Kulinarische Weltreise mit guten Flopaussichten

Mit «Die Geschmacksjäger» scheint es kabel eins erneut nicht zu gelingen, aus dem Quotental am Sonntagabend herauszukommen. Zumindest inhaltlich weiß die Sendung jedoch zu gefallen.

Wenn die Programmverantwortlichen von kabel eins ein Format am Sonntagabend ins Rennen schicken, kann man dies bereits als Kapitulation vor dem breiten Publikum verstehen. Schließlich ist die Liste an Flops zur besten Sendezeit am wohl härtesten Sendetag der Woche lang und wurde kürzlich erst um «Hinter fremden Gittern» und «Die Wildnis und ich» erweitert. Zufriedenstellend lief es in diesem Kalenderjahr nur an einem einzigen Sonntagabend: Am 1. September erreichte die Komödie «Bruce Allmächtig» starke 4,1 Prozent aller sowie 7,4 Prozent der werberelevanten Konsumenten bei einer Reichweite von 1,42 Millionen. Seit diesem Sonntag versucht man sich nun an einer vierwöchigen Ausstrahlung von «Die Geschmacksjäger - Zwei Köche auf Weltreise» - und bietet damit erneut Stoff an, der kaum in der Lage sein wird, den dringend nötigen Quotenerfolg herbei zu führen.

Konzeptionell ist die Sendung eine Mischung aus Reisedoku und Kochmagazin, in deren Mittelpunkt die beiden deutschen Nachwuchsköche Moritz und Hannes stehen. Vor der eigenen Restaurant-Eröffnung bereisen sie diverse Staaten in Südostasien, um die kulinarischen Spezialitäten vor Ort kennenzulernen - und im Bestfall wertvolle Inspirationen für das eigene Schaffen zu bekommen. Mit Kameras begleitet begeben sie sich in Folge eins auf Erkundungstour durch Kambodscha, Hongkong und Vietnam und treten dort in direkten Kontakt mit den Einheimischen.

Eine zentrale Frage, die man sich bei der Bewertung eines Formats auf einer Plattform wie Quotenmeter.de zu stellen hat, ist immer die nach der zu erreichenden Zielgruppe. Gewiss ist diese hier ein Publikum, das relativ hohe inhaltliche Ansprüche stellt und bestenfalls nicht bloß unterhalten werden möchte, sondern auch einige Erkenntnisse aus dem konsumierten Produkt zieht. In diesem Fall bekommt man neben diversen kulturellen Spezialitäten vor allem ästhetisch ansprechende Landschaftsaufnahmen geboten und wird Teil einer lehrreichen, aber nie anstrengenden kulturellen Reise durch Asien. Die Inszenierung ist bedächtig und für ein Primetime-Format eines großen Privatsenders bemerkenswert unspektakulär. Man hat hier stets das Gefühl, eher einer Reportage eines Spartenkanals zu folgen, als einer auf möglichst hohe Einschaltquoten schielenden Kochdoku im privaten Fernsehen.

Bei der Darstellung des Geschehens geben sich die Macher ebenfalls große Mühe, die Authentizität stets hoch zu halten, anstatt zugunsten eines stärkeren dramaturgischen Bogens Szenen zu überzeichnen. Moritz und Hannes stehen klar im Fokus des Geschehens, nutzen dies jedoch nicht zur Selbstinszenierung, da auch sie in erster Linie sachorientiert denken und mehr an den zu entdeckenden Gerichten denn der Profilierung des eigenen Egos interessiert sind. Das alles ist löblich und bringt den Machern viel Kritikerlob ein - doch ob sich hiermit die breite Masse zu einer Zeit begeistern lässt, zu der entweder spektakuläre Mordfälle, weltfremder Kitsch oder actionreiche Blockbuster abwechselnd den Quotengipfel erklimmen? Es darf zumindest stark bezweifelt werden.

Eine zusätzliche Hürde für den Rezipienten baut man dadurch ein, dass die einzelnen Tage und Stationen in der Regel sehr schnell abgehandelt und den einzelnen Tagen der Reise im Schnitt maximal fünf bis zehn Minuten eingeräumt werden. Hat man sich gerade an eine Szenerie gewöhnt, ist der Abschied meist auch schon nahe, weshalb man eine recht üppige Portion an Flexibilität aufbringen muss, sollte man stets auf Höhe des Geschehens sein wollen. Alternativ kann man hier jedoch ungleich besser als bei Spielfilmen jeder Art einmal geistig kurz abschalten, da man sich aufgrund rasanter Schauplatz-Wechsel sicher sein kann, anschließend wieder fix zurück zu finden, ohne Elementares verpasst zu haben.

Alles in allem ist «Die Geschmacksjäger» gewiss nicht das Allheilmittel für kabel eins, um endlich das Quotental am Sonntagabend zu verlassen. Mit nur 0,89 Millionen Zuschauern und 2,6 bzw. 4,5 Prozent Marktanteil fiel der Sendestart erwartungsgemäß trüb aus, allzu große Aussicht auf Besserung dürfte nicht bestehen. Ohnehin wirkt dieser Neustart weniger wie der verzweifelte Versuch, endlich wieder Erfolgsmeldungen veröffentlichen zu können, als viel mehr wie ein kleiner Service für das kleine Publikum, das zu dieser Zeit keinen Spielfilm sehen und dennoch substanziell unterhalten werden möchte. Kommerziell gesehen ist die Sendung somit eine einzige Katastrophe, rein formal betrachtet gibt es jedoch kaum Grund zu meckern. Sie ist gut gemacht, bietet sympathische Akteure und erfüllt in homöopathischen Dosen sogar einen Bildungsauftrag. Und vielleicht gibt es für derartigen Stoff ja doch den einen oder anderen Interessenten - zu verlieren hat kabel eins am Sonntag ja immerhin kaum etwas.
10.12.2013 12:00 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/67836