In wenigen Wochen stehen die alljährlichen Upfronts an, spätestens dann entscheidet sich das Schicksal vieler US-Serien. Wir zeigen in unserem ausführlichen Season Report vorab, wo es spannend wird und welche Fan-Lieblinge abgesetzt werden könnten.
CBS hat eine gute Season hinter sich. Mit «Scorpion» konnte man einen eigenständigen Drama-Hit etablieren, der kein Spin-Off ist. Ein ebensolches ist «NCIS: New Orleans», das ebenfalls gute Quoten einfährt. Beide Formate wurden bereits verlängert. Gleiches gilt für den Überraschungshit «Madam Secretary». Im Drama-Bereich wird CBS zukünftig auf «The Mentalist» verzichten; die finale Staffel lief in diesem Jahr. Ohne Chance auf Verlängerung ist der Quotenflop «Stalker», es sei denn, die letzten Folgen im Mai trumpfen richtig auf. Starke Quotenverluste von rund einem Drittel musste in diesem Jahr «NCIS: Los Angeles» hinnehmen, dennoch ist man stark genug für eine weitere Staffel. Der Klassiker «NCIS» gehört immer noch zu den erfolgreichsten CBS-Serien und wird mit Sicherheit verlängert. Gleiches gilt für «Criminal Minds» und «Person of Interest». «CSI»-Fans müssen dagegen bangen: Der Neustart «CSI: Cyber» (Foto) konnte wenig überzeugen und wird nach derzeitigem Stand abgesetzt, wobei hier die Quoten der kommenden Wochen entscheidend sein werden. Immerhin machte man eine bessere Figur als das Original «CSI».
Im Comedy-Bereich war CBS weniger erfolgreich. Zwar konnte «Mom» in Staffel zwei stark zulegen, aber der Neustart «The McCarthys» floppte. Außerdem verabschiedete man sich vom Quotenhit der vergangenen Saison, «The Millers», der extrem viele Zuschauer innerhalb kurzer Zeit verlor. Außerdem endete «Two and a Half Men». Die etablierten Formate «The Big Bang Theory», «2 Broke Girls» und «Mike & Molly» zeigten sich sehr beständig und wurden bereits für weitere Staffeln verlängert. Ein finales Urteil steht nur noch über den Freshman «The Odd Couple» (Foto) aus, der derzeit den begehrten Sendeplatz nach «TBBT» innehat. Zwar fährt man dort schlechtere Quoten ein als zuvor «Mom», dennoch waren die Quoten insgesamt zufriedenstellend. Auch werden hier die nächsten Wochen noch entscheidend sein, die Tendenz geht jedoch stark zu einer Verlängerung der Serie. Dies hieße gleichzeitig, dass in der kommenden Season kaum Platz bleibt für neue CBS-Comedys – außer CBS will wieder zusätzliche Sendeplätze für das Genre schaffen.
Die Season von FOX schreibt aber auch eine andere Geschichte – eine, die den Umbruch verdeutlicht: Mit «Empire» (Foto) etablierte man ein Serienphänomen, über das das gesamte Land spricht – und das wohl über Jahre ein Eckpfeiler des Programms sein wird. Die Serie gewann im Laufe ihrer ersten Staffel rund 80 Prozent Zuschauer, das Finale sahen fast 18 Millionen Menschen in Erstausstrahlung. Solche Quoten gab es für eine serielle Erzählung mit fortlaufender Handlung zuletzt bei «Lost» im US-Networkfernsehen. Mit «Gotham» startete FOX außerdem die bis dato erfolgreichste Superhelden-TV-Serie, und die Comedy «The Last Man on Earth» ist ein Kritikerhit mit akzeptablen Quoten. Alle drei erfolgreichen Neustarts wurden bereits verlängert. Die Comedy «The Mindy Project» hat zwar schwache Quoten, wird aber mit ziemlicher Sicherheit in eine (finale) vierte Staffel gehen. Hier greift der Vorteil, die Serie dann in die Syndication schicken zu können.
Im Gegensatz zu allen anderen Networks hat ABC bislang kaum Vollzug bezüglich neuer Staffeln vermeldet. Lediglich «How To Get Away With Murder» (Foto) hat bereits eine definitive Bestellung für ein weiteres Jahr erhalten. Aufgrund der starken Performance in Staffel eins könnte diesmal eine volle Bestellung über 22 Episoden erfolgen – dies war in diesem Jahr aufgrund des Terminkalenders von Hauptdarstellerin Viola Davis nicht möglich. So gut wie sicher werden die großen Drama-Eckpfeiler von ABC verlängert: «Scandal», «Grey's Anatomy» und «Once Upon a Time». «Nashville» erreicht zwar keine guten Quoten, könnte mit Staffel vier aber in die Syndication gehen. Außerdem wird das Format auch von ABC selbst produziert, Marketing-Einnahmen über die Musikverkäufe sind garantiert. Möglicherweise ist Staffel vier von «Nashville» dann gleichzeitig die letzte. Bei den Absetzungen sind die Vorzeichen ähnlich klar: «Revenge», «Forever» und «Resurrection» haben kaum eine Chance, auch die Midseason-Starts «Galavant» und «American Crime» stehen äußerst schlecht da. Letzteres fand zwar immensen Anklang bei Kritikern, angesichts der sehr schwachen Quoten dürfte dieses Argument allein jedoch nicht ausreichen.
