg der Selbstironie und nimmt damit direkten Kurs auf das Komikzentrum des Publikums. All das geschieht wohlweißlich; unfreiwillige Komik ob teils blind-naiver Entscheidungen seitens der Hauptfiguren oder der gestelzt-romantischen Dialoge waren zwar bislang immer Bestandteil sämtlicher Sparks-Werke. Im Falle von «Kein Ort ohne Dich» funktionieren die humoristischen Einschübe hingegen genau so, wie sie es sollen. Und dann wäre da natürlich auch noch der obligatorische Twist. Lange Zeit bleibt im Dunkeln, was die zwei Handlungsstränge der miteinander offenbar verbundenen Liebesgeschichten gemeinsam haben. Zur Aufklärung verlässt sich das Skript von «Kein Ort ohne Dich» diesmal auf eine vorsichtige und subtile Auflösung und vermeidet allzu konstruierte Ideen, wodurch sich die Bodenständigkeit dieses Films noch stärker von den durchkalkulierten Geschichten der Vergangenheit abhebt.
Die beiden Newcomer Britt Robertson («Under the Dome») und Scott Eastwood («Herz aus Stahl») harmonieren von Beginn an hervorragend miteinander und fühlen sich im rau-charmanten Westernfilm-Setting sichtlich wohl. Besonders in den Momenten, in welchen Stimmungssequenzen den ungezwungenen Umgang der beiden sowie das vorsichtige Voranschreiten der Liebe zeigen, gehören zu den charismatischen Highlights von «Kein Ort ohne Dich», der dem Publikum immer wieder das Gefühl gibt, hautnah an der Entstehung einer großen Liebe teilzuhaben. Der ab der zweiten Hälfte parallel dazu erzählte Strang über die Lovestory zwischen Ira und seiner Ruth wirkt dagegen weitaus distanzierter und lässt nur wenig Raum für emotionale Facetten. Die Authentizität kann man jedoch auch diesen Ereignissen nicht absprechen. Dafür harmonieren Oona Chaplin («James Bond 007 – Ein Quantum Trost») als junge, freiheitsliebende Frau und Jack Huston («American Hustle») als sie liebender Ehemann einfach zu sehr. So ist «Kein Ort ohne Dich» über weite Teile zwar immer noch ein typischer Vertreter des verfilmten Liebesromans, doch in diesem Falle setzt man nicht mehr nur auf den billigen Emotionskick, sondern beeindruckt stattdessen durch einen ehrlich Umgang mit den Konsequenzen einer Liebesbeziehung. Ganz so, als wäre dieser Film vor der Fertigstellung „entkitscht“ worden.