Wahl 2013: So gut waren die deutschen TV-Sender

Quotenmeter.de-Themenwoche Wahl: Bei Wahlen kämpfen nicht nur Parteien miteinander, sondern auch Fernsehsender. Wer bei der Berichterstattung besonders gut abgeschnitten hat, verrät unser TV-Check.

Das Erste
Deutschland setzt bei dieser Wahl offenbar auf Kontinuität – nicht nur bei der alten, neuen Bundeskanzlerin, sondern auch in Sachen Berichterstattung: Wie schon 2009 moderierten Caren Miosga und Ulrich Deppendorf im Ersten den Wahlabend, zuständig für Zahlen und Statistiken war einmal mehr Jörg Schönenborn. Vor der 18-Uhr-Prognose überraschte Das Erste damit, dem anstehenden Wahlabend aufgelockert zu begegnen: Schon früh zeigte man einen Beitrag des Satiremagazins «extra 3», das die mehr oder weniger nebensächlichen High- und Lowlights des Wahlkampfs reflektierte – Stichwort: Schland- und Fahrradkette, Merkel-Raute und Peer-Finger. Neben der Berichterstattung aus dem Studio stand auch das Kanzleramt als Kulisse zur Verfügung: Vor eben jenem begrüßte Ulrich Deppendorf nach 17 Uhr seine Zuschauer, später wurde für Bürgerstimmen dorthin geschaltet. Dies brachte zumindest etwas Abwechslung in die sonst grau-langweiligen Rituale eines Fernseh-Wahlabends. Gleiches gilt für Ingo Zamperoni, der zumindest ein paar Minuten über die Netzthemen am Wahlabend plaudern durfte.

Ab 18 Uhr zeigte sich die Berichterstattung im Ersten wie auf fast allen Sendern: Unisono holte man erste Stimmen ein, präsentierte die Statements der Spitzenkandidaten und erklärte die Wahlergebnisse statistisch. Ausnahmsweise folgte eine Extraausgabe der «Tagesschau» bereits um 19 Uhr.

ZDF
Im ZDF nichts Neues? Das Zweite präsentierte sich am Wahlabend souverän, selbstbewusst, überraschungsarm. Mit dem seit drei Jahren bei Landtagswahlen präsenten Moderations-Team – bestehend aus Bettina Schausten und Theo Koll – bot man die altbewährte Variante für diesen Bundestagswahlabend an. Ebenfalls gaben sich bekannte Kommentatoren die Klinke in die Hand: Wahlforscher Prof. Karl-Rudolf Korte war zum dritten Mal zugegen, die Entwicklungen des Abends zu analysieren, auch Giovanni di Lorenzo von der Wochenzeitung „Die Zeit“ stand Rede und Antwort. Auch abseits davon kam das ZDF ohne große Überraschungen aus: Vor der ersten Prognose um 18 Uhr wurde mehrmals zu den Parteien geschaltet und Stimmung vermittelt, außerdem wurden vereinzelt Twitter-Fragen on air beantwortet – unter anderem von Theo Koll, wie direkt um 18 Uhr eine ziemlich genaue Prognose von den Wahlforschungsinstituten entstehen könne.

Zu viel mehr crossmedialer Berichterstattung konnte sich das ZDF allerdings nicht durchringen, trotz des Hashtags #ZDFwahl, der als großes Banner im Studio prangerte. Und auch die Idee zu früher Stunde, Politiker-Interviews mit Kinderreportern von «logo!» zu zeigen, ist von der Bundestagswahl 2009 aufgewärmt. Nach Prognose und Hochrechnungen servierte das ZDF seinen Zuschauern altbewährte Kost: Viele Stimmen und Statements aus den Parteien, interessante statistische Erklärungen zu Wählerwanderungen. Aus dem gewohnten Schema brach man nur selten aus, beispielsweise nach 21 Uhr, als erste Stimmen von der Straße eingefangen wurden, direkt vom Prenzlauer Berg in Berlin. Es war – rein auf die Berichterstattung bezogen – ein unaufgeregter Wahlabend aus dem Alten Telegraphenamt in Berlin, das übrigens zum vierten Mal ZDF-Schauplatz der Bundestagswahl war. Das Fazit auf Politiker-Deutsch gesprochen: Mit dieser konventionellen Sendung lassen sich bestimmt viele Zuschauer gewinnen, für die absolute Mehrheit reicht es aber mit Sicherheit nicht.

Auf der nächsten Seite: Die Einschätzungen zu RTL, n-tv und N24 sowie unser Gesamtfazit zur TV-Berichterstattung am Wahlabend.

RTL und n-tv
RTL und n-tv stellten am Wahlabend eine gemeinsame Sendung auf die Beine und schickten ab 17.45 Uhr «Tag der Entscheidung – Deutschland wählt» on Air. Produziert wurde das Format aus einem eigens hergerichteten Wahlstudio in der Sendezentrale in Köln-Deutz. Die federführende Rolle übernahm hierbei Peter Kloeppel , der durch die rund zweistündige Sendung führte. Christoph Teuner von n-tv rutschte hingegen in den Hintergrund und löste Kloeppel nur selten bei Moderationen ab.

Das war nicht weiter schlimm, schließlich führte Kloeppel den Zuschauer auch alleine souverän durch den Abend. Ihm und seinem Team gelang es, Wahlergebnisse anschaulich und verständlich darzustellen und den einen oder anderen Sachverhalt zu erklären. Auch nach außen hin waren die Kölner gut aufgestellt: Auf jeder der großen fünf Wahlpartys der Parteien befand sich ein RTL-Reporter, der sich jederzeit zuschalten ließ und der entsprechende O-Töne von Politikern einfing.

