Trotz nahezu gleicher Laufzeit flotter und dynamischer erzählt: «Der Hobbit – Smaugs Einöde» übertrifft seinen Vorgänger und lässt den Zauber Mittelerdes mit nur geringen Einschränkungen zurückkehren.
Da «Der Hobbit – Eine unerwartete Reise» bereits die Figureneinführung übernahm und auch allerlei andere Exposition bot, kann sich der zweite Teil zudem ziemlich rasch ins Geschehen stürzen. Eine kurze Rückblende konnte sich Peter Jackson zum Einstieg in den Film zwar nicht verkneifen, danach aber widmet er sich sogleich Bilbo Beutlin (Martin Freeman), Gandalf (Ian McKellen) und der Zwergenbande, die sich seit Mitte des ersten Films ungebrochen auf der Flucht vor den Orks befinden. Mit Hilfe eines grantigen Formwandlers ist es der Truppe allerdings möglich, etwas an Land zu gewinnen. Die Probleme, die sich den Abenteurern auf dem Weg zum Einsamen Berg stellen, nehmen derweil keinen Abbruch: In einem finsteren Wald müssen sie sich einer Schar gigantischer Spinnen stellen, darüber hinaus entdeckt Bilbo immer mehr die Vorteile, die ihm der Meister-Ring bringt – gleichwohl machen sich auch dessen Schattenseiten immer stärker bemerkbar.
Kurz darauf werden die Zwerge von den Waldelben gefangen genommen, was Peter Jackson als Gelegenheit wahrnimmt, für ein (sich von der Buchvorlage entfernendes) Wiedersehen mit dem agilen Bogenschützen Legolas (Orlando Bloom) zu sorgen. Darüber hinaus fügen Jackson, Fran Walsh, Philippa Boyens und Guillermo del Toro der Tolkien-Welt eine neue, galant-bestimmte Kämpferin in Form der Elbin Tauriel (Evangeline Lilly) hinzu, die zudem Klassengrenzen in Frage stellen darf, ehe die Zwerge gemeinsam mit Bilbo gen Seestadt aufbrechen, wo ein gieriger, sich wie ein König gebender Bürgermeister sein gutmütiges Menschenvolk ausbeutet. Derweil macht sich Gandalf auf die Spuren des Necromancers, weshalb sich ihm eine Bedrohung offenbart, die selbst den garstigen Drachen Smaug in den Schatten stellt, mit dem Bilbo und die Zwerge ihre Kräfte messen müssen, um die verlorene Zwergenheimat zurückzugewinnen …
Zwar ist weiterhin auffällig, welche Szenen neu hinzuerfunden oder gestreckt wurden, da selbst kleinste Scharmützel ein, zwei kleine Wendungen umfassen und sich Gandalfs Sidequest tonal viel näher an «Herr der Ringe» orientiert als am Rest des Films, allerdings ist Jacksons Inszenierung viel dynamischer und die Erzählweise wesentlich straffer als noch im ersten «Hobbit»-Abenteuer. Somit fällt die Dehnung des Ausgangsmaterials nicht mehr gravierend auf, zumal einige der Neuerungen zu den spannenderen Elementen des Films zählen. Insbesondere der unfreiwillige Aufenthalt von Bilbo, Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und Gefolge bei den Elben gewinnt dank Leogolas und Tauriel an Würze, ebenso sorgt ein kleines Liebesdreieck, so vorhersagbar es sich auch entwickelt, dank der engagierten und charismatischen Performances für eine gefühlvolle Note und eine größere Fallhöhe, die sich den Figuren erbietet.
Etwas zu kurz kommen dagegen die Menschen – Peter Jackson deutet in der fantastisch gestalteten Fischerstadt nahe des Einsamen Berges eine interessante Gesellschaftsstruktur an und lässt Luke Evans («Die drei Musketiere») als Bard eine komplexe Performance geben, die aus dem grimmig guckenden Händler einen schwer durchsichtigen Helden macht. Allerdings bleibt es hinsichtlich des Aufbaus der Hafenstadt bei einer oberflächlichen Sozialkritik und Bard verschwindet zu Gunsten der Zwerge im finalen Akt etwas zu lange von der Bildfläche – an diesen Stellen muss der dritte Teil weiter ausholen, um dies wieder gut zu machen. Alternativ hätte es in der Kinofassung von «Der Hobbit – Smaugs Einöde» auch getan, Smaug einen Monolog weniger zu geben, Gandalfs Abstecher nach Dol Guldor etwas zu straffen (kaum ein Zuschauer wird nicht wissen, wie diese Nebenhandlung ausgeht) und der einen oder anderen Actionszene etwas flotter ihren Höhepunkt zu spendieren. Dann wäre bei rund 170 Minuten Laufzeit dennoch mehr Raum für den „menschlichen Aspekt“ der Handlung gegeben, ohne dem Rest des Abenteuers zu schaden.