Cinema Kurioso – Schaurig-schöne Filmtipps

Für Horrorfans, Freunde des verschrobenen Filmgenusses und all jene, die was wagen wollen: Quotenmeter.de präsentiert anlässlich des nahenden Halloweenfestes aktuelle Filme der außergewöhnlichen Art!

Themenwoche Halloween

Zwischen dem 27. und 31. Oktober dreht sich bei Quotenmeter alles um Halloween. Dass die Feierlichkeit aus den USA längst in Deutschland angekommen ist, zeigt sich nicht nur an Kürbissen vor Haustüren. Auch die Medienlandschaft ist von Halloween betroffen. Am Montag dreht sich in Popcorn & Rollenwechsel alles um Ausflüge bekannter Regisseure ins Horrorgenre. Am Dienstag lesen Sie ein Interview mit der «Walking Dead» Produzentin Gale Ann Hurd. Bereits am Mittwoch präsentiert fernsehplan.de die TV-Tipps zu Halloween. Der Donnerstag wartet mit 5 Geheimtipps des Horrorgenres auf. Den Abschluss bietet der Freitag mit den zehn besten Halloweenepisoden verschiedener Serien. Und wem jetzt noch der passende Film fehlt, der kann sein Glück bei unserer Halloween-Verlosung ab dem 31.10. versuchen!
Literweise Blut. Nackte Haut. Verquere Moralvorstellungen. Das Genrekino hat dem geneigten Filmliebhaber allerhand zu bieten, das es so im Mainstreamkino selten oder gar nicht zu sehen gibt. Was meistens nur in einer passionierten Nische stattfindet, erlebt nicht zuletzt dank Halloween im Jahrestakt eine kleine Blütezeit. Anders gesagt: In den Herbstmonaten entdecken auch Gelegenheitszuschauer den Horrorfilm und bizarr-morbide Produktionen für sich. Quotenmeter.de stellt daher für alle Neugierigen sechs unkonventionelle Filmtipps vor. Vom absurden Slasher mit Hintersinn zum beklemmenden Psychothriller!

Für Wagemutige: «Gefällt mir»
Waschechtes, kompromissloses Genrekino aus deutschen Landen: Im ländlichen Heide treibt ein maskierter Killer sein Unwesen, der seine Opfer übers Internet ausspioniert und sie dann in ihrem schwächstem Moment tötet. Daraufhin entstellt er ihre Leichen und teilt die Fotos seiner Tat bei Facebook. In den Medien entbrennt eine hitzige Debatte darüber, wie man dem Serienmörder auf die Schliche kommen kann und ob es lobenswert ist, wenn Psychologen versuchen, dessen Motive zu ergründen – oder ob dies verschenkte Liebesmüh ist. Für die rebellische Kampfsportlerin Natascha (Isabella Vinet), die schon lange kritisch mit den modernen Kommunikationswegen umgeht, gibt es auf diese Diskussion nur eine geltende Antwort: Wichtig ist einzig und allein, den Killer zur Strecke zu bringen. Notfalls in Form von Selbstjustiz. Dafür schließt sie sich mit dem jungen Polizisten Axel (Tobias Schenke) zusammen. Es dauert nicht lang, bis es sich der sogenannte Fleischer daher zur Aufgabe macht, Natascha das Leben zur Hölle zu machen …

Regienachwuchs Michael David Pate drehte diesen politisch motivierten Horrorstreifen völlig ohne Fördergelder, um sich komplette kreative Freiheit zu sichern. Und das merkt man diesem irrsinnigen B-Movie von der ersten bis zur letzten Sekunde an. «Gefällt mir» ist in vollem Umfang absonderlich und wunderbar undeutsch. Da reihen sich brutale Morde und zynische Folterfantasien an hintersinnige Medienkritik und ambivalente Statements zur Selbstjustiz. Aufgemischt wird dieses ambitionierte, trashige Genretrip, der mit jedem neuen Akt überdrehtere Formen annimmt, durch Selbstironie, Horrorreferenzen und ein toll aufgelegtes, spaßiges Ensemble voller Synchronlegenden. Kohärent ist hier allein die Liebe, mit der die Filmemacher diese durchgeknallte, harte Produktion auf die Leinwand bringen. Sonst gilt: Alles ist möglich! «Gefällt mir» ist schlichtweg herrlich derbe Kost für Genießer des freakigen Kinos irgendwo zwischen unerwartet clever und überwältigend einfallsreich.
«Gefällt mir» ist derzeit in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

