Die Kino-Kritiker: «Maze Runner - Die Auserwählten: Im Labyrinth»

Noch eine Jugendfantasy-Buchverfilmung? Von wegen! Auch wenn sich die Versatzstücke des Genres ähneln, beweist der Regisseur von «Maze Runner - Die Auserwählten: Im Labyrinth», wie es richtig geht und serviert uns einen Abenteuerfilm alter Schule und kombiniert diesen mit Mitteln des modernen Hollywoodkinos.

«Maze Runner: Die Auserwählten»

  • Kinostart: 16. Oktober 2014
  • Genre: Abenteuer
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 113 Min.
  • Kamera: Enrique Chediak
  • Musik: John Paesano
  • Buch: Noah Oppenheim, Grant Pierce Myers, T.S. Nowlin
  • Regie: Wes Ball
  • Darsteller: Dylan O'Brien, Kaya Scodelario, Will Poulter, Kaya Scodelario,Dexter Darden, Thomas Brodie-Sangster, Blake Cooper, Ki Hong Lee
  • OT: The Maze Runner (USA 2014)
Zu viele Köche verderben den Brei: Dieses simple Sprichwort lässt sich auf so ziemlich jede Lebenslage des Alltags anwenden. Auf das moderne Blockbusterkino umso mehr. Das beste Beispiel hierfür sind vornehmlich all jene Teenie-Dystopien und –Fantasystreifen, die in den vergangenen Jahren versuchten, so viele jugendaffine Themen in sich zu vereinen wie nur möglich. Erste Liebe, zwischenmenschliche Probleme und das obligatorische Schielen zu übersinnlichen Phänomenen lassen die Regisseure gern einmal verzweifeln. Ein fehlender, stimmiger Einheitston verschreckt an dieser Stelle zumeist das Publikum, das nicht in die anvisierte Zielgruppe der Heranwachsenden passt. Da wirkt der Versuch der Macher von «Maze Runner - Die Auserwählten: Im Labyrinth» umso gewagter. Regisseur Wes Ball, dessen animierter Kurzfilm «Ruins» vor rund drei Jahren das Publikum betörte und der eher zufällig den Platz auf dem Regiestuhl angeboten bekam, legt die Filmadaption des gleichnamigen Weltbestsellers als eine Vereinigung aus drei verschiedenen Erfolgsfilmen an. Sein überraschendes Spielfilmdebüt begeistert als Kombination aus «Die Tribute von Panem» und dem Survival-Klassiker «Der Herr der Fliegen», mengt eine große Portion «Lost» bei und garniert das Ganze mit Effekten der Marke «Alien». Das dieses auf den ersten Blick kaum zusammenpassende Arrangement solch unterschiedlicher Produktionen mit noch unterschiedlicherer Zielgruppenzuordnung auf (fast) ganzer Linie funktioniert, liegt zum einen an der stilsicheren Regieführung Wes Balls; zum anderen verlässt sich der Filmemacher in Erzählweise und Gestaltung kaum auf gängige Sehgewohnheiten. Sein Beitrag zum modernen Young-Adult-Kino ist trotz Bezugnahme auf bekannte Filmtitel ein durch und durch frischer Genrebeitrag, der stilistisch überrascht und vor allem visuell ein großes Ausrufezeichen hinter das Können des Spielfilm-Debütanten setzt.

Als der junge Thomas (Dylan O’Brien) eines Tages plötzlich auf einer Lichtung aufwacht, kann sich an nichts mehr erinnern – außer seinem Vornamen. Bald erfährt er, dass dieser fremde Ort inmitten eines aus meterhohen Felsen gebauten Labyrinths liegt, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint. Nacht für Nacht ändert der Irrgarten seine Wege, wenn die Mauern, zwischen denen alienartige Wesen hausen, ihren Standort unberechenbar verändern. Aber Thomas ist nicht allein. Mit ihm sind viele andere Jungen im Labyrinth gefangen, die ebenfalls ihr Gedächtnis verloren haben wie Newt (Thomas Brodie-Sangster), Alby (Aml Ameen), Gally (Will Poutler) und Minho (Ki Hong Lee). Eines Tages ist ein Mädchen die Neue auf der Lichtung. Sie heißt Teresa (Kaya Scodelario) und soll „die Letzte“ sein, wie sie selbst behauptet. Gemeinsam versuchen sie einen Weg in die Freiheit zu finden und das unheimliche Geheimnis zu lüften: Wer hat sie hergebracht und warum?

