Die Kritiker: «Der letzte Kronzeuge – Flucht in die Alpen»

Frederic Servatius über einen Thriller, der es mit brachialer Gewalt übertreibt, mit seiner Bildsprache überzeugt und den Zuschauer trotzdem ratlos zurücklässt.

Inhalt

Hinter den Kulissen

  • Buch: Stefan Kolditz
  • Regie: Urs Egger
  • Musik: Nellis du Biel
  • Kamera: Busso von Müller
  • Produktion: Cinecentrum
Während eines nächtlichen Einsatzes auf einem Schrottplatz tötet Sarah Kohr, eine junge, engagierte Polizistin, einen vermeintlichen Angreifer. Ihr Kollege Berger entlastet sie, indem er das Ganze wie Notwehr aussehen lässt. Traumatisiert und widerwillig wird sie von ihren Kollegen in Urlaub geschickt, um den Vorfall zu vergessen. Aber als Sarah ihre Reise antreten will, erlebt sie am Flughafen mit, wie der Vater eines kleinen Jungen, Lino, erschossen wird. Instinktiv rettet sie das schockierte Kind vor dem Killer und zieht es mit sich in den nächsten Zug. Die Polizistin versteckt Lino bei ihrem Großvater auf einer einsamen Tiroler Almhütte, findet dort aber nur vorübergehend Schutz. Während der Killer die beiden verfolgt, begreift Sarah, dass sie sich mit einer Verbrecherorganisation angelegt hat und dass auch ihre Kollegen darin verstrickt zu sein scheinen. Dazu kommt, dass Lino sich Sarah zunächst nur ganz vorsichtig annähert.

Darsteller
Lisa Maria Potthoff («Wer's glaubt, wird selig») als Sarah Kohr
Aaron Kissiov als Lino
Herbert Knaup («Marco W. - 247 Tage im türkischen Gefängnis») als Anton Mehringer
Thomas Sarbacher («Restrisiko») als Sarahs Chef
Ken Duken («Add a Friend») als Berger
Justus von Dohnányi («Buddenbrooks», «Männerherzen») als Killer
Branko Samarovski («Hannas Entscheidung») als Franz

Kritik
Dass es in seinem zweiten «Tatort» mehr Tote geben werde, hat Til Schweiger vor einiger Zeit fast voller Stolz angekündigt. Es ist allerdings keine Seltenheit mehr, wenn es die Macher in einer öffentlich-rechtlichen Produktion gewaltsam zugehen lassen. Trotzdem sollte man es nicht als Mut verstehen viele Schusswechsel zu zeigen und ab und an mal eine weibliche Brust zu entblößen. Die Macher von «Der letzte Kronzeuge – Flucht in die Alpen» tun allerdings genau dies - wenn auch nur phasenweise. Geschieht das dann, wird die Gewalt dafür dann aber auch alles andere als sparsam eingesetzt. Nicht dass dies einem Thriller nicht gestattet wäre, aber hier wird die Grenze zum überzogenen einfach zu oft überschritten. Als Beispiel hierfür dient eine Szene, in der der Killer in Mitten einer großen Menschenmasse aktiv wird.

Von der Bildsprache und der gesamten Aufmachung wirkt der Film hingegen sehr positiv. Was diesen Aspekt anbelangt, erinnert er phasenweise an hochwertige skandinavische Produktionen wie die «Millenium»-Trilogie. Die Kameraführung tut ihr übriges dazu.

Das Drehbuch des Thrillers eröffnet wenige Neuerungen und Überraschungen.Zwar beginnt die Geschichte mit verschiedenen durchaus interessanten Handlungsebenen, diese werden jedoch zu schnell zusammengeführt und die entstehenden Twists sind fast durchweg bereits absehbar. Diese Vorhersehbarkeit zeigt sich vor allem in der Geschichte um den kleinen Jungen Lino, was sehr schade ist, da Jungschauspieler Aaron Kissiov seine Sache wahrlich gut macht. Das Zusammenspiel mit der ebenfalls über weite Strecken überzeugenden Lisa Maria Potthoff in der Rolle der Sarah Kohr funktioniert. Die Intensität, die in der gesamtem Geschichte ein Stück weit verloren geht, existiert im Verhältnis der beiden immerhin.

Die unter anderem von Ken Duken und Justus von Dohnányi besetzten Nebenrollen fallen nicht besonders auf, was weder als Manko noch als großer Pluspunkt zu sehen wäre. Aus der Starbesetzung macht der Film damit allerdings eher wenig.

Schade sind ferner kleinere Unstimmigkeiten im Geschehen. So ist es unwahrscheinlich, dass einer Polizistin nicht bewusst ist, dass ihr Anruf ohne größeren Aufwand nachverfolgt werden kann. Das irrationale Handeln der Figur Sarah Kohr, dass sich immer wieder findet, mag in gewissermaßen der besonderen Situation geschuldet sein, ist aber auch damit nur teilweise zu erklären.

So fällt es dann aber tatsächlich recht schwer ein wirkliches Fazit über den Film zu ziehen. Irgendwie bleibt man als Zuschauer ratlos zurück. Nicht ob der Handlung, die zum Ende eine ordentliche Auflösung erfährt, ohne dabei auf jedes kleinste Detail einzugehen. Nein, man weiß einfach nicht, was man vom Film halten sollte. Die Produktion bietet Spannung und wer mit ausführlichen Gewaltszenen kein Problem hat, für den ist es sicher nicht unangenehm sie zu sehen. So man nicht zuschaut, wird man mit diesem Werk aber auch nichts verpassen, denn dazu weißt es zu viele Schwächen auf. Aber im Endeffekt ist es weder wirkliche Begeisterung noch die große Skepsis die bleibt.

«Der letzte Kronzeuge – Flucht in die Alpen» ist am Sonntag, 16.Februar um 21.45 Uhr bei zdf_neo zu sehen. Am Montag, 17.Februar um 20.15 Uhr gibt es den Film dann auch im Hauptprogramm des ZDF.
15.02.2014 12:55 Uhr  •  Frederic Servatius  •  Quelle: Inhaltsangabe: ZDF Kurz-URL: qmde.de/69037