Wanja Mues: 'Ich habe im Rohschnitt Dinge gesehen, die zu weit gegangen wären'

Der neue «Ein Fall für Zwei»: Wanja Mues tritt die Nachfolge von Detektiv Matula an. Mit Quotenmeter.de sprach er über die Neuausrichtung des Krimiklassikers, große Fußstapfen und warum der "Tech-Nick" der Serie sogar einen großen Dienst erweisen könnte.

Zur Person: Wanja Mues

Geboren 1973 in Hamburg absolvierte er Schauspielausbildungen u.a. in New York. Bekanntheit erreichte er vor mehr als zehn Jahren durch die ARD-Vorabendserie «Absolut das Leben». Zwischen 2009 und 2013 spielte er in der ZDF-Primetimeserie «Stubbe» die Figur Helge Kleinert, zwischen 2010 und 2013 war er zudem in «Stolberg» als Kriminaloberkommissar Nico Schreiber zu sehen. Am Renaissance-Theater in Berlin wirkte Mues in der Uraufführung des Stücks „Männergespräche“ von Morten Feldmann mit - zudem arbeitet er als Sprecher von Hörbüchern.
Wanja Mues, in ZDF-Krimis fühlen Sie sich ja recht heimisch…

Ich fühle mich ohnehin beim Sender ZDF sehr heimisch. Ich habe zwar auch schon für alle anderen Sender Projekte gemacht, aber das ZDF hält mir seit Jahren konstant die Treue. 



Da haben Sie sich – mal vorsichtig formuliert – wohl nicht den schlechtesten Partner ausgesucht.

Finde ich auch. Das ZDF war in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen Vorreiter – denken wir einfach mal an ZDFneo. Auch die ausländischen Serien, die sie holen und geholt haben, sind alle top. Hier sei «Mad Men» mal als Beispiel genannt. Man probiert in Mainz viel aus mit dem Ziel mehr junge Leute zu begeistern, nehmen Sie «Lerchenberg» als ein Beispiel dafür. Das ZDF ist stetig bemüht auch das große Hauptprogramm attraktiv für junge Zielgruppen zu machen.


Sie sind Sie eigentlich traurig, dass «Stubbe» zu Ende ist? Die Figur Helge Kleinert war seit 2009 dabei.

Natürlich. «Stubbe» habe ich sehr gern gemacht. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. «Stubbe» war eine tolle Filmfamilie für mich, sowohl Wolfgang als auch Stephanie Stumph habe ich über die Jahre immer gerne getroffen Ich ziehe aber auch meinen Hut vor Wolfgangs Entscheidung auf der Höhe des Erfolges aufzuhören mit der Reihe. . 



Sie spielen jetzt im ZDF den Detektiv in der Neuauflage von «Ein Fall für zwei» - welche Prämisse wird der Serie denn zugrunde liegen? Was Neues zu machen oder das Alte mit neuen Gesichtern auszustatten?

Die Entscheidung, dass es bei «Ein Fall für Zwei» bleibt, fiel dann schlussendlich deshalb, weil es eine wirklich sehr starke Marke ist – wieso sollte man die aufgeben? Sie steht seit 30 Jahren für erfolgreiche Krimiunterhaltung.
Eindeutig Ersteres – wir wollen etwas Neues machen. Das zeigen schon die anfänglichen Überlegungen, den Titel zu ändern. Das ZDF hat sich viel Zeit genommen, um zu überlegen, wie unsere Serie heißen soll. Die Entscheidung, dass es bei «Ein Fall für Zwei» bleibt, fiel dann schlussendlich deshalb, weil es eine wirklich sehr starke Marke ist – wieso sollte man die aufgeben? Sie steht seit 30 Jahren für erfolgreiche Krimiunterhaltung. Cola verändert die Formel und hängt dann seinem neuen Produkt ein „Zero“ dran. Und bumms haben die den nächsten Kracher im Sortiment und den Brand „Coca Cola“ ins neue Jahrtausend geführt. So haben wir das jetzt auch mit dem «Fall für Zwei» vor. Nur ohne das Wort „Zero“. 



