Die Kino-Kritiker: «Traumfrauen»

Die Autorin von «KeinOhrHasen» und «ZweiOhrKüken» schickt in ihrer ersten Regiearbeit ein deutsches Star-Ensemble durch die Irrungen und Wirrungen der Liebe.

Filmfacts: «Traumfrauen»

  • Kinostart: 19. Februar 2015
  • Genre: Komödie
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 109 Min.
  • Kamera: Andreas Berger
  • Buch und Regie: Anika Decker
  • Darsteller: Hannah Herzsprung, Palina Rojinski, Karoline Herfurth, Iris Berben, Elyas M'Barek, Frederick Lau, Doron Amit
  • OT: Traumfrauen (D 2015)
Vor acht Jahren schrieb Anika Decker das Drehbuch zu der Komödie des Jahres und setzte «KeinOhrHasen» zwei Jahre später mit «ZweiOhrKüken» fort. Nun hat sich die bislang ausschließlich als Autorin fungierende Geschichtenerzählerin erstmals selbst auf den Regiestuhl gewagt, um ihr Skript zur Romantic Comedy «Traumfrauen» fast im Alleingang auf die Leinwand zu bringen. Dass sie sich bei der Inszenierung ihres hochkarätig besetzten Ensemblestücks überdeutlich an den Erfolgsmechanismen aktueller, deutscher Kassenschlager orientiert, wird dabei noch nicht einmal zu einer solch großen Qual, dass man das Gelegenheitspublikum damit verschreckt. Zwar werden auf Teufel komm‘ raus diverse Radio-Ohrwürmer verbraten und auch das Product Placemant für eine berühmte Burgerkette sowie den Mobilgiganten Apple läuft auf Hochtouren, doch mit Ausnahme von Cineasten, die im Angesicht von «Traumfrauen» schon aus Prinzip die Hände über dem Kopf zusammenschlagen werden, darf der Deutschkomödien-Liebhaber durchaus aufhorchen. Wenngleich Decker vermutlich kein ähnlich großer Kulthit gelungen ist, wie es beispielsweise den eingangs erwähnten Schweiger-Filmen gelang, so macht die Regiedebütantin ihre Sache wahrlich nicht schlecht. Ihr visuell unauffälliger Film zeichnet das weibliche Gefühlsleben liebevoll nach, um den von Liebeskummer gebeutelten Frauen dieser Welt einen Streifen zu präsentieren, der sie für einen Moment daran erinnert, dass das Leben für jede von ihnen ein Happy End bereithält. Somit erhält «Traumfrauen» schon von vornherein eine zuckersüße Daseinsberechtigung, die dem Film über viele dramaturgische Schwächen hinweghilft.

Von Kindsbeinen an sind die Schwestern Leni (Hannah Herzsprung) und Hannah (Karoline Herfurth) unzertrennlich. Kein Wunder also, dass sich die zwei auch beim so schwierigen Thema „Männer“ immer auf die andere verlassen können. Zusammen mit ihrer flippigen Mitbewohnerin Vivienne (Palina Rojinski) durchleben die Mädels einen romantischen Fehlschlag nach dem anderen, doch gemeinsam mit ihrer durch Scheidung ebenfalls vom Schicksal gebeutelten Mutter Margaux (Iris Berben) beschließen sie, dem leidigen Liebeskummer ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Doch das ist gar nicht so einfach: Während die naive Anwältin Hannah nicht verstehen will, dass der Arbeitskollege, dem sie regelmäßig einen bläst, alles andere als Sesshaftigkeit im Sinn hat, verliebt sich Szenecafé-Besitzerin Leni gleich in zwei Männer auf einmal; darunter in einen angesagten Megastar. Margaux kämpft derweil mit dem Gedanken daran, dass ihr Ex-Mann sie vor knapp einem Jahr für eine Jüngere verließ. Und Vivi? Die hält nichts vom harmonischen Spießerleben, bis sie Hundebesitzer Peter (Frederic Lau) kennenlernt, der ihr Leben von jetzt auf gleich völlig auf den Kopf stellt.