Für Freunde des rabenschwarzen Humors: «13 Sins»
Wie weit würdest du gehen, wenn dir in einer finanziellen Notsituation dringend benötigtes Geld angeboten wird? Würdest du für Tausend Dollar eine Fliege töten? Für ein paar Scheinchen mehr diese Fliege essen? Würdest du für einen weiteren Bonus ein Kind auf einem öffentlichen Spielplatz zum Heulen bringen? Oder die Krippe in einer Kirche anzünden? Im bitterbösen, süffisant spaßigen Horrorthriller «13 Sins» stellen sich exakt diese Fragen dem liebenswerten, aufrichtigen Loser Elliot (Mark Webber), der ausgerechnet kurz vor seiner Hochzeit seinen Job verliert. Zudem muss er voraussichtlich die Pflege seines geistig behinderten Bruders (Devon Graye) sowie seines grantigen, körperlich schwachen Vaters (Tom Bower) in die eigene Hand nehmen – viel Verantwortung, die auf seinen mickrigen Schultern lastet. Als Elliot völlig verzweifelt sein Leben überdenkt, erhält er einen mysteriösen Anruf. Ein Mann sagt ihm, dass er für eine besondere Prüfung auserwählt wurde: Wenn er 13 Aufgaben innerhalb bestimmter Zeitfenster absolviert, erhält er eine sprichwörtliche Wagenladung Geld.

Dass die Regiearbeit des aus Hamburg stammenden Daniel Stamm ihre Hauptfigur über kurz oder lang über den Rand der Legalität manövriert, dürfte wohl niemanden überraschen. Dass «13 Sins» dennoch einige clevere Twists aufzuweisen hat, und Mark Webber grandios darin ist, einen Pechvogel zu spielen, der sein Saubermannimage aus Verzweiflung selber demontiert, macht diese Jason-Blum-Produktion zu einem sehenswerten Mix aus fieser Komödie und leichtgängigem Horror. Kurzum: Spannung und Lacher sind bei dieser erfrischenden Kleinproduktion mit Gaststar Ron Perlman («Hellboy») garantiert.
«13 Sins» ist bereits auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Für den nachdenklichen Genrekenner: «Under the Skin»
Jonathan Glazer ist wahrlich kein Schnellfilmer: Innerhalb von 13 Jahren brachte er nur drei Filme in die Kinos. Was Glazer quantitativ fehlt, macht er dafür qualitativ wett. Schon die Thrillerkomödie «Sexy Beast» und das Mysterydrama «Birth» waren einzigartig, sein jüngstes Werk «Under the Skin» aber krönt sein bisheriges Schaffen. Der ebenso beklemmende wie geistreiche Thriller mit Scarlett Johansson in der großartigsten Rolle ihres Lebens nutzt seine ruhige, assoziative Erzählweise, um den Zuschauer stets in einem Gefühl der Anspannung verharren zu lassen. Gleichwohl lässt Glazer das Publikum (wortwörtlich wie sprichwörtlich) hautnah am Wandel einer fesselnden Figur teilhaben. Die namenlose Protagonistin ist eingangs distanziert, steht den Menschen ratlos gegenüber und verfolgt ihre (nur ansatzweise aufgezeigte) Aufgabe. Im Laufe der 107 Filmminuten nimmt sie schleichend neue charakterliche Züge an – und dank der tiefgreifenden Darbietung Johanssons sowie Glazers minutiöser Beobachtungsgabe sorgt diese Entwicklung für Erstaunen, Gänsehaut und auch für offene Fragen.