Andererseits kommen aber die Vergleiche mit dem früheren Format…

Na klar. Und ich bin sehr stolz, was wir da Neues geschaffen haben, das hält jedem Vergleich stand. Es war immer die Frage, wie viel wirklich komplett neu gemacht werden soll. Anfangs waren wir da sehr rigoros. Beim Drehen der ersten vier Folgen war das für uns eine Art “learning by doing“. Ich habe im Rohschnitt Dinge gesehen, die zu weit gegangen wären. Wir wollen schließlich die fünf oder sechs Millionen Fans des alten «Fall für Zwei» nicht vor den Kopf stoßen. Diesen Zuschauern wollen wir quasi eine Brücke bauen, sie an die Hand nehmen und dann zum neuen „Fall“ rüberführen. Die nächsten Staffeln werden wir dann sicher noch moderner angehen.



Ich finde es mutig von Ihnen, dass Sie jetzt den Detektiv in diesem Format spielen. Der Vergleich mit Matula drängt sich so dermaßen auf, dass es doch eigentlich nerven muss…
Matula ist ganz klar kult und ich verneige mich vor der Leistung, die Claus Theo Gärtner 30 Jahre lang vollbracht hat. Aber meine Figur, Leo Osswald , ist komplett anders. Ich trete auch nicht in die Fußstapfen von Claus Theo, sondern gehe in eine ganz andere Richtung und hinterlasse meinen eigenen Abdruck.

Ihre Figur sitzt nämlich zunächst im Knast…

Richtig. Der von Antoine Monot gespielte Anwalt Benni Hornberg und Leo Osswald waren zu Schulzeiten beste Freunde. Nach dem Abitur haben sich ihre Wege aber abrupt getrennt. Leo hat dann zum Teil kriminelle Dinge im Ausland abgezogen, Benni hingegen ist Versicherungsanwalt geworden. Jetzt braucht Leo seine Hilfe, weil er beschuldigt wird einen Unternehmer getötet zu haben und deshalb hinter Gittern sitzt. Es muss also zunächst in Folge 1 die Unschuld von Leo bewiesen werden. Diese ganze Geschichte mit Leos Vergangenheit wird sich über mehrere Folgen hinweg ziehen – viele Fragen stehen im Raum, die aber erst nach und nach beantwortet werden.



Also auch ein horizontaler Erzählstrang, was für das ZDF am Freitagabend fast komplett neu ist.

«KDD» war in der dritten Staffel etwas too much – da haben Sex, Drugs & Rock N Roll regiert und ich verstehe es sogar, wenn der normale Gebührenzahler nicht ständig Polizisten beim Koksen und Vögeln auf dem Hinterhof sehen will. Das eignet sich gut für eine Produktion von HBO oder Netflix, ist aber für das Zweite Deutsche Fernsehen nicht ganz das Richtige.
Wanja Mues über ZDF-Krimis mit horizontaler Erzählweise
Für das ZDF ist das relativ neu, richtig. Man hat das mal drei Staffeln lang in «KDD» probiert – eine großartige Serie wie ich finde. Aber es war auch absehbar , dass das ZDF danach eine Zeit lang kalte Füße haben würde . «KDD» war in der dritten Staffel etwas too much – da haben Sex, Drugs & Rock N Roll regiert und ich verstehe es sogar, wenn der normale Gebührenzahler nicht ständig Polizisten beim Koksen und Vögeln auf dem Hinterhof sehen will. Das eignet sich gut für eine Produktion von HBO oder Netflix, ist aber für das Zweite Deutsche Fernsehen nicht ganz das Richtige. Die zwei Staffeln vorher waren allerdings etwas vom Besten, das wir im deutschen Fernsehen hatten. Wir werden also jetzt beim «Fall» episodenübergreifend erzählen – heißt: Es gibt zwar abgeschlossene Fälle, aber für alle Zuschauer, die regelmäßig einschalten, kommt der Mehrwert der Figurentwicklung und der Entwicklung in den Beziehungen der Figuren untereinander hinzu. Die, die nicht immer zuschauen, kommen aber natürlich trotzdem inhaltlich mit.



Das ist das Innovative?

