Auch in diesem Jahr dürfte Jennifer Lawrence einmal mehr im Rennen um den Oscar mitmischen. Dem Shootingstar wurde die Hauptrolle in «Serena» wie auf den Leib geschrieben. Doch obwohl Lawrence in diesem Film wohl ihre bislang beste Leistung abliefert, könnte es für der Film selbst schwer werden.
Bier lässt in ihrem Filmprojekt nicht bloß auf Seiten der Figuren immer wieder Gegensätze aufeinanderprallen. Wenngleich «Serena» weit davon entfernt ist, dem Zuschauer so etwas wie Effektkino zu liefern, gehört ausgerechnet die optische Gestaltung und das spektakuläre Szenenbild zu den wohl größten Vorzügen des Dramas. Schon Bestsellerautor Ron Rash, der die gleichnamige Buchvorlage zu «Serena» lieferte, legt in seinem Roman großen Wert auf die Beschreibung der Stimmung, deren wabernde Bedrohlichkeit vor der Kamera besonders gut zur Geltung kommt. Gedreht wurde zwar zu Großteilen in den Wäldern von Prag, doch aufgrund der recht beschränkten Kulisse eines waldumsäumten Holzfällerdorfes büßt «Serena» zu keinem Zeitpunkt an Authentizität ein. Morten Søborg, Stammkameramann von Susanne Bier, bewies schon in dem auf Handlungsebene wenig auffälligen Found-Footage-Horrorfilm «Chernobyl Diaries», mit welchem Fingerspitzengefühl er in der Lage ist, Schwachstellen im Storytelling mit dem richtigen Blick für das Schaffen visueller Atmosphäre auszugleichen. So auch diesmal. Während dunkle Blau- und Grüntöne umgebungsbedingt ein Bild dominieren, das einzig von den hellhäutigen Charakteren immer mal wieder durchbrochen wird, sorgen außergewöhnlich starke Kontraste dafür, dass sich die Umgebung von den Figuren und diese von sich selbst abgrenzen. Ein cleverer Kniff, wenn man bedenkt, dass sich dieser Aspekt auch in der Geschichte wiederspiegelt, in welcher sich die Figuren zwar umtänzeln, jedoch nie auch nur ansatzweise zusammenfinden.
Dem steht mit der Rolle des George Pemberton, nicht minder eindringlich von Bradley Cooper verkörpert, eine ebenso paradoxe Figur gegenüber, auf der zwar nicht solch ein Fokus liegt, wie ihn Serena vorweisen kann. Gleichzeitig hat George das Maß an Ausstrahlung, um seiner Angetrauten die Paroli zu bieten, die es braucht, um neben seiner enorm charismatischen Ehefrau nicht unterzugehen. Die hochemotionalen Rededuelle, die sich das Paar immer wieder liefert, wandeln stetig auf dem schmalen Grad zwischen Verführung und Provokation, was die Spannung konstant auf einem hohen Niveau hält. Gleichzeitig ist «Serena» kein Ereigniskino. So wird es dem Drehbuchautor Christopher Kyle («Alexander») durchaus mehrmals zum Verhängnis, dass sich sein Vertrauen in die Geschichte hauptsächlich auf die, zugegebenermaßen äußerst intensiven Dialoge beschränkt. Abgesehen von Serena und George erhalten sämtliche Nebenfiguren allenfalls die Umrisse eines Profils. Darüber hinaus schreitet der Plot nur äußerst gemächlich voran, was insbesondere in der ersten Hälfte ordentlich Sitzfleisch fordert. Die Einführung in die Geschehnisse wird den kommenden Verwicklungen schlicht nicht gerecht und lässt große Erwartungen zu, die so in der Form nicht erfüllt werden. Dafür weiß die zweite Hälfte umso stärker zu überzeugen. Ana Ularu («Die Borgias») mimt mit stoischer Verdrossenheit die Verflossene Georges, die wie das fleischgewordene schlechte Gewissen im Holzfällercamp herumschleicht. Sie ist es, die es soweit kommen lässt, dass sich die Begebenheiten schließlich überschlagen, was «Serena» in einen packenden, zum eigentlichen Tonfall des Films jedoch nicht recht passenden Schlussakt münden lässt.
Wenngleich Susanne Bier mit «Serena» eine absolut runde Geschichte erzählt, bleibt jedoch die Frage nach der Moral. Der Film legt die Fakten von Anfang an offen und hantiert nicht etwa unangenehm mit vermeintlichen Plottwists. Gleichzeitig lässt das Drama eine gewisse Form des Zugangs vermissen. Den beiden Hauptfiguren zuzusehen, hat einen makaberen Unterhaltungswert. Auch die Symbiose aus Beziehungsdrama und Wirtschaftskrimi, rund um Vertrauen, Verrat und Vergeltung, versprüht einen gewissen Reiz. Doch weder die Handlungen von Serena, noch von George Pemberton sind vollends nachzuvollziehen. So bleibt man als Zuschauer schlussendlich kaum berührt von den eigentlich so tragischen Ereignissen.