Keine wirklichen Skandale, keine neuen Geschichten und schon gar keine gute Musik - der Auftakt in die zwölfte Staffel der Casting-Show führte dem Publikum deutlich vor Augen, wie abgestanden und überraschungsarm das Format inzwischen ist.
Dieter Bohlen ist der größte Musiker Deutschlands. Er spricht Klartext und sagt immer das, was alle vor dem Fernseher denken. Das jedenfalls behauptet RTL beim Einstieg in die zwölfte Staffel von «Deutschland sucht den Superstar», die zumindest insofern ein Unikat in der Geschichte des Formats darstellen wird, dass sie bis zum Finale gänzlich ohne Live-Shows auskommen wird. Nach üppigen zehn Casting-Ausgaben und dem in diesem Jahr in Thailand beheimateten Auslandsrecall wird man stattdessen auf Deutschland-Tour gehen - immerhin eine Tournee-Erfahrung also für die zehn besten (oder formatkompatibelsten) Teilnehmer dieser Staffel also, ist man geneigt zu sagen. Der Start ins Jahr 2015 offenbarte allerdings deutlich, wie festgefahren der einstige Straßenfeger 13 Jahre nach seiner Erstausstrahlung ist.
Gesanglich gräbt sich «DSDS» natürlich auch in diesem Jahr bis ins tiefe Erdreich vor, das von «The Voice» nicht einmal angetastet wird. Bei diesen Performances dokumentiert die Kamera genüsslich die sich in alle Himmelsrichtungen verziehenden Gesichter der Jury, wobei sich auch hier Bohlens Mimik am variabelsten präsentiert. Große Stimmen sind auch diesmal wieder Mangelware, sodass man eben schon besseres Mittelmaß für überschwängliche Begeisterung nutzt oder alternativ über Patzer hinwegsieht. Immerhin ist ja das Steigerungspotenzial umso größer, je mehr Töne eben nicht getroffen werden. Und ohnehin hat ja bereits der große Musik-Philosoph Kay One in der vergangenen Staffel darauf hingewiesen, dass es neben einer guten Stimme auch noch ganz andere schlagkräftige Argumente für ein zumindest so mittel erfolgreiches Dasein in der Musikbranche gibt. Sowas wie Persönlichkeit eben, gutes Aussehen oder einen hohen Unterhaltungswert - irgendwas halt.
Der 22-jährige Mustafa Papeoglou versucht die Jury mit seiner Performance von Michael Bubles "Feeling Good" zu überzeugen.
Alles in allem ist der Auftakt in die neueste Staffel allerdings arg unspektakulär gehalten. Von reißerischen Zeitlupen, pöbelnden Rappern in der Jury, Fickfröschen oder der übertriebenen Inszenierung jeder dritten Bewegung im Studio haben sich die Macher verabschiedet, sodass sich «Deutschland sucht den Superstar» inzwischen wieder angenehmer und ohne allzu große Fremdscham konsumieren lässt. Von dem in den ersten Staffeln zumindest noch partiell vorhandenen musikalischen Niveau ist jedoch nach wie vor kaum etwas vorhanden, auch charismatische Fachleute wie Heinz Henn, "Bär" Läsker oder Anja Lukaseder, die wirklich noch gehaltvolle Urteile zu den Performances abgaben, sucht man längst vergebens. Bohlen ist wieder etwas zahmer geworden, scheint inzwischen allerdings auch sein umfangreiches Sprücheklopfer-Handbuch weitgehend abgearbeitet zu haben. Und so bietet die Show unterm Strich kaum mehr etwas, das es nicht bereits in den vergangenen Jahren gab. Man ist längst festgefahren, scheut in Panik vor einem Quoten-Erdrutsch jede Innovation und liefert nur noch Dienst nach Vorschrift - so lange die Quoten im grünen Bereich liegen, dürften die Programmverantwortlichen damit ganz gut leben können.