Schon der kultige Science-Fiction-Actioner «The Cube» offenbarte Ende der Neunzigerjahre, wie viel Faszination in einem Irrgarten steckt. Die gern gesehene Jahrmarktattraktion wurde in dem kanadischen Schocker zu einem High-Tech-Gefängnis; die Insassen darin zu Gefangenen ihrer eigenen Ängste. Auch «Maze Runner - Die Auserwählten: Im Labyrinth» spielt mit der Urfurcht vor dem Unbekannten, symbolisiert von ebenjenem überwältigendem Steinlabyrinth, das die Lichtung der jugendlichen umgibt. Schon das Plakat offenbarte, wie mächtig und einschüchternd das Zuhause der jungen Erwachsenen durch die meterhohen Felsen von der Zivilisation abgetrennt ist. Doch viel angsteinflößender ist das Warum und damit einhergehend die Frage nach dem Sinn und Zweck dieser Abgeschiedenheit. Insbesondere die erste Hälfte thematisiert die innere Zerrissenheit der Figuren vortrefflich. Der lange Zeit ausschließlich männliche (!) Cast hat sich einerseits mit der fragwürdigen Situation arrangiert, sehnt sich jedoch zeitgleich nach dem Aufbegehren gegen die vermeintliche Obrigkeit, die für die Gefangenschaft der Unschuldigen verantwortlich ist. Zu Identifikation mit dem Publikum dient vorrangig die Figur des Thomas, dessen Allerweltsname sicherlich kein Zufall ist. Der einem jüngeren Publikum durch «Teen Wolf» bekannte Hauptdarsteller überzeugt durch sein zielloses Auftreten und legt sukzessive eine beeindruckende Selbstsicherheit an den Tag. Dadurch, dass der Zuschauer den Lebensweg Thomas‘ ab dem Eintreffen auf der Lichtung verfolgt, stellt sich für das Publikum schnell die Frage, wie es selbst in solch einer Situation reagieren würde. Lässt man sich schließlich darauf ein, auf eine solche Weise ins Geschehen involviert zu sein, kann «Maze Runner» nicht bloß als oberflächliches Action-Adventure unterhalten, sondern fördert nach und nach existenzielle Fragen über unser aller Leben zutage. Wer sich allerdings dagegen sträubt, wird der Produktion alsbald kaum mehr abgewinnen können, als Blockbustern der Marke «Panem», «Divergent» und Co.

Überzeugt der Überlebensfight sowie das Bemühen um einen Ausweg als dystopischer Fantasy-Actioner geraten besonders die Szenen auf der Lichtung intensiv. Erinnernd an das eingangs erwähnte Überlebensdrama «Der Herr der Fliegen» gelingt es Wes Ball, das Zusammenleben der Jugendlichen als Kampf um das eigene Ich darzustellen. Schaffen es einige Figuren, ihr eigenes Wohlbefinden zu Gunsten der Gemeinschaft hintenanzustellen, starten andere wiederum einen regelrechten Ego-Trip. Damit gelingt es «Maze Runner», anders als ähnlich gelagerter Fantasy-Kost, Zwischentöne zu schaffen, die über die Frage nach dem „Warum“ hinausgehen und stellenweise fast dramatische Züge anzunehmen, die auch weniger genreaffines Publikum überzeugen kann.

