Fünf Serienduelle, die im US-Herbst spannend werden

Diesen Tag sehen sich Serienfans herbei: Am Montag startet die neue US-Season mit zahlreichen ambitionierten Projekten – und spannenden Duellen: Marvel gegen DC, Dracula gegen den kopflosen Reiter, Michael J. Fox gegen Ashton Kutcher. Unsere Vorschau…

US-Starttermine der im Artikel genannten Neustarts

  • «Sleepy Hollow»: MO, 16.09.
  • «Reign»: DI, 17.09.
  • «Hostages»: MO, 23.09.
  • «Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D.»: DI, 24.09.
  • «The Michael J. Fox Show»: DO, 26.09.
  • «Dracula»: FR, 25.10.
Jerry Bruckheimer gegen Gillian Anderson
Gleich zwei neue Kidnapper-Serien gehen in der kommenden Season auf Quotenjagd: «Hostages» bei CBS und «Crisis» bei NBC. Der prominenteste Name bei «Hostages» – Jerry Bruckheimer – steht hinter der Kamera, er ist einer der ausführenden Produzenten des Formats. Dass Bruckheimer hinter «Hostages» steht, hätte man fast vermuten können – geht es doch abermals um eine Entführung und um den US-Präsidenten. Schon im Filmhit «Das Vermächtnis des geheimen Buches» verband Bruckheimer diese Themen auf skurrile Weise, diesmal aber wird nicht der Präsident selbst zum Opfer: Die Familie eines Mediziners, der das amerikanische Staatsoberhaupt operieren soll, wird von Kidnappern entführt – sie fordern den Tod des Präsidenten, wenn der Arzt seine Familie retten will.

Auch in der zweiten Kidnapper-Serie geht es um Entführungen nationalen Ausmaßes: «Crisis» erzählt die Geschichte von Kindern, die während eines Schulausflugs verschleppt werden. Unter ihnen befindet sich auch der Sohn des US-Präsidenten; schnell wird eine nationale Krise ausgerufen. Auch die Tochter der mächtigen Business-Frau Meg Fitch, gespielt von Gillian Anderson («Akte X») gehörte der entführten Schulklasse an. Fitch setzt alle Hebel in Bewegung, um ihr Kind wiederzubekommen.

Mit «Crisis» und «Hostages» treten zwei – den Trailern nach zu urteilen – spannende Kidnapper-Serien in der nächsten Season gegeneinander an, die einem Duell zunächst aus dem Weg gehen: «Crisis» startet bei NBC erst zur Midseason, «Hostages» beginnt bereits im September. Auch werden die Formate an verschiedenen Tagen gezeigt und duellieren sich damit nicht direkt – aber ob die Zuschauer zwei Formate ähnlichen Themas mit guten Quoten segnen, bleibt abzuwarten.

Marvel gegen DC
«Arrow» wurde in der vergangenen Season zu einem der wenigen Überraschungshits: The CW etablierte mit der Serie auf Anhieb das erfolgreichste Programm des Networks und bewies damit, dass Superhelden-Stoffe nicht nur im Kino funktionieren müssen. Dass auch noch die recht unbekannte Figur Green Arrow so viele Zuschauer anzieht, macht den Erfolg umso bemerkenswerter. DC Entertainment, die Heimat von Batman und Superman, hat damit nach «Smallville» wieder eine Superhelden-Serie im TV-Geschäft etabliert – sie geht im September in ihre zweite Staffel.

Neue Konkurrenz bekommt sie aus dem Hause Marvel, das mit gefühlt zehn Blockbuster-Kinohits pro Jahr erfolgreich ist. «Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D.» ist der allererste Versuch einer modernen Marvel-Realserie und die erste Produktion des speziell für TV-Formate gegründeten „Marvel Television“ (das unter anderem Projekte wie «Hulk» und «Punisher» plant). Im Kino ist Marvel bereits erfolgreicher als Konkurrent DC, im Fernsehen ist ein ähnlicher Erfolg ebenfalls Pflicht: Denn der ausstrahlende Sender ABC hat deutlich höhere Ambitionen als The CW, das «Arrow» ausstrahlt. Tatsächlich kann man den «S.H.I.E.L.D.»-Trailer kaum von Marvel-Kinotrailern unterscheiden; eine konkrete Prämisse gibt es ebenfalls kaum: Ein zusammengewürfeltes Team von Agenten kämpft gegen Bösewichte mit Superkräften.

Statt inhaltlicher Präzision setzt ABC vielmehr auf einen Namen: Joss Whedon, den Erfolgsregisseur von «The Avengers». Funktioniert auch sein TV-Ausflug so exzellent, könnte «Arrow» darunter leiden: Das CW-Format sendet jeweils einen Tag nach den Marvel-Agenten und läuft Gefahr, im Buzz des wohl größten Season-Neustarts unterzugehen. Bleibt «Arrow» erfolgreich, dürfte dies der Startschuss für einen großen Trend der nächsten TV-Jahre sein: den der Fernseh-Superhelden.

Michael J. Fox gegen Ashton Kutcher
Für Ashton Kutcher und sein «Two and a Half Men» ist es nicht nur ein Duell gegen die Comedy-Konkurrenz, sondern auch eines gegen die eigene Vergangenheit: Nach Charlie Sheen springt nun auch der zweite ursprüngliche Hauptdarsteller Angus T. Jones von Bord, er wird nur noch partiell als Nebenrolle mitspielen. Ob die Fans auch noch diese Veränderung im Cast verzeihen? «Two and a Half Men» ist angreifbarer als je zuvor, und ausgerechnet NBC wittert die Chance, dem Sitcom-Klassiker weitere Zuschauer zu stehlen – mit Hollywood-Legende Michael J. Fox.