Mit seiner bewusst lückenhaften Narrative lässt «Under the Skin» umfangreich Raum für eigene Interpretationen. Dieses berührende und bedrückende Stück kunstvollen Genrekinos funktioniert als kühle, bittere Parabel über die Sexualisierung der Frau oder über die Ambivalenz der Einsamkeit. Auch lässt er – getreu dem Titel – über die Menschen hinter der schnell abgestempelten Oberfläche sinnieren. Mit seiner ikonografischen Darstellung von Sexualität, einem unvergesslich fiesen Score und lang nachhallenden Kompositionen lässt sich «Under the Skin» jedoch genauso gut für sich stehend genießen. Ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht!
«Under the Skin» ist aktuell auf DVD und Blu-ray sowie als VoD erhältlich sowie in einigen deutschen Kinos zu sehen.

Für Found-Footage-Fans: «Devil's Due – Teufelsbrut»
Schenkt man dem Kritikerkonsens Glauben, so ist dem Regieduo aus Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillet mit ihrem Found-Footage-Schocker «Devil’s Due» ein regelrechter Totalausfall gelungen. Doch kaum etwas ist für den Filmfreund schöner, als positiv überrascht zu werden. So ist auch dieser Film viel besser als dessen schlechter Ruf! Das Leben von Samantha (Allison Miller) und Zach (Zach Gilford) segelt von einem Höhenflug zum nächsten. Nach einer Traumhochzeit in Weiß und romantischen Flitterwochen erwarten die Frischvermählten ein Baby. Doch irgendetwas stimmt nicht. Die Idylle des jungen Paares wird jäh gestört, als die Schwangerschaft von Samantha alles andere als geplant verläuft. Zach installiert daher im ganzen Haus Kameras und hofft so, der unsichtbaren Gefahr auf die Schliche zu kommen. Doch das, was die Aufnahmen offenbaren, übersteigt seine schlimmsten Vorstellungen … Dem Zuschauer eröffnet sich daraufhin ist eine faszinierende Mischung aus einer modernen Variante des Gruselklassikers «Rosemary’s Baby» und diversen aktuellen Found-Footage-Horrorstreifen der Marke «Paranormal Activity». Das Regie-Duo, das die Horrorsammlung «V/H/S» mit der Geisterhaus-Episode «10/31/98» bestückte, schockiert damit ebenso sehr, wie es den Zuschauer um die Empathie mit den Protagonisten bittet. Es dauert nicht lange, und man ist selbst Bestandteil eines Albtraumes, dem sich insbesondere Eltern wohl nur schwer entziehen können.

Der lediglich sieben Millionen US-Dollar teure Genre-Beitrag gibt dabei wenig auf Effekthascherei und zieht seine Spannung bevorzugt aus der sich sukzessive entwickelnden Bedrohlichkeit der Prämisse. Wenn sich Samantha im Supermarkt nicht von der Rohfleisch-Theke loslösen kann, haben derartige Bilder keine bloße Schockwirkung, sondern erweisen sich im Anbetracht der eigentlich so harmonischen Familienumstände als umso dramatischer. Hinzu kommen die packenden Schauspielleistungen der Hauptakteure. Was der Film nicht gebraucht hätte, ist ein recht überkonstruiertes Finale, welches das schleichende Grauen zwar gut getrickst mit einem Knall beendet, insgesamt jedoch ein wenig bodenständiger hätte ausfallen können. So erweist sich «Devil’s Due – Teufelsbrut» als durch und durch sehenswerter Genrebeitrag, der frischen Wind in den Trend des Found-Footage-Kinos bringt.
«Devil's Due» ist bereits auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Für Ratefüchse: «The Body – Die Leiche»
Der spanische Horrorthriller «The Body» konnte beim Fantasy Filmfest 2013 mit einem cleveren Marketing-Schachzug punkten. Der Genrebeitrag wurde als so unberechenbar beworben, dass man sich seitens eines der teilnehmenden Kinos dazu entschloss, all jenen einen Drink zu spendieren, die im Laufe der Filmveranstaltung auf die Lösung kommen würden. Reichlich mutig, wenn man bedenkt, mit was für Haken gängige Suspense-Produktionen bisweilen gespickt sein können. Doch wenn man den Veranstaltern Glauben schenkt, war es tatsächlich Niemandem gelungen, etwaige Plottwists oder gar die Auflösung der Story zu erahnen. Die Ausgangslage darf hier trotzdem angerissen werden: Im örtlichen Leichenschauhaus verschwindet in einer stürmischen Herbstnacht die Leiche der Geschäftsfrau Mayka (Belen Rueda) spurlos. Ins Visier der Ermittler gerät ihr Ehemann Alex (Hugo Silva), der auf den Tod seiner Gattin reichlich gelassen reagiert, heimlich telefoniert und obendrein ein Motiv gehabt hätte – hatte Mayka ihren wesentlich jüngeren Ehemann doch ordentlich unter dem Pantoffel! In einer einzigen Nacht soll es Inspektor Pena (José Coronado) gelingen, das Verschwinden des Leichnams aufzuklären. Derweil entsteht an anderer Stelle ein ganz anderes Problem: Der Nachtwächter, der in der Nacht aller Nächte Dienst hatte, liegt schwer verletzt und mit einem Schock im Krankenhaus. Denn das, was er gesehen hat, sprengt die Vorstellungskraft aller Beteiligter…

