Sonntagsfragen an Michel Friedman

Sonntag für Sonntag stellen wir nun Fragen an Bekannte Gesichter der Fernsehlandschaft. Anlässlich des Free-TV-Comebacks von Michel Friedman wird uns der ehemalige Vizepräsident des Zentralrats für Juden Antworten auf zahlreiche Fragen geben.



Sie haben sich im vergangenen Jahr auf der Pressekonferenz, auf der Sie auch von allen Ihren öffentlichen Ämtern zurückgetreten sind, bei vielen Menschen entschuldigt. Woher haben Sie damals die Kraft genommen, diesen Schritt zu gehen. Ich stelle mir das wahnsinnig schwierig vor.

Die Kraft ist aus der Liebe, die mir geschenkt wurde – auch in der schwersten Zeit -gekommen, aber andererseits auch aus der Erkenntnis, dass das wertvolle Gut von Glaubwürdigkeit voraussetzt, dass, wenn man ein Fehlverhalten an den Tag legt, dieses auch ohne „Wenn“ und „Aber“ und vor allem ohne sich selbst zu schonen, man dadurch wieder erwirbt, indem man den Menschen einerseits sagt: „Ja, es war ein Fehler“, und es andererseits nicht nur beim Sagen belässt, sondern auch Konsequenzen daraus zieht. Und die größte Konsequenz, die ich ziehen konnte, war die, ein Stück meines Lebenswerkes zurückzugeben und wieder von Null zu beginnen.



Haben Sie direkt danach daran geglaubt, dass Sie es wieder in einer solchen Form – nämlich als Moderator einer Fernsehsendung – ins TV zurückschaffen werden?

In den ersten Wochen und Monaten musste ich mich darauf konzentrieren, mit mir selbst und vor allem mit den Menschen, die mir nah waren, ins Reine zu kommen. Nach dem dies geschehen ist habe ich die Hoffnung gehabt, dass ich in meinem Beruf – und es ist meine große Leidenschaft Journalismus zu machen – wieder eine Chance bekomme.



Was hat sich seitdem bei Ihnen verändert? Versuchen Sie zum Beispiel gewissen Dingen mit einer anderen Einstellung zu begegnen?

Wenn es um die politischen Inhalte geht, glaube ich, dass wir einen harten Journalismus brauchen. Politiker suchen in den Medien gnadenlos eine Plattform um ihre Aussagen loszuwerden – das ist übrigens legitim! Aber ebenso legitim und notwendig ist es dann in einer Demokratie, dass sie genauso gnadenlos von den Journalisten überprüft werden, ob sie das was sie sagen, auch tun.



Sie polarisieren sehr stark. Es gibt immer wieder Menschen, die Sie wegen Ihrer Gesprächsführung angreifen und sagen: „Herr Friedman hat niemanden anzugreifen.“ Wie gehen Sie damit um und sehen Sie es genauso, dass Sie Politiker in Ihrer Sendung „angreifen“?

Ich glaube nicht, dass ich Politiker angreife. Ich glaube, dass ich Politiker ernst nehme, indem ich ihnen zuhöre und überprüfen möchte, ob das, was sie sagen, auch Bestand hat. Für mich sind die besten Gäste die, die das Publikum verzaubern. Verzaubern kann man das Publikum, indem man ehrlich ist. Und dort, wo das nicht der Fall ist, ist es nach meinem Verständnis meine Aufgabe, nachzufragen. Das ist nicht immer angenehm. Aber der Beruf des Journalismus ist auch nicht einer, der angenehm sein soll. Natürlich ist es mir bewusst, dass das polarisiert. Aber wir haben in unserer Fernsehlandschaft einen wunderbaren Regenbogen von politischen Fernsehsendungen, die alle ihre Berechtigung haben, die alle richtig und wichtig sind und ich bin eine weitere Farbe in diesem Regenbogen.



Nächsten Sonntag folgt der zweite Teil unseres Gespräches. Michel Friedman wird dann unter anderem Stellung dazunehmen, wie er den Wahlerfolg Rechtsradikaler Parteien im Osten interpretiert.
24.10.2004 08:46 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/7565