Schwieriger vorherzusagen ist das Schicksal der beiden Marvel-Serien, die ebenfalls inhouse produziert werden. «Agents of S.H.I.E.L.D.» verlor in diesem Jahr rund ein Drittel seiner Zuschauer gegenüber der ersten Staffel, dennoch dürften die weiterhin akzeptablen Zielgruppenquoten eine Verlängerung rechtfertigen. ABC will das große Marvel-Serienprojekt nicht schon so früh aufgeben. Eine dritte Staffel würde aufgrund der Syndication-Gegebenheiten quasi gleichzeitig eine vierte Staffel sehr wahrscheinlich machen – insbesondere bei diesem Format, da Marvel als Marke hohe Verwertungsgelder einbringen würde. Fraglich ist nur, ob auch das zweite Marvel-Flaggschiff «Agent Carter» eine zweite Season erhält. Die Chancen stehen hier 50/50, und es kommt wohl auch darauf an, wie viele Piloten ABC im Herbst in Serie schicken will. «Agent Carter» war ein Kritikerhit und hatte eine loyale Zuschauerbasis, allerdings auf niedrigem Niveau. Alles wird wohl davon abhängen, wie ABC mit dem geplanten neuen Marvel-Format verfahren und ob man eventuell zwei der Serien an einem Abend zeigen will: Denn derzeit befindet sich ein Spin-Off von «Agents of S.H.I.E.L.D.» in der Entwicklung. Etwas schlechtere Chancen auf eine Verlängerung als «Agent Carter» hat «Secrets & Lies», das derzeit noch ausgestrahlt wird. Die finalen Wochen werden Aufschluss über eine Verlängerung geben, die derzeit keineswegs ausgeschlossen ist. Zuschauer darf man dann allerdings nicht mehr verlieren. Ziemlich gut sieht es für «Castle» aus, das gegenüber dem Vorjahr nur leicht verlor und beständig über acht Millionen Zuschauer vor den TV-Geräten versammelt. Ähnlich wie bei FOX' «Bones» dürfte eine Verlängerung höchstens an Vertragsverhandlungen mit den Hauptdarstellern scheitern, die derzeit geführt werden.
Diesen Sendeplatz nahm der letztjährige Sommer-Überraschungshit «The Night Shift» ein; Staffel zwei zeigt sich in der Zielgruppe derzeit deutlich erfolgreicher als «State of Affairs». Eine dritte Runde ist realistisch, möglicherweise ebenfalls nur als erneutes Backup oder als Sommer-Ausstrahlung. Spannend wird die Entscheidung zum bereits in Deutschland gestarteten «The Mysteries of Laura» (Foto) mit Debra Messing. Die Serie hat im Laufe ihrer ersten Staffel rund 40 Prozent der Premierenzuschauer verloren – eigentlich ein zu starker Absturz für eine Fortsetzung. Aber zuletzt hat man wieder minimal zulegen können und beweist sich generell auf einem extrem schwierigen Sendeplatz für NBC (mittwochs um 20 Uhr). Die Chancen auf Verlängerung liegen trotz allem niedrig, zumal Kritiker das Format verrissen haben. Für das Historiendrama «A.D. – The Bible Continues» ist eine Prognose zu früh; nach erst einer (sehr erfolgreichen) Episode sollte die weitere Entwicklung abgewartet werden.
Mit männlicheren Serien hat das kleine Network The CW sein Image in der jüngeren Zeit verändert. Erfolgreichste Formate sind die Superhelden-Geschichten um «Arrow» und «The Flash», letztere Serie ist der stärkste Neustart seit Jahren. Beständig erfolgreich ist auch «Supernatural», das kaum Quote gegenüber der vorherigen Season verloren hat. Anders als «The Vampire Diaries», das mehr als ein Viertel an Zuschauern einbüßt und derzeit nur noch Mittelmaß ist, allerdings international erfolgreich. Alle vier Formate wurden bereits verlängert. Gleiches gilt für fast alle anderen CW-Serien: «Reign» zeigt sich in Staffel zwei zwar deutlich schwächer als vor einem Jahr, macht auf schwierigem Sendeplatz aber immer noch eine ordentliche Figur. Wie «Beauty & The Beast» dürfte das Format aber nur noch in der Midseason oder im Sommer eingesetzt werden. «The 100» konnte in Staffel zwei seine Werte halten und hat sich eine dritte Runde verdient. «The Originals» stürzte in diesem Jahr zwar quotenmäßig ab, wurde von CW aber ebenso bereits verlängert. Es ist sogar möglich, dass die Serie eine volle Staffel bekommt, damit man mittelfristig mit einer Syndication-Verwertung planen kann – dies ist im Falle von «The Originals» als direktem Spin-Off von «The Vampire Diaries» lukrativ. Überraschend wurde auch «Jane the Virgin» verlängert, das zwar wenige Zuschauer hatte, aber der größte Kritikerhit für The CW seit Jahren ist. Damit bleibt lediglich ein unklares Serienschicksal: das des kürzlich gestarteten «iZombie» (Foto). Als Lead-Out von «The Flash» ist die Serie eine der erfolgreichsten von CW, dennoch hat das Network einige interessante Piloten (u.a. eine weitere DC-Superhelden-Serie) in Entwicklung und möchte möglicherweise einen freien Sendeplatz mehr als weniger haben. Die restlichen Wochen werden über «iZombie» entscheiden. Die einzige bereits feststehende CW-Absetzung in diesem Jahr ist «Hart of Dixie».