Alfred Hitchcock hätte seine helle Freude an diesem kleinen Meisterstück! Im Gewand eines eleganten Kammerspiels erzählt «The Body» von einem impulsiven Katz-und-Maus-Spiel zwischen der Polizei und einer ganzen Heerschar an Verdächtigen. Mit wohl dosierten Schocks versetzt, motiviert «The Body» seinen Zuschauer aktiv zum Mitknobeln und wird schlussendlich mit einer Auflösung belohnt, die nicht bloß äußerst originell sondern in allen Belangen plausibel ist. Horror made in Spain – Bitte mehr davon!
«The Body» ist bereits auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Für Geduldige: «Open Windows»
Wenn das so weitergeht, gibt es in wenigen Jahren wohl ein neues Subgenre: Düstere Thriller mit Elijah Wood in der Hauptrolle, die aus einer ungewöhnlichen Perspektive erzählt werden. Nach «Alexandre Ajas Maniac», der nahezu komplett aus der Egoperspektive eines Serienmörders erzählt wurde, kommt nun mit «Open Windows» eine 100-minütige Plottwist-Achterbahnfahrt daher, die sich weitestgehend auf dem Bildschirm eines Laptops entfaltet. Im Mittelpunkt dieses rasant erzählten, mit halsbrecherischen inhaltlichen wie inszenatorischen Ideen umgesetzten Thrillers steht Nick Chambers (Elijah Wood), der zu den größten Fans der launischen Aktrice Jill Goddard (Sasha Grey) zählt. Kurz vor dem gemeinsamen Abendessen, das er bei einer Verlosung gewonnen hat, sagt die zuletzt von einem Nacktbild-Skandal geplagte Schauspielerin das Treffen ab – und ein mysteriöser Hacker bietet Nick Wiedergutmachung an: Er installiert auf seinem Laptop ein Tool, mit dem Nick die Smartphonekamera des Stars hacken kann.

Aber dies ist nur der Anfang einer turbulenten Aneinanderreihung von kleinen wie großen Verbrechen: Hacking, Überwachung, Drohungen und Gewalt folgen Schlag auf Schlag. Und während sich auf Nicks Laptop ein Fenster nach dem nächsten öffnet, zieht Regisseur und Autor Nacho Vigalondo dem Zuschauer unentwegt den Teppich unter den Füßen weg. Der größte Clou dieses filmischen Experiments, das auf dem Fantasy Film Fest 2014 die Geister schied, ist seine unkonventionelle Inszenierung. «Open Windows» ist im Grunde das, was wohl bei herauskäme, wenn Brian de Palma auf Koks ein «Fenster zum Hof»-Remake für Energydrink-Süchtlinge aus der webaffinen Generation drehen würde. Und sonst? Wood und Grey spielen mit großem Engagement, das Drehbuch überschlägt sich derart mit Twists, dass der Film mehrmals zwischen „zu viel“ und „so viel, dass es wieder geil ist“ chargiert. Am Ende bleibt großes Staunen über die formalen Aspekte – und dem geneigten Freund ambitionierter Plottwist-Karambolagen bleibt immenser Respekt vor Vigalondos atemberaubenden Wahnsinn.
Diverse US-Portale bieten «Open Windows» derzeit als legalen Stream an, deutsche Starttermine stehen momentan noch nicht fest.
30.10.2014 14:35 Uhr  •  Antje Wessels und Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/74114