Bjarne Mädel: 'Wir brauchen wieder mehr Mut'

Sonntagsfragen an Bjarne Mädel: Ab dem 7. Januar putzt er wieder in «Der Tatortreiniger»: Schon jetzt spricht der Schauspieler mit uns über «Stromberg - Der Film», die fünfte Kopie von «Mord mit Aussicht» und fordert endlich mehr Zeit für Kreativität am Set.

Herr Mädel, Sie sind Mister Qualitäts-Fernsehen?

Zur Person: Bjarne Mädel

Mit Rollen in «Stromberg», «Mord mit Aussicht» und «Der Tatortreiniger» ist Bjarne Mädel derzeit einer der gefragtesten Seriendarsteller in Deutschland - und er steht für Qualität. Für ProSieben machte er 2009 acht Folgen lang eine wenig erfolgreiche Serie namens «Der kleine Mann». Einen Cameo-Auftritt als Elektriker hatte Mädel zudem in der Krimireihe «Kreutzer kommt...» mit Christoph Maria Herbst, seinem «Stromberg»-Kollegen.
Wie könnte ich da widersprechen? Das selbst von mir zu sagen, wäre aber doch ein Stück weit eitel. Ich bin glücklich in vielen Produktionen dabei gewesen zu sein, die trotz der Qualität auch funktioniert haben. Man braucht eben auch eine gewisse Zahl von Zuschauern. Es ist richtig, dass bei «Stromberg», «Der kleine Mann», bei «Mord mit Aussicht» und beim «Tatortreiniger» die Qualität der Bücher vergleichsweise hoch ist. Vor allem der «Tatortreiniger» hebt sich alleine vom Buch von ganz vielen anderen Serien deutlich ab. Ich spiele diese Rolle sehr gerne, aber man braucht als Spieler eben auch Glück. Ich weiß, dass es ganz viele andere Schauspieler gibt, die auch gern solche „Qualitätsformate“ machen möchten. Aber man muss oft eben einfach die Angebote nehmen, die reinkommen.

Haben Sie ein Lieblingsprojekt von denen, die Sie schon aufgezählt haben?
Ich mag diesen Klischee-Satz „Das aktuelle Projekt ist immer das Lieblingsprojekt“ überhaupt nicht. Aber der «Tatortreiniger» ist schon ein besonderes Kind von mir, weil es ja mit meine Idee war. Das war einst ein kleines Experiment und ich habe mit jeder neuen Folge das Gefühl, dass wir noch besser werden. Die Serie wird klarer, wir wissen, was wir wollen und wo wir hinwollen. Arne Feldhusen und ich machen ja auch die Besetzungsvorschläge für die Episodenrollen und haben somit regelmäßig Hammer-Schauspieler am Start. Neulich zum Beispiel Fritzi Haberlandt und es war wirklich ein Fest mit ihr zu spielen.

Dass die Serie nun sogar nach Amerika verkauft wurde, ist eine Art Ritterschlag?!
Ja klar, das ist toll, wenn man hört, dass sich aus Deutschland etwas – noch dazu mit Humor – nach Amerika verkauft. Ehrlich gesagt habe ich aber von Vermarktung wenig Ahnung. Ich glaube es ist ein recht kleiner Sender, der die Serie dort zeigen wird – also wir sind nicht bei HBO untergekommen. Aber ich finde es auch interessant, dass die Serie obendrein nach Frankreich verkauft wurde.

Haben Sie einen Wunsch für das neue Jahr 2014?
Wir haben regelmäßig einen enormen Zeitdruck – und der wird immer größer. Von Senderseiten kommt immer eine große Wertschätzung, aber das ist manchmal eben nur eine verbale Wertschätzung. Denn hetzen müssen wir dann ja trotzdem.
Bjarne Mädel
Ja, ich wünsche mir bessere Arbeitsbedingungen. Wir haben regelmäßig einen enormen Zeitdruck – und der wird immer größer. Von Senderseiten kommt immer eine große Wertschätzung, aber das ist manchmal eben nur eine verbale Wertschätzung. Denn hetzen müssen wir dann ja trotzdem. Eine 30-minütige Folge vom «Tatortreiniger» müssen wir in vier Tagen drehen. Heißt: Für 90 Minuten haben wir zwölf Tage – normale Fernsehfilme drehen 90 Minuten in 20 oder 21 Tagen, der «Tatort» hat bis zu 23, was aber auch schon recht eng ist. Wir arbeiten beim «Tatortreiniger» echt verdammt hart aber Qualität, Humor und Kreativität am Set kosten Zeit.