Als Kritik muss an dieser Stelle angeführt werden, dass die gesendeten Statements – aus zeitlichen Gründen – teilweise sehr kurz ausfielen. So hatte man zeitweise den Eindruck, RTL wollte auf jeder Wahlparty gleichzeitig sein, um nichts zu verpassen. Dies stellte sich aber als keine besonders gute Idee heraus, schließlich bekamen somit viele Beiträge nicht den Zeitraum, den sie gebraucht hätte. Überflüssig war zudem, dass die Kölner versuchten ihre 18.45-Uhr-Nachrichten in die Sendung einzupflegen. Das nahm den Fluss aus dem ohnehin zu kurzen Format, in dem die Hessenwahl im Übrigen völlig unterging und nur wenige Male am Rande erwähnt wurde.

Sehr gut funktionierte bei RTL indes die Verbindung zwischen virtuellen und realen Elementen. Den Kölnern gelang es, sich mit virtuellen Darstellungen vor fein hergerichteten realer Studiokulisse von den übrigen Sendern abzugrenzen. Das wirkte wirklich schick. Nicht gelungen ist RTL hingegen die Einbindung der Zuschauer über RTL Inside. Bis auf einen kurzen Einschub kurz vor Ende der Sendung wurde das Angebot in die Wahlsendung nahezu gar nicht aufgenommen. Ob die interaktive Einbindung für sich nötig ist, kann diskutiert werden. Gelungen ist sie jedenfalls nicht.

Alles in allem ging die Live-Sendung ohne größere Pannen über die Bühne und wusste den interessierten Bürger gut zu informieren. Für tiefgründige Analysen lieferte die Wahlsendung zwar nicht ausreichend Zeit, die grundlegenden Informationen bekam der RTL-Zuschauer aber sehr verständlich vermittelt.


N24
Gegenüber RTL hatte die private Konkurrenz von N24 einen entscheidenden Vorteil: Die Senderverantwortlichen räumten den Wahlen nicht nur zwei, sondern ganze vier Stunden Zeit ein. Während RTL also viele Informationen in verhältnismäßig wenig Zeit zu packen hatte, begann die Wahlsendung bei N24 schon eine Stunde vor Veröffentlichung der ersten Umfrageergebnisse – mit rückblickenden Analysen zum Wahlkampf. Dabei trennte N24 anders als RTL, wo Peter Kloeppel der Mann für alles war, Prognosen und Analysen durch ausreichend Personal klar voneinander.

Dem langen Zeitfester sei Dank bekam auch der N24-Zuschauern bekannte Michel Friedman reichlich Zeit, die politischen Ereignisse zu bewerten und pointiert einzuordnen. Das war ein signifikanter Unterschied zu RTL, das in erster Linie präsentierte und weniger kommentierte. Überhaupt arbeitete N24 im Gegensatz zu RTL auch mit Politikkennern von außerhalb – beispielsweise mit Hans Ulrich Jörges vom „stern“. Eine Sicht von außerhalb auf die politischen Ereignisse war an vielen Stellen nicht uninteressant.

Zudem ließ sich der Nachrichtensender für die einzelnen Themenblöcke mehr Zeit und hatte es generell nicht so eilig wie RTL. Aber auch Politikerstatements, die bei RTL teils nur stark geschnitten zu sehen waren, zeigte N24 in vollständiger Länge. Hier waren tiefergreifende Analysen möglich, die den Zuschauer über das erforderliche Maß hinaus informierten.

Deutlich besser als bei RTL funktionierte bei N24 zudem die interaktive Einbindung. Der kleine Nachrichtensender versuchte im Laufe der Sendung immer wieder die neusten Trends im Internet zur Wahl abzubilden. Zudem schaute man auf die sozialen Netzwerke und die Aktivitäten der Spitzenpolitiker in selbigen. Sicherlich: Zwingend notwendig war das nicht. Im Gegensatz zu RTL kann aber von einer gelungenen Einbindung des Webs gesprochen werden.

Fazit
Bei RTL bekam der Zuschauer in kurzer Zeit relativ viele Informationen vermittelt, die an einigen Stellen hätten besser eingeordnet werden können. Die Darstellung der Ergebnisse im Studio ist hingegen sehr gut gelungen. Bei N24 hatte man es hingegen nicht eilig, womit die Möglichkeit bestand, den Zuschauern mehr Hintergrundwissen zu vermitteln und die politischen Ergebnisse einzuordnen. Die Nase vorn in Sachen Informationskompetenz hatte summa summarum N24 bei den Privatsendern. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unterschieden sich die Angebote dagegen nur unzureichend voneinander: Das Erste und das ZDF setzten auf die bewährten Moderatoren und präsentierten ein größtenteils erwartbar gewöhnliches TV-Programm zur Wahl. Kritisch ist bei beiden Sendern anzumerken, dass unabhängige Stimmen nach den Prognosen und Hochrechnungen etwas zu kurz kamen; fast ausschließlich hatten Politiker das Wort. Die Informationsvermittlung kam in dieser Zeit größtenteils Schönenborn und Koll zu, welche die Zahlen statistisch interpretierten. Nach der «Berliner Runde» um 21 Uhr änderte sich die Berichterstattung, insgesamt aber blieb man beim konventionellen Programm. Dies heißt auch: Crossmediale Berichterstattung, ein Trend bei vorangegangenen Wahlen, fand kaum statt; die meinungsstarken und –hungrigen Internetuser blieben diesmal unter sich. Die bessere Wahl war hier N24. Insgesamt machten alle Sender einen ordentlichen bis guten Job. Die absolute Mehrheit – das wohl beliebteste Stichwort dieses Wahlabends – hätte bei dieser Bundestagswahl jedoch kein Sender erreichen können.
22.09.2013 23:10 Uhr  •  David Grzeschik und Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/66295