Olympia im Fernsehen, Olympia im Kino: TV-Regisseur Christian Duguay bringt mit «Jappeloup - Eine Legende» die Faszination der Olympischen Spiele in die Lichtspielhäuser und schickt sich an, den nächsten französischen Überraschungshit abzuliefern.
Pierre Durand (Guillaume Canet) ist jung, ehrgeizig und geradezu besessen vom Erfolg. Anfang der Achtzigerjahre steht er am Beginn einer vielversprechenden Anwaltskarriere. Doch völlig unerwartet wirft er alles hin und widmet sich mit Leib und Seele seiner früheren Leidenschaft, dem Springreiten. Mit Unterstützung seines Vaters (Daniel Auteuil) setzt er alles auf ein junges Pferd, an das sonst niemand glaubt. Jappeloup gilt als zu klein und zu temperamentvoll, verfügt darüber hinaus aber über ein herausragendes Springtalent. Von Turnier zu Turnier machen Pferd und Reiter Fortschritte und finden gemeinsam Einlass in die Welt des internationalen Reitsports. Doch das Pferd ist eigensinnig und hat bei Weitem kein Abonnement auf Schleifen und Pokale. So wird die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Los Angeles zur großen Enttäuschung. Pierre resigniert und denkt gar darüber nach, das unberechenbare Pferd zu verkaufen. Denn um wieder an die Spitze zu kommen, muss sich der exzentrische Springreiter endlich seinen Schwächen und Ängsten stellen.
Hauptdarsteller und Drehbuchautor Guillaume Canet («Zusammen ist man weniger allein») verschrieb sich einst selbst dem Pferdesport, entschloss sich dann allerdings dafür, seine Aufmerksamkeit in Gänze auf das Schauspiel zu legen. Die Affinität zu den eleganten Tieren und der Springreiterei hat jedoch durchaus direkte Auswirkungen auf die Qualität von «Jappeloup» – einem Film, der nicht weniger als eine Ode an eine französische Sportlegende ist, über dessen Entstehung in Frankreich so ziemlich jeder Bescheid weiß. Von 1982 bis 1990 holten Jappeloup und sein Reiter Pierre Durand mehrere nationale und internationale Meisterschaftstitel. Gekrönt wurde diese Karriere mit einer Bronzemedaille in der Teamwertung bei Olympia 1988 in Seoul sowie dem dortigen Sieg im Einzelspringen. Der Weg dorthin offenbarte allerdings diverse Stolperfallen, die Durand oftmals an seine psychischen und physischen Belastungsgrenzen trieben. Vor allem aus diesem Grund erlang die Karriere des ungleichen Gespannes ein solches An- und Aufsehen: Zwei Charakterköpfe raufen sich über Jahre zusammen, um schließlich sportliche Erfolge zu feiern. Knapp zwei Millionen Franzosen war das hautnahe Miterleben dieser Ereignisse bereits das Lösen eines Kinotickets wert. Die besten Geschichten schreibt eben doch wahre Leben!
Das cineastische Potenzial der Geschichte machte sich mit Christian Duguay ein Filmemacher zunutze, der bislang eher einem ausgewählten, französischen Publikum ein Begriff war. Mit seinen historischen TV-Movies «Jeanne D’Arc – Die Frau des Jahrtausends» und «Hitler – Aufstieg des Bösen» erlangte er hierzulande nicht das notwendige Ansehen, um sich auch außerhalb Frankreichs zu etablieren. Erneut nimmt sich Duguay nun ein (sport)geschichtliches Ereignis vor und bettet die Geschichte in ein emotionales Portrait. So ist «Jappeloup – Eine Legende» nicht unbedingt ein Film über das titelgebende Pferd. Oftmals wirkt es gar nur wie lebende Staffage, was die mitreißende Poesie von Filmen wie «Der Pferdeflüsterer» oder zuletzt «Ostwind» vermissen lässt. Die franco-kanadische Co-Produktion ist vielmehr ein Streifen über den Reiter; ein Selbstfindungsdrama mit allerhand sportlichen Anleihen, die schlussendlich zwar nicht die Intensität eines «Rush» erreichen, bei einem Budget von 26 Millionen Euro allerdings beachtliche Szenerien vorweisen können.
Leider krankt «Jappeloup» mit fortschreitender Spieldauer – insgesamt immerhin über 130 Minuten – an seinen falschen Schwerpunkten. Das schwierige Verhältnis zwischen Reiter und Pferd findet lediglich ansatzweise Erwähnung. Stattdessen konzentriert sich das Drehbuch verstärkt auf die Beziehung zwischen Pierre und seiner Frau sowie den ungeschönten Blick hinter die Kulissen des französischen Springreitkaders. Zwar entpuppt sich Guillume Canets Insiderwissen über die Reitsportszene als Goldwert, Emotionen weiß jedoch keiner aus der Prämisse herauszuholen. Fragwürdige Trainingsmethoden, Streitereien zwischen den Athleten oder gar das entscheidende Zusammenwachsen zwischen Jappeloup und seinem Reiter erhalten allenfalls die Aufmerksamkeit einer Einzelszene, was bei einem Film, der dem Titel nach zu urteilen von einem Pferd erzählen möchte, zu wenig ist. Erst als sich im Schlussakt alles auf den entscheidenden Sieg konzentriert, entfaltet «Jappeloup» seine volle Präsenz. Dafür sind auch die Darsteller verantwortlich. Mit reiterlichem Können gesegnet gibt Guillaume Canet («Männer und die Frauen») eine ansprechende Hauptfigur ab, die immer wieder zwischen Optimismus und Resignation hin- und herschwangt. Ihm zur Seite steht die hübsche Marina Hands («Schmetterling und Taucherglocke»), die sich willig in die Rolle des weiblichen Anhängsels fügt, in einigen Szenen jedoch ihr Temperament auspacken darf. In weiteren Nebenrollen wissen zudem Daniel Auteuil («The Lockout») als verständnisvoller Vater Serge Durand und Lou de Laâge («Anna Karenina») als eigenwillige Pferdepflegerin Raphaëlle zu gefallen.