Man muss manche Dinge doch auch einmal probieren dürfen. Dieses Problem betrifft übrigens nicht nur den «Tatortreiniger», das ist auch bei «Mord mit Aussicht» so. Natürlich bekommen wir am Set warmes Essen und auch gutes Geld für die Arbeit – aber dennoch ist der Zeitdruck immens. Es ist einfach nicht möglich am Set mal zu sagen: Lass uns die Szene nochmal komplett anders spielen. Mal im Sitzen, oder im Liegen. Loriot hat sich damals die Zeit genommen – er hat etwas 99 Mal gedreht, halt so lange es bis es für ihn stimmig und lustig war. Das geht heute nicht mehr.

In Sachen «Mord mit Aussicht» müssten Sie der ARD recht dankbar sein, der neue Dienstags-Sendeplatz hat die Reichweiten fast verdoppelt.
Das ist wirklich erstaunlich. Montags hatten wir 3,5 Millionen Zuschauer, dienstags verdoppeln wir die Zahl. Woran liegt das? Schaut man montags einfach nicht Das Erste? Ich bin kein Programmplaner – zum Glück. Eigentlich ist mir das auch relativ egal, wie viele Menschen meine Serie schauen, weil ich mir das ohnehin nicht vorstellen kann. Auch drei Millionen sind unfassbar viele Leute. Ein volles Fußballstadion, also 50.000, da habe ich ein Bild davon im Kopf. Drei Millionen aber ist abstrakt. Deshalb spiele ich eigentlich am Set nur für meinen Regisseur, die Partner in der Szene und vielleicht noch für das Team. Wobei…für die auch weniger, weil sie dürfen ja darauf nicht reagieren, um den Ton nicht zu gefährden.

Aber mit «Mord mit Aussicht» haben Sie eine neue Krimifarbe ins Fernsehen gebracht. Sind somit eine Art Vorreiter.
Wenn dann der fünfte Krimi kommt, der auf dem Land angesiedelt ist und humoristische Elemente hat, dann fühle ich mich eher persönlich beleidigt.

Woran fehlt es dann der Branche?
«Mord mit Aussicht» war eines dieser mutigen Formate, weil es ein wenig anders war. Danach aber acht Projekte nachzuschieben, die ähnlich aussehen, ist langweilig und einfallslos.
Bjärne Mädel
Wir brauchen wieder mehr Mut. Kevin Spacey hat kürzlich eine sehr gute Rede gehalten vor Fernsehmachern. Die Kreativen brauchen wieder mehr Macht und Raum, damit sie kreativ sein können. Ein neues Format kann mal funktionieren und mal eben nicht. Aber immer auf Nummer sicher zu gehen, ist doch total langweilig. «Mord mit Aussicht» war eines dieser mutigen Formate, weil es ein wenig anders war. Danach aber acht Projekte nachzuschieben, die ähnlich aussehen, ist langweilig und einfallslos.

Herr Mädel, immer mehr namhafte Schauspieler werden zu «Tatort»-Kommissaren. Wurden Sie auch schon mal gefragt, würde Sie eine Ermittler-Rolle reizen?
Neulich habe ich eine Verleihung gesehen, da standen so viele «Tatort»-Kommissare auf der Bühne, dass ich dachte: Davon gibt es wahrlich genug. Ich finde das recht schwer, weil man dann schnell festgelegt ist. Insofern habe ich aktuell wenig Verlangen danach – ich konzentriere mich lieber weiter auf das Putzen der Tatorte.

Im Februar startet der «Stromberg»-Kinofilm. Ist das Ihr Highlight 2014?
Auf jeden Fall ist der 18.02. in meinem Kalender schon dunkelrot markiert. Für uns ist das Projekt sehr bewegend, weil wir uns so nochmal von unseren Figuren verabschieden können. Als wir vor fast 10 Jahren mit Staffel eins begonnen haben, hat niemand gedacht, dass wir von «Stromberg» 46 Folgen und einen Kinofilm produzieren werden. Das war für mich unterm Strich eine richtig gute Zeit. In Staffel fünf war mir Ernie persönlich ein wenig zu hysterisch. Im Film wird er wieder ruhiger – sodass glaube ich ein gelungener Abschied von ihm möglich ist. Der Film jedenfalls geht an’s Herz, er ist emotional. Ich kann ihn einfach nur empfehlen. Im Februar kommt dann unsere große Kino-Tour, darauf freue ich mich. Mitte Dezember haben wir den Film erstmals im Team geschaut. Das war mitunter auch traurig, im Sinne von melancholisch. Mit den Fans werden wir dann sicher wieder viel Spaß haben.

Vielen Dank für das Interview, Herr Mädel.
29.12.2013 12:57 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/68129