So kitschig es auch klingen mag: Es gibt Filme, die sich darauf konzentrieren dürfen, in den entscheidenden Momenten einzig und allein die Lovestory-Karte zu spielen. Im Volksmund nennt man diese Erzählform Märchen und als ein solches funktioniert «Traumfrauen» überraschend gut. Dass sich die bisweilen arg vom Kitsch in Beschlag genommene Story aber auch auf die Nachteile einer solchen Telenovela-Erzählung verlässt, wird bereits bei der Figurenzeichnung ersichtlich, die sich darauf beschränkt, lediglich mehrere grundverschiedene Typen zu formen. Obwohl der Cast das Beste aus dieser Eindimensionalität herauszukitzeln versucht, bleiben die vermeintlichen Charakterzüge lediglich Mittel zum Selbstzweck, um punktuell aus den Gegensätzen der Figuren Konfliktpotenzial zu schöpfen. Doch Anika Decker weiß diesen dramaturgischen Mangel mit ihrer strikten Konzentration auf eine recht oberflächliche Erzählweise auszugleichen und betont mit Nachdruck den Sinn und Zweck ihres Werkes. Wenn etwa im Klischee-Finale schließlich jede Frau ihren Mr. Right gefunden hat, beweist die Folgeszene Deckers Bewusstmachen über die zuckrige Fassade und setzt augenzwinkernd einen in pinkfarbenen Lettern an einem Hochhaus angebrachten „Happy End“-Schriftzug in Szene. Kitsch ja, aber nicht ohne Ironie! Decker, die in «Traumfrauen» als Regisseurin und Autorin in Personalunion fungiert, ist sich der Stärken ihres Films so bewusst, dass auf jedes Lowlight ein humoristisches Highlight folgt, das gerade aufgrund dieser unterwandernden Kalkulation ehrlicher daherkommt, als manch andere Durchschnitts-RomCom.

Dabei kümmert sich die Filmemacherin nicht um vermeintlich widersinnige Handlungen ihrer Figuren, nimmt sie jedoch so liebevoll an die Hand, dass auch jedweder Logik widersprechende Taten nicht dazu auffordern, das Publikum über die Charaktere lachen zu lassen. Wenngleich der Traummann entweder Superstar, hundeliebender Nudeldesigner oder vom Schicksal gebeutelter Schauspieler ist – und das Idealbild eines Mr. Right somit überdeutlich erfüllt – haben die Damen alles andere zu tun, als die Kerle mit Nachdruck anzuhimmeln. Die Ladys sind damit nicht mehr nur Staffage, sondern haben trotz all der Liebeswirren immer noch ihren eigenen Stolz, sodass Decker spätestens dann den abgebrühtesten Feministinnen den Wind aus den Segeln nimmt, wenn die zierliche Karoline Herfurth ihrem arroganten Chef die Leviten liest. Das alles ist somit zwar immer noch kein auszeichnungswürdiger Dramastoff, offenbart im Kern aber viel mehr Potenzial, als man es «Traumfrauen» ob der nur allzu beliebigen PR-Arbeit zugetraut hätte. Schließlich kündigen diverse Trailer und Plakate doch nicht mehr als eine Durchschnitts-Komödie an, in welcher sich wieder einmal alles um fehlgeleitete, zwischengeschlechtliche Kommunikation dreht. Auch davon möchte die Verfasserin dieser Zeilen den Film nicht vollends lossprechen – schlussendlich bleibt «Traumfrauen» eine gute Durchschnitts-RomCom, doch Anika Deckers Verständnis des Genres lässt gewitzte Ansätze durchscheinen, die ihren Film zu einem der intelligenteren Sorte machen. Da können auch manch fehlgeschlagene Dialoge nichts dran ändern.

Trotzdem verlässt sich die Filmemacherin aus dramaturgischer Sicht manchmal zu sehr auf die Dynamik innerhalb des Casts und vergisst dabei, dass auch eine gewisser Schwung in der Erzählung nicht schaden kann, eine Story am Leben zu erhalten. Für eine reine Sketchparade ist «Traumfrauen» nicht flott genug, als eigens funktionierende Geschichte plätschert der Plot insgesamt ein wenig zu belanglos dahin. So müssen es in den entscheidenden Momenten die sympathischen Ideen diverser Beteiligten richten, denn auf jedes Gähnen folgt alsbald eine schmissige Pointe, in welcher der Humor der «KeinOhrHasen»-Schreiberin überdeutlich durchblitzt. Auch ihr Ensemble hat sie gut im Griff: Neben der Mann-Frau-Paarungen überzeugt vor allem das Dreiergespann aus Karoline Herfurth («Fack ju Göhte»), Hannah Herzsprung («Who Am I – Kein System ist sicher») und einer sich als sehr angenehm erweisenden Palina Rojinski («Circus Halligalli»). Der heimliche Star ist jedoch Grande Dame Iris Berben («Miss Sixty»), die sichtbar Spaß daran hat, einmal aus ihren gängigen Rollenschemata auszubrechen. Auch eine Handvoll gewitzter Cameos animiert zum Schmunzeln, die wir der Überraschung halber an dieser Stelle jedoch nicht verraten möchten.

Fazit: Auch wenn «Traumfrauen» eine leichte Liebeskomödie ohne viel Anspruch ist und für Liebhaber des intellektuellen Kinos zwangsläufig kaum Überraschungen bereithält, könnte sich der Streifen zum besten Freund für all jene Damen entwickeln, die selbst gerade mit Liebeskummer zu kämpfen haben.

«Traumfrauen» ist ab dem 19. Februar bundesweit in den Kinos zu sehen.
17.02.2015 22:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/76405