Deutschland im ARD-(Un)Glück

In ihrer vorläufig letzten Ausgabe beschäftigt sich unsere Kolumne über die Woche passend mit einer missglückten Themenwoche und zum Abschied mit vielen Bekannten. Feierlich oder scheinheilig? Fritz feiert «Frühschoppen», Bibel TV füllt Weihnachtssack, Til Schweiger im Party- und Jugendrausch, Umzüge mit Gage, ein literarisches Duell und ein nachträglicher Spaß-Test mit Frank Elstner.

46. KALENDERWOCHE 2013

SONNTAG - 17. November
Fritz feiert «Frühschoppen»
Bereits am 30. August konnte der «Internationale Frühschoppen» als älteste Talkshow des deutschen Fernsehens sein 60-jähriges Jubiläum feiern. Ausschnitte aus der offiziellen Feier von Phoenix und dem WDR zeigte der Ereignis- und Dokumentationskanal jedoch erst letzten Sonntag – direkt nach dem nationalen Schwesterformat «Presseclub». Neben mehr oder minder hörenswerten Reden führte Fritz Pleitgen wie in alten Zeiten durch eine spezielle Jubiläumsdiskussion, an der u.a. Peter Scholl-Latour und Gerd Ruge teilnahmen. Geraucht wurde leider nicht, aber die drei alten Haudegen machten ansonsten bestens vor, wie´s geht.

MONTAG - 18. November
Deutschland im ARD-(Un)Glück
Anlässlich ihrer Themenwoche „Zum Glück“ veröffentlichte die ARD Montag Ergebnisse einer Umfrage, die sie als „ARD GlücksTREND“ bezeichnete, die bundesweit repräsentativ sein soll und von Infratest dimap (Nanu? Eigentlich doch das ZDF-Institut.) durchgeführt wurde. Wo in Deutschland leben die glücklichsten und wo die unglücklichsten Menschen? Nur wenig überraschend: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und NRW beherbergen erstere und Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt letztere. Fragt sich, was die unsinnige Umfrage gekostet hat. „Zum Glück“ war nicht nach den glücklichsten TV-Zuschauern gefragt.

DIENSTAG - 19. November
Prall gefüllter Weihnachtssack
Die Advents- und Weihnachtszeit wäre ohne das besinnliche Sonderprogramm unseres Lieblingssenders Bibel TV deutlich kühler und unmenschlicher. Deshalb steigt natürlich jedes Jahr erneut die Spannung, mit welchen Highlights der christliche Spartenkanal diesmal wieder aufwarten wird. Dienstag nun war es endlich soweit und Bibel TV präsentierte sein Fest 2013 überraschend ohne die obligat pushende Anmerkung des frommen Geschäftsführers. Dafür war scheinbar kein Platz mehr im Text der Pressemitteilung. Zehn Spielfilme, fünf Dokus, zehn Konzerte und neun Kindersendungen hätten wohl selbst den heiligen Nikolaus überfordert.

MITTWOCH - 20. November
Junger, wilder Til
Es ist ja nicht so, als ob wir vom beliebtesten Schauspieler Deutschlands zu wenig hören, lesen und sehen würden. Mittwochmorgen haben die Zeitschriften GRAZIA und Stern in kurzem Abstand gleich zwei Boulevard-Meldungen über den bald 50-Jährigen rausgeblasen. Das war natürlich weder übertrieben, noch abgesprochen. Um halb zehn berichtete die GRAZIA von Til Schweigers „wilder Flirtwoche“. Der Mime habe im Berliner und Hamburger Nachtleben die prominente Damenwelt bespaßt. Um zehn nach zehn zitierte ihn der Stern: Schweiger fühle sich noch nicht erwachsen genug, um einen Opa zu spielen. Keinhirnküken.

