Markus Lanz und der Dampfer «Wetten, dass..?»: Passagier oder Käpt’n?

ZDF-Intendant Thomas Bellut hat der Samstagabendshow nun einen ersten sehr öffentlichen Kinnhaken verpasst. Quotenmeter-Chefredakteur Manuel Weis über die Rolle von Moderator Markus Lanz.

Zuschauerentwicklung in dieser Saison

1. Ausgabe: 6,85 Mio., 22,1%
2. Ausgabe: 6,55 Mio., 22,1%
3. Ausgabe: 6,88 Mio., 23,3%
4. Ausgabe: 6,31 Mio., 19,4%
5. Ausgabe: 5,85 Mio., 19,3%
6. Ausgabe: Am 5. April 2014 aus Offenburg
Reichweite ab 3, MA ab 3
Wenn in einem Print-Interview heutzutage pikante Aussagen gedruckt werden, dann kann man sich heutzutage (leider) in einem Punkt sicher sein. Sie fallen nicht zufällig. Das verschriftlichte Gespräch ging vor Anwerfen der Druckmaschine durch unzählige Hände, wurde hier und da bearbeitet und letztlich von minimal sechs Augen für gut befunden. Das heißt: Wenn ZDF-Intendant Thomas Bellut eineinhalb Wochen vor der letzten «Wetten, dass..?»-Ausgabe dieser Saison die Rückendeckung verweigert, dann tut er das mit Kalkül.

Und er tut dies auch im Wissen, dass somit die Situation von Markus Lanz keinesfalls leichter wird. Jetzt zu behaupten, das Zweite hätte «Wetten, dass..?» schon längst abgeschrieben, ist sicherlich verfrüht. Aber die jüngere Vergangenheit dürfte die Wahrnehmung der Sendung deutlich verändert haben. Im Zuge des unfassbaren «Tatort»-Booms wünscht man sich auch in Mainz, seine Samstags-Krimis zuverlässiger programmieren zu können – zumal die 90-Minüter inzwischen gerne mal mehr Zuschauer vor die Bildschirme locken als Markus Lanz und seine Wettpaten. «Helen Dorn» kam aus dem Stand auf mehr als acht Millionen, «Wilsberg» kürzlich auf knapp sieben Millionen.

«Wetten, dass..?» hingegen scheiterte jüngst trotz höherer Kosten an der Sechs-Millionen-Marke. Und so hat man sich in Mainz wohl eine clevere Strategie ausgedacht. Lanz abzusägen wäre mehr als unfair. Er sprang schließlich ein, als die Show schon deutliche Abnutzungserscheinungen zeigte. Das Format war schon in den letzten Monaten von Thomas Gottschalk ein erkennbar angeschlagener Patient. Deshalb argumentiert man nun pro Markus Lanz – unterstreicht die Wichtigkeit des Südtirolers für den Sender. Denn wichtig ist er durchaus – mit einer abendlichen Talkshow erreicht er regelmäßig weit überdurchschnittliche Quoten. Dort hat er es geschafft, in die Fußstapfen seines Vorgängers Johannes B. Kerner zu treten.

Ohnehin sollte genauer beleuchtet werden, wer letztlich für das Abschmieren des einstigen Samstagabend-Lieblings wirklich verantwortlich ist. Die öffentliche Meinung scheint in diesem Punkt nämlich zu festgefahren zu sein: Lanz ist der Kapitän - im Falle eine Havarie trifft ihn die Schuld. Man könnte es aber gut und gerne auch anders sehen. Eine wirklich starke Showidee hält nämlich auch einen nicht ganz optimalen Moderator aus. Anders herum ist das nicht der Fall. Demnach wäre der Südtiorler also allenfalls ein VIP-Gast an Bord des Dampfers. Nun mag Lanz der Anzug einer großen Samstagabendshow vielleicht in der Tat ein wenig zu groß sein, die Redakteure um ihn herum haben aber auch nicht sonderlich viel getan, um das zu kaschieren.

Da wäre der Zick-Zack-Kurs der grundsätzlichen Ausrichtung. Von absoluten Hollywoodgrößen auf der Couch hin zu eher deutschen und aus dem Privatfernsehen bekannten Namen (die Geissens lassen grüßen) und schließlich doch wieder zur absoluten Promielite aus der Welt. Die Einführung der Lanz-Challenge für nur wenige Ausgaben…

Sollte sich das ZDF irgendwann wahrlich von «Wetten, dass..?» trennen, dann wird Lanz zwangsläufig als Verlierer da stehen – auch wenn man in Mainz nun die ersten Schritte eingeläutet hat, das zu verhindern. Letztlich ist es aber wie im Mannschaftssport. Man verliert nie allein und demnach sollte diese Niederlage auch auf mehrere Schultern verteilt werden. Noch ist das Spiel zwar nicht gespielt, doch wenn der Club-Boss nun schon nicht mehr auf einen Punktgewinn setzt….

Was ZDF-Chef Thomas Bellut über «Wetten, dass..?» sagte: Mehr dazu hier
25.03.2014 08:38 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/69744