Der neuen VOX-Nachmittagsshow «Mein Kind, dein Kind» ist ein Überraschungs-Coup gelungen. Trotz klassischer Zutaten machte die Premiere Lust auf mehr.
Es war schwer vorherzusehen, wie VOX seinen neuen Nachmittags-Test «Mein Kind, dein Kind – wie erziehst du denn?» inhaltlich genau gestalten würde; vielleicht auch, weil die grobe Formatbeschreibung einigen Raum für Spekulationen offen ließ. Wird sie krawallig? Lächerlich? Halb-gescripted? In dem jeweils einstündigen Format lernen sich zwei Erziehungsberechtigte kennen; in der Premiere waren dies die natürlich grundverschiedenen Bettina und Claudia. Claudia ist Mama von vier Kids, unter anderem vom 12-jährigen Fabian, den man schon in den ersten Minuten beim selbstständigen Reinigen des Badezimmers beobachten kann. Nein, die strenge Mama sei Claudia nicht, erzählt sie – vielmehr solle es ihrem Kind gut gehen. Der Junge selbst gilt mit einem IQ von mehr als 130 als hoch begabt, besucht aber dennoch „nur“ eine Realschule. Zu viel Schulstress soll schließlich nicht sein.
Natürlich dürfen sich Claudia und Bettina im Verlauf der Episode noch so richtig in die Haare kriegen, weil die den Laissez fair-Stil ausübende Mama mit den harten Methoden ihrer Mitstreiterin sogar nicht klarkommt und das auch nicht verschweigt. Die eigentlichen Stars der Produktion sind aber ganz normale Zuschauer, die die Produktionsfirma beim Ansehen des gedrehten Materials gefilmt hat. Sie sollen einen Durchschnitt der Gesellschaft darstellen: Jung und Alt sind genauso vertreten wie Muslime oder eine Mutter-Sohn-WG. Die bissigen Kommentare der Beobachter, pfiffig und schnell reingeschnitten, sind das wahre Salz in der Suppe – und sie erleichtern es dem am Nachmittag gestressten Zuschauer, selbst genau mitzudenken.
VOX hat damit die Idee der bisher vor allem in gescripteten Formaten gezeigten Blue-Screen-Einspieler weiterentwickelt. Das Zuschauerpanel taucht häufiger, dafür jeweils viel kürzer auf – und bietet echten Mehrwert. Entsprechend wäre es überhaupt nicht verwunderlich, wenn das erstmals vor einigen Monaten in der RTL-Sendung «Sofa Stars» getestete Prinzip bald in weiteren Shows zum Tragen käme. Übrigens: Ganz neu ist diese Idee nicht, nur besser umgesetzt. RTL II hatte Ende 2014 im Testlauf «Let’s Talk About» Z-Promis gebeten, geschriebene Geschichten zu bewerten. Das Zusammenspiel war damals bei Weitem aber nicht so gut wie nun.