Jauch überleben

Eine Schlagzeile? Ein Skandal? Wie übersteht man eigentlich eine Woche in den Medien halbwegs unbeschadet?

Mittlerweile dürften die meisten Übertragungswagen vom Maidan abgezogen worden sein. Hoeneß? Auch schon nicht mehr so spannend als Schlagzeile. Momentan kann man besser jede Verschwörungstheorie zum Flug MH-370 verkaufen. Ist das Flugzeug vielleicht über Atlantis abgestürzt? Was holt sich Putin nach der Krim in die russische Föderation?

Die Themen jagen nur noch so über die Ticker. Mit Wulff kann man heute keinen Spiegel mehr verkaufen. Im Interesse schon weit unter Griechenland. Neue Milliardenpakete interessieren das Volk kaum noch. Wir haben da mittlerweile in den Medien eine neue Routine. Ein Thema wird zur Schlagzeile, extrem hochgejazzt in den kommenden Tagen und hält oft nicht einmal mehr bis zu einer Talkrunde bei «Günther Jauch». Hat man es erst einmal bei «Illner», «Maischberger» und in allen Onlinemedien abgefrühstückt, so sucht die Medienwelt schon längst nach einem neuen Skandal.

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Wie verhält man sich hier als Hauptfigur und Opfer des Themas? Man sagt besser gar nix. Die Presse schreibt sowieso über das Thema. Die Talkrunden sind längst mit verfügbaren Gästen und Gysi besetzt. Jeder Politiker musste schon längst seine Meinung vor den Kameras in fünf Sekunden abgeben und der moralische Zeigefinger wurde überall erhoben. Wozu sich also selbst noch äußern und damit Öl ins Feuer gießen? Man kann hier selbst nur mit einem Statement als Brandbeschleuniger dienen. Alice Schwarzer hatte erst einen Brief auf ihrer Webseite veröffentlicht und sich dann dezent zurückgezogen. Mittlerweile ist eine neue Sau gefunden und wurde durchs Dorf getrieben.

Interessiert heute noch eine neue Enthüllung über Frau Schwarzer? Da müssten schon vollkommen neue Infos kommen. Frau Schwarzer wirkt gegen die Krim wie das iPhone 2 in der Aktualität. Vielmehr füttert man die Leser und Zuschauer lieber mit neuen Skandalen. Abwarten heißt hier die oberste Devise. Den Shitstorm kann man sowieso nicht aufhalten. Lieber zwei Wochen Urlaub im Ausland buchen. Das Schlimme an dieser neuen Routine? Es gibt oftmals gar keine lückenlose Aufklärung. Die Presse haut ein Thema raus, auf Twitter wird sich darüber belustigt, das Fernsehen sendet einen «Brennpunkt» und die Redaktionen der Talkshows müssen sich selbst kein Thema mehr für die Woche ausdenken. Am Ende wird bestenfalls noch bei Papst Jauch gerichtet und damit ein gesellschaftliches Urteil gefällt.

Wirklich Aufklärung würde mehr Zeit brauchen. Würde Gelassenheit und Recherche benötigen. Diese Zeit haben wir aber heute nicht mehr. Die Meldung ist längst interessanter als der Inhalt hinter der Schlagzeile. Ein Edward Snowden müsste sehr enttäuscht von der Medienwelt sein. Sein Mut dient letztlich nur neuen Schlagzeilen.
23.03.2014 14:59 Uhr  •  Rob Vegas Kurz-URL: qmde.de/69725