Das ist das Innovativste des Neuen «Fall für Zwei». Dazu kommen eine Menge interessanter durchgehender Figuren, die von hervorragenden Schauspielern gespielt werden. Nehmen wir zum Beispiel den zwielichtigen Schwiegervater des Anwalts, gespielt von dem grossen Thomas Thieme, oder die Staatsanwältin, die von Christina Hecke verkörpert wird. Nicht zu vergessen die Partnerin von Leo Oswald, gespielt von Sina Tkotsch, die neben dem Studium als Escortlady ihr Geld verdient. Alles schillernde Figuren, die von tollen Schauspielern gespielt werden und dem Anwalt Benni Hornberg und dem Privatdetektiv Leo Oswald durch alle Folgen hindurch zur Seite stehen werden und dabei jede Menge Reibung erzeugen. Zudem wird die faszinierende Stadt Frankfurt wieder eine größere Rolle spielen und die verschiedenen Fälle werden mit der Zeit möglichst viele Facetten dieser Stadt abdecken.

Den Anwalt spielt Antoine Monot – wie oft wurde er am Set „Tech-Nick“ genannt?

Die Kampagne von Saturn begann in der letzten Drehwoche. Ich weiß noch genau, dass wir am vorletzten Drehtag nachts in Frankfurt unterwegs waren – und plötzlich fuhr ein Auto mit Jugendlichen an uns vorbei, die offensichtlich auf dem Weg zu einer Feier waren. Das Auto hielt an, fuhr zurück und aus dem Auto brüllte es: „Ey, Mann, das gibt’s doch nicht. Du bist doch der Tech-Nick.“ Wenn wir es jetzt durch Antoine schaffen würden genau diese Generation für «Ein Fall für Zwei» zu begeistern, dann wäre das ein großer Verdienst vom „Tech-Nick“.



Zu was eine solche Kampagne manchmal verhelfen kann…
Da haben Sie recht. Manchmal ist das schon absurd, dass ein Schauspieler, der schon in «Tatorten», im Kino bei «Absolute Giganten», oder im «Experiment» und vielen anderen tollen Filmen geglänzt hat nicht für diese Leistungen, sondern für eine stumme Figur in einer Werbekampagne gefeiert und erkannt wird. Es wird aber nicht mehr belächelt, wenn Schauspieler Werbung machen. Ich erinnere mich noch an Zeiten, in denen Theaterdarsteller die Fernsehschauspieler belächelt haben, Kinoschauspieler auch. Alle haben die Werbedarsteller belächelt und es gab ein wahnsinniges „Klassendenken“ Die Zeiten sind zum Glück vorbei. Es ist doch gut, wenn man heutzutage arbeiten darf und eine Werbekampagne machen kann, die dazu auch noch wirklich gelungen ist.



Claus Theo Gärtner war 30 Jahre lang der Matula. Da haben Sie einiges vor sich… Sie sind also niemand, den es abschreckt, irgendwann mit einer solchen Figur regelrecht zu verwachsen?

Ersteinmal versuche ich immer mit meinen Figuren zu verwachsen. Gleichzeitig versuche ich meine verschiedenen Figuren, nehmen Sie zum Beispiel Max Morolf in der Reihe «Stralsund» im Vergleich zu Leo Oswald, möglichst unterschiedlich zu gestalten, so dass die Gefahr der Festlegung auf eine Rolle nicht besteht. Zudem drehen wir «Ein Fall für zwei» in kleineren Häppchen. Ich habe also immer mindestens sechs Monate im Jahr Zeit, um das zu tun, was ich möchte. Unternehmungen mit der Familie, Mitwirken in Low-Budget-Produktionen - «Ein Fall für Zwei» finanziert mir genau diese Freiheit. Von der Serie wird es pro Jahr vier bis acht Folgen geben. Ich drehe die Serie, so lange es mir Spaß macht. Und mir macht es Spaß, so lange wir das Format und die Figur Leo Oswald auch inhaltlich immer weiterentwickeln. Ich denke also, fünf Jahre lang ist das jetzt erstmal locker drin – wenn die Zuschauer mitspielen. 



Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg.
09.05.2014 11:53 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/70554