DONNERSTAG - 21. November
Wohnen und Umziehen für 200 Euro
Wer unter oder höchstens 30 ist, mit Umzügen und Wohnungen schon so einige Kuriositäten erlebt hat, zwei Drehtage Zeit aufbringen kann, 200 Euro benötigt und nicht mehr alle Latten am Zaun hat, der kann sich derzeit bei unserer geliebten Casting Concept GmbH für eine neue Reportagereihe bewerben. Donnerstag schickte die Agentur den Aufruf dazu in ihrem altbekannten Newsletter rund und es braucht nur wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass bis heute mit Sicherheit schon ein paar Dutzend Studenten ihre Bewerbungen abgeschickt haben. Dabei wissen die doch noch gar nicht, ob das bei RTL, RTL II oder VOX laufen wird...

FREITAG - 22. November
Das literarische Duell: Scheck gegen Herles
Freitag trugen Das Erste und das ZDF mit ihren Literaturmagazinen eine Art Wettstreit im Überbieten aus. Zuerst trommelte das ZDF für «Das blaue Sofa» nächste Woche, bei dem Wolfgang Herles eine „Entdeckung der Sonderklasse“ präsentieren und sich mit Mario Vargas Llosa (Literaturnobelpreisträger!) unterhalten werde. Dann tönte es von der ARD zurück, dass Denis Scheck diese Woche in «Druckfrisch» sowohl Thriller-Meister Stephen King, als auch Günter Grass (Literaturnobelpreisträger!) interviewen werde. Oh ha. Elke Heidenreich hatte solche Stars und solche Werbung damals gar nicht nötig. Ihr ging es um die Bücher selbst.

SAMSTAG - 23. November
Versteht Elstner noch immer Spaß?
Irgendwie muss eine weitgehend in der Bedeutungslosigkeit versunkene, ehemals große Samstagabendshow wenigstens ab und an noch für ein paar Schlagzeilen sorgen. Samstag schaffte es der ARD-Klassiker «Verstehen Sie Spaß?» sogar, gleich zwei Verladen mit der versteckten Kamera hervorzuheben: Komiker Otto Waalkes merkte als Lockvogel gar nicht, dass er nebenbei selbst hereingelegt wurde und Altmeister Frank Elstner ließ sich bei der Aufzeichnung seiner SWR-Talkshow von André Rieu und dessen plötzlich verschwundener Geige veräppeln. Das war originell. Gastgeber Guido Cantz dagegen, wie gewohnt, kaum.


Das Feierliche und gleichzeitig Scheinheilige fand sich diese Woche übrigens auch bei «Markus Lanz» wieder: In seiner Talkshow hatte der «Wetten, dass..?»-Moderator die Backstreet Boys und – Denis Scheck lässt grüßen – Stephen King zu Gast. Mit einigem Brimborium wurden die beiden Besuche gefeiert, ganz nach dem Motto: Schaut her, welch hochkarätigen Gäste wir in dieser kleinen ZDF-Abendtalkshow haben können! Offen blieb dabei die Frage, wieso solche großen und aktuellen Namen nur in ebendiese und nicht zu «Wetten, dass..?» kommen. Dort fehlen sie.

Fehlen wird an diesem Platz hier in Zukunft auch der Text, denn das war die vorläufig letzte „Wochenschau“. Nach fast zwei Jahren Laufzeit und 72 Ausgaben ist jetzt erst einmal Schluss mit lustig. Doch das war es ja in den letzten zehn Wochen auch schon und insofern muss sich niemand mehr großartig umgewöhnen. Das ist mein kleines Service-Geschenk zum Abschied. Als Ihr bisheriger „Wochenschau“-Onkel muss ich mich in den nächsten Monaten nun wichtigeren Dingen zuwenden – auch wenn man kaum glauben mag, dass es die tatsächlich gibt. Diese Kolumne wollte eben nie etwas anderes sein als die kleine, nette Nebenbei-Belustigung zum Ende einer Woche. Das dürfte ihr vor allem mit zunehmendem Alter geglückt sein. Ich bedanke mich bei allen Fans und treuen Lesern! Und ein Dank geht ferner noch an alle ergiebigen Themenlieferanten, von denen die Wichtigsten heute zum Abschied dabei waren. Es hat Spaß gemacht und es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass „Die Wochenschau“ irgendwann vielleicht noch einmal zurückkommt. Ansonsten lesen wir uns natürlich an anderer Stelle wieder...
24.11.2013 12:00 Uhr  •  Gregor Elsbeck Kurz-URL: qmde.de/67538