Themenwoche

Kino ist ein Milliardengeschäft. Werden die Tage kürzer und kälter, kommen wieder vermehrt Qualitätsproduktionen auf die Leinwände. In dieser Woche dreht sich bei Quotenmeter.de alles um das Geschehen in den deutschen Lichtspielhäusern.
Am Montag hat Sidney Schering eine neue Ausgabe von «Popcorn und Rollenwechsel» parat und geht der Frage nach, wie erfolgreich der einstige Trend 3D noch ist. Zudem: Antje Wessels mit einer Kritik zu «The Riot Club».
Unser Thema am Dienstag: Eine Vorabkritik zu «Maze Runner».
Mittwoch: Im Kino-Check der kompakte Überblick über alle Neustarts, außerdem Kritiken zu «Der Richter: Recht oder Ehre» und «Ninja Turtles»
Am Donnerstag im Fokus: Zach Braffs «Wish I was Here».
Am Freitag blicken Antje Wessels und Sidney Schering auf internationale Kino-Geheimtipps und am Samstag geht es um Jugendbuchverfilmungen. Im Jahre 2001 lieferte man Teenie-Mystery im Akkord. Quotenmeter.de blickt auf den Trend und mutmaßt, was nach Zauberern, Vampiren und toughen Kampfamazonen im Mittelpunkt steht.
Während sich unter den Figuren, die trotz ihrer auf den ersten Blick ähnlich gelagerten Charakterisierung, kaum ein Darsteller in den Vordergrund zu spielen vermag, sondern jeder Akteur seinen Anteil zum stimmigen Gesamtbild beiträgt, kristallisiert sich ein anderer Faktor in Gänze als Blickfang und Protagonist heraus: Das titelgebende Labyrinth überzeugt nicht bloß in seiner visuellen Aufmachung, sondern begeistert insbesondere aufgrund seiner realistischen Aufmachung. Trotz der überwältigenden Größe des Irrgartens avanciert er aufgrund seiner Enge zum Schauplatz kammerspielartiger Szenerien, zugleich legt das Setting aufgrund der sich bewegenden Mauern eine ungeheure Dynamik an den Tag. Dabei gelingt es Kameramann Enrique Chediak, ganz unterschiedliche Seiten seines bisherigen Schaffens erneut zur Schau zu stellen: Bewies er in «127 Hours» einen Blick für detailliert-vielfältige Bilder auf kleinstem Raum, schuf er in «28 Weeks Later» eine visuell ausladende Bedrohung. In «Maze Runner» lässt Chediak nun für beides Platz, immerhin ist das Labyrinth ausladend und beengend zugleich. Auch «Maze Runner» lässt Chediak für beides Platz.Innerhalb des Irrgartens regieren derweil merkwürdige Monster das Geschehen, die in ihrer Symbiose aus außerirdischem Wesen (Stichwort: «Alien») und technischer Maschine zunächst recht gewöhnungsbedürftig daherkommen, sich im Laufe der Zeit allerdings tatsächlich als äußerst bedrohlich erweisen.

Insgesamt umfasst das Abenteuer um die Auserwählten ganze drei Romane. Nach dem beeindruckenden Erfolg des Auftaktfilms (in den USA gelang «The Maze Runner» einer der zehn erfolgreichsten September-Starts aller Zeiten) darf sich das Publikum wohl schon jetzt auf die nächsten beiden Verfilmungen freuen. Aus Spoilergründen seien die Folgetitel an dieser Stelle nicht verraten. Fakt ist jedoch, dass «Maze Runner - Die Auserwählten: Im Labyrinth» trotz seines sehr guten Gesamteindrucks an einer typischen Blockbusterkrankheit des 21. Jahrhunderts leidet: Trotz seiner ordentlichen Laufzeit von knapp zwei Stunden, die sich besonders zu Beginn viel Zeit für die Einführung der Charaktere nimmt, gelingt es dem Autorenteam um Noah Oppenheim nicht, die einheitliche Gesamtdynamik bis zum Finale durchzuziehen. Zu Gunsten eines, zugegeben beeindruckenden, Cliffhangers zur Fortsetzung, rast «Maze Runner» innerhalb der letzten zehn Minuten von Wendung zu Wendung und zelebriert Tötungen diverser Haupt- und Nebenfiguren fast beiläufig. Das ist zwar ebenfalls schockierend, dennoch hätte man sich für die nach und nach liebgewonnenen Charaktere einen etwas liebevolleren Umgang gewünscht.

«Maze Runner - Die Auserwählten: Im Labyrinth» ist ab dem 16. Oktober bundesweit in den Kinos zu sehen!

Zum Kinostart von «Maze Runner: Die Auserwählten - Im Labyrinth» verlost Quotenmeter.de ein tolles Filmpaket, bestehend aus zwei Freikarten, einem Shirt sowie einem Filmplakat. Um am Gewinnspiel teilzunehmen, beantwortet einfach folgende Frage und schreibt eine Mail mit dem Betreff "Labyrinth" und der Lösung an gewinnen@quotenmeter.de und mit ein bisschen Glück genießt Ihr «Maze Runner» bald for free!

Wie heißt der Kurzfilm, mit dem «Maze Runner»-Regisseur Wes Ball vor Kurzem die Aufmerksamkeit auf sich zog?

Tipp: Der Titel findet sich auch in der obigen Filmkritik.
Teilnahmeschluss ist am 26. Oktober 2014 um 23:59 Uhr. Viel Glück!

Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen findet ihr unter http://tinyurl.com/QuotenmeterGewinn.
14.10.2014 18:30 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/73754