Ein süddeutsches Duell der besonderen Art

Im zweiten Fall der verschrobenen Ermittler von «München Mord», „Die Hölle bin ich“, wird der alte Konflikt zwischen Bayern und Schwaben neu aufgelegt.

Cast & Crew

  • Regisseur: Michael Gutmann
  • Autoren: Alexander Adolph, Eva Wehrum
  • Darsteller: Bernadette Heerwagen (als Angelika Flierl), Marcus Mittermeier (als Harald Neuhauser), Alexander Held (als Ludwig Schaller), Maximilian Brückner (als Janosch Amsel), Christoph Süß (als Helmut Zangel), Jörg Hartmann (als Johannes Dengler), Nicole Marischka (als Lydia Dengler) u. a.
  • Kameramann: Jan Fehse
  • Komponist: Stephan Massimo
  • Cutter: Max Fey
In der realen Gegenwart fürchten Immobilienmarkler hierzulande nichts mehr, als die drohende Einführung des Bestellerprinzips – diese Ängste muss die Vertreterin eben jener Branche, die im Mittelpunkt von «München Mord – Die Hölle bin ich» steht, nicht mehr aushalten, fällt sie doch gleich zu Beginn des Streifens einem Auftragsmörder zum Opfer. Dessen Tat weckt, nachdem die Leiche der jungen Frau zwei Wochen unentdeckt im Wohnzimmer lag, nicht nur das Interesse des Ermittlertrios Flierl, Neuhauser und Schaller, sondern ruft auch den unlängst aus der Haft entlassenen Bruder der Ermorderten auf den Plan. Er beschließt, seine Schwester selbst zu rächen und verkompliziert damit die Polizeiarbeit, die sich schnell auf einen engen Personenkreis konzentriert, deutlich. Im Mittelpunkt steht dabei ein aus Schwaben eingewandertes Ehepaar, das offenbar nicht nur versucht, seine Herkunft zu vertuschen.

Dem Film selbst liegt nichts ferner, als Vertuschung zu betreiben. Regisseur Michael Gutmann wurde mit dem interessanten Buch von Alexander Adolph und Eva Wehrum die Möglichkeit geboten, einen ansprechenden Krimi zu inszenieren, der im Vergleich zur Premiere deutlich an Tempo zulegt. Dass der vorangegangene und gleichzeitig erste Film der Reihe diesbezüglich weniger zu bieten hatte, war natürlich auch seinem einführenden Charakter geschuldet; dennoch ist im Besonderen hervorzuheben, dass «München Mord» nicht auf den Gedanken kommt, als neues Format im Programm zunächst auf gemächlich-etablierte Unterhaltung zu setzen, um sich eine Tür ins Gedächtnis des Durchschnittszuschauers zu öffnen. Stattdessen bricht die Serie durch die tragenden Wände des herkömmlichen ZDF-Krimis, mitten hinein ins Wohnzimmer der Fernsehenden.

Waren die ersten neunzig Minuten in der Welt des verschrobenen Ermittlertrios noch zu sehr vom Wunsch beseelt, Großes zu schaffen, erkennt man nun, dass «München Mord» den Blick auf das unmittelbare Potential der eigenen Figuren in der Kulisse der bayerischen Landeshauptstadt fokussiert hat. Diese Erdung des eigenen Anspruchs, der zuvor von Erwartungen, die ein Samstagabendkrimi nicht erfüllen kann, in unerreichbare Sphären gehoben worden war, tut der Erzählung unzweifelhaft gut. «München Mord – Die Hölle bin ich» greift nicht nach den Sternen, füllt seinen eigenen Kosmos im Chaos Münchens aber voll aus.

Das bedeutet dabei keinesfalls, dass die Handlung sich auf die niederen Ebenen der vollkommenen Logik herablässt und sich als «Tatort»-Klon versucht. Die Surrealität der drei Hauptdarsteller käme in einer solchen Filmwelt gar nicht zur Geltung; die Ermittler würden viel zu sehr als Fremdkörper erscheinen. So fügen sich sowohl Jörg Hartmann und Nicole Marischka als zugezogenes, schwäbisches Ehepaar mit Hang zu erstaunlichem Dialektverständnis und seltsamen Verdienstmethoden als auch Christoph Süß in seiner Rolle als Polizeichef Helmut Zangel nahtlos ins Gesamtbild ein. Dass der Film die Grenze zwischen Ernst und Absurdität munter überschreitet, wirkt auf das Publikum mit großer Intensivität.

Gekonnter noch als im ersten Film, dessen Potential vor allem auf dem Talent von Bernadette Heerwagen, Marcus Mittermeier und insbesondere Alexander Held als Ludwig Schaler fußte, weiß der zweite Streifen der Serie die für den gesamten Stoff zentralen Eigenheiten der Figuren mit der Handlung zu verweben. Polizist Neuhauser im Schockzustand, unfähig, aus dem Auto auszusteigen oder die Naivität seiner Kollegin Flierl, die, mit negativen Resultaten, scheinbar selbst ihre menschlichen Urinstinkte auszuschalten weiß, lassen den Zuschauer zwischen Lachen, Weinen und Zweifeln zurück. Nicht unerwähnt bleiben darf auch die Leistung von Maximilian Brückner, der als Bruder des Opfers, trotz vordergründiger Gewalttaten, die Zwiespältigkeit seiner Figur herausschält. So präsentiert sich «München Mord – Die Hölle bin ich» als rundum gelungene Samstagabendunterhaltung, die auf eine gelungene Fortschreibung der Serie hoffen lässt.

Das ZDF zeigt «München Mord – Die Hölle bin ich» am Samstag, den 29. November 2014, um 20.15 Uhr. Der Film wurde zuvor auf ZDFneo gezeigt.
28.11.2014 11:30 Uhr  •  Kevin Kyburz Kurz-URL: qmde.de/74764