Die Kritiker: «Hattinger und die kalte Hand»

«Hattinger» ist kein typischer Heimatkrimi, wie ihn die Öffentlich-Rechtlichen dutzendfach zeigen. Lohnt also das Einschalten?

Hinter den Kulissen

  • Produktion: Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH
  • Drehbuch: Ariela Bogenberger
  • Drehbuchvorlage: Thomas Bogenberger
  • Regie: Hans Steinbichler
  • Kamera: Christian Rein
  • Produzent: Dietrich Kluge
Inhalt
Ein sommerlicher Tag am Chiemsee: Kinder entdecken auf einem Segelboot die Leiche eines Mannes. Kommissar Hattinger und seine Kollegen von der Priener Polizei nehmen die Ermittlungen auf. Kurz darauf wird eine zweite Leiche gefunden: Die Autorin Annette Kaufmann wurde in ihrer Ferienwohnung ermordet.

Es handelt sich um einen Serienmord, der Täter scheint Kommissar Hattinger persönlich zu kennen und provoziert ihn mit blutigen Hinweisen. Zwischen den beiden Mordopfern besteht seit Jahrzehnten eine schicksalshafte Verbindung: Beide tragen Mitschuld am Tod eines jungen Mädchens, das auf Grund eines Ärztepfuschs ihr Leben verlor. Damals wurde niemand zur Rechenschaft gezogen - heute deutet alles auf Selbstjustiz hin. In den Fokus gerät der Vater des Mädchens - Albrecht Ostermeier lebt seit Jahren unauffällig in der Nachbarschaft des Kommissars.

Hattinger kommt der Wahrheit immer näher, ohne zu ahnen, dass er sich - und vor allem seine eigene junge Tochter Lena - in tödliche Gefahr bringt. Denn einmal unter Verdacht, schreckt Ostermeier vor nichts zurück.

Darsteller
Michael Fitz («Tatort – München») als Kommissar Hattinger
Edgar Selge («Das Experiment») als Albrecht Ostermeier
Bettina Mittendorfer («Eine ganz heiße Nummer») als Andrea Erhard
Golo Euler («Kasimir und Karoline») als Karl Wildmann
Gerhard Wittmann («Kirschblüten – Hanami») als Bamberger
Hanna Plaß («Jeder Tag zählt») als Lena Hattinger
Michael Fuith («Michael») als Wolfgang Pichler

Kritik
Tiefenpsychologische Charakterstudien sind nicht gerade die große Stärke von Heimatkrimis. Zu sehr lebt das Genre von der Zelebrierung des Simplen, des teilweise Rückständigen und Überkommenen, des Lebens einfacher Menschen, deren Bewegungsradius in neun von zehn Fällen an der Grenze des Landkreises sein Ende findet. Dialekt muss sein. Filzhut und Plattdeutsch, je nachdem, wo man die Heimat gerade abfeiert, selbstverständlich auch.

Und natürlich: Bauernschläue. Städter sind immer die Doofen. Die sprechen Hochdeutsch und das ist in der Pampa sowieso schon mal suspekt. Noch suspekter macht sie nur noch ein akademischer Background. So jemand steht sofort unter der Beobachtung der Dorfgemeinschaft, der Quelle von Sozialisation und Korruption.

Was all das mit «Hattinger und die kalte Hand» zu tun hat? Sehr wenig. Zum Glück. Denn so, wie eingangs beschrieben, sehen Heimatkrimis im öffentlich-rechtlichen Fernsehen leider häufig aus. Man könnte fast argumentieren, dass der neue «Hattinger» gar kein Heimatkrimi ist, sondern einfach nur ein Krimi, der in der Heimat spielt.

Denn das ländliche Setting ist nicht das tragende Element. Die Heimat ist schlicht Hintergrund. Hattinger darf im bayerischen Dialekt sprechen, vielleicht ein bisschen rabiater auftreten, als man einen Großstädter schreiben würde, aber damit hat sich das. Im Vordergrund stehen tatsächlich Handlungs- und Figurenaufbau.

Das Ergebnis bleibt trotzdem eindimensional: Die packend erzählte Charakterstudie lässt das Drehbuch nämlich missen – und verschenkt damit sämtliches Potential, das sich aus seiner narrativen Struktur hätte ergeben können, die den Täter dem Zuschauer von Anfang an bekannt sein lässt. Um Edgar Selges verwaisten Vater entspinnt sich kein komplexes Geflecht um Schuld und Sühne; stattdessen ist er Ausgangspunkt eines grobschlächtigen Rachefeldzugs, den Thomas und Ariela Bogenberger auch genauso grobschlächtig erzählen. Spätestens, als sie Eric Claptons melancholisches „Tears in Heaven“ als Leitmotiv wählten, haben sie es endgültig übertrieben.

Aber immerhin: Das ist keine bornierte Verklärung des Landlebens, keine Hochstilisierung des Lokalkolorits zum dramaturgischen Eckpfeiler, sondern mal ein halbwegs solider Krimi – auch wenn Handlung wie Figurenzeichnung eher dünn ausfallen und mit Pathos vollgestopft werden, um mit Pathos vollgestopft zu sein. Packend oder spannend ist «Hattinger» aber bei weitem nicht.

Das ZDF zeigt den Chiemseekrimi «Hattinger und die kalte Hand» am Montag, den 25. November um 20.15 Uhr.
24.11.2013 13:42 Uhr  •  Julian Miller  •  Quelle: Inhalt: ZDF Kurz-URL: qmde.de/67497