Seine nach ihm benannte «Michael J. Fox Show» ist der wohl größte Comedy-Neustart der Season, das Format läuft donnerstags direkt parallel zu «Half Men». Für den Hauptdarsteller Michael J. Fox ist es die erste größere TV-Rolle seit «Spin City» aus den 90ern. Dem eigenen Schicksal ähnlich, spielt er einen an Parkinson erkrankten Familienvater, der sich nach Diagnose der Krankheit eine Auszeit genommen hat und nun – fünf Jahre später – zurück ins Berufsleben will. Spannend wird unter der Prämisse besonders sein, ob die «Michael J. Fox Show» trotz des durchaus ernsten Themas rein komödiantisch daherkommt oder deutliche dramatische Akzente setzt. Als Single-Camera-Projekt liegt die Vermutung nahe, dass die Serie keine reine oberflächliche Comedy wird – umso spannender wird das Duell gegen Ashton Kutcher und seine halben Männer.

Die weiteren Duelle gibt's auf der nächsten Seite!

CW-Zukunft gegen CW-Vergangenheit
Der Nischensender setzt auch in der kommenden Season auf den Teenie-Faktor: Kaum eine Serie kommt ohne junge Erwachsene mit übernatürlichen Fähigkeiten, monströsen Eigenschaften oder besonderen Geheimnissen aus. Dennoch war zuletzt eine leichte Öffnung der Zielgruppe bei CW zu erkennen – nicht zuletzt durch die Spielshow «Whose Line Is It Anyway?» im Sommer, die starke Quoten einfuhr, und durch das deutlich männlicher konzipierte «Arrow». In den nächsten Wochen startet das Network mit «Reign» ebenfalls eine recht ungewöhnliche Serie, die zwar nicht ohne Teenies auskommt, aber im Mittelalter spielt: Das Format erzählt die Geschichte der jungen Maria Stuart, die im Exil am französischen Hof lebte und dort verheiratet wurde. Ob CW aus dem (durchaus anspruchsvollen) Stoff eine reine Teenie-Romanze macht oder durchaus ernster daherkommt, wird die spannendste Frage beim Blick auf die Neustarts des Senders.

Zusätzlich interessant ist das Network-interne Duell gegen die anderen frischen und konventionelleren Formate, die CW in den kommenden Monaten über die Bildschirme schickt: Eines davon spielt in der Zukunft – das postapokalyptische Drama «The 100» –, andere bedienen sich des CW-typischen Topos des Übernatürlichen: «Star-Crossed» über einen Außerirdischen, der sich in einen Menschen verliebt; «The Originals» über die wahren Vampire aus New Orleans; «The Tomorrow People» über Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten. Das CW-Duell Zukunft gegen Vergangenheit ist ein doppeltes: Wortwörtlich ist es eines zwischen der historischen Serie «Reign» und ihren high-tech- und Superkraft-verliebten Konkurrenten – zweifellos wäre es bemerkenswert, wenn «Reign» inmitten dieser Formate zu einem Erfolg wird. Und im übertragenen Sinne ist das Duell in der nächsten Season für CW generell eines gegen die eigene Network-Vergangenheit. Ob sich der Sender weiter neuen Zielgruppen öffnet, auch außerhalb von «Whose Line Is It Anyway?» oder – mit Abstrichen – «Reign»?

Dracula gegen den kopflosen Reiter
Gleich zwei historische Spukgestalten werden im Herbst auf die Zuschauer losgelassen, NBC versucht sich dabei am Klassiker aller Klassiker: an Dracula, der in der gleichnamigen Serie in London sein Unwesen treibt. Auffällig ist, dass sich die amerikanisch-britische Co-Produktion nicht zu stark auf die moderne Reinterpretation des Dracula-Mythos – jung, schön, einfühlsam – einlassen will, sondern Anleihen nimmt an Bram Stokers literarischem Meisterwerk. Auch spielt «Dracula» nicht in der Gegenwart, sondern im viktorianischen Zeitalter. Dem Trailer zufolge kann man sich auf eine klassische Story freuen, die deutlich rauer und extravaganter daherkommt als moderne Dracula-Geschichten im Stil der „Twilight“-Romane.

Gegen den blutrünstigen Grafen von NBC tritt der kopflose Reiter bei FOX an. Das Network versucht sich an «Sleepy Hollow», der amerikanischen Kurzgeschichte über den Lehrer Ichabod Crane, der am Halloweenabend des Nachts von einem Reiter ohne Kopf gejagt wird. Die neue TV-Serie spielt, anders als «Dracula», in der Gegenwart und erzählt von Hauptfigur Crane, der nach Jahrhunderten im Sleepy Hollow 2013 aufwacht – und erkennen muss, dass sein einstiger Gegenspieler, der kopflose Reiter, ebenfalls in der Gegenwart existiert und weitermordet. Crane muss nicht nur seine Vergangenheit erkunden, sondern mit modernen Mitteln auch gegen den Reiter kämpfen.

Pikant an diesem Horror-Duell ist, dass die beiden Serien an zwei Freitagen direkt hintereinander gezeigt werden. «Sleepy Hollow» wird bis zum 1. November in Wiederholungen freitags um 21 Uhr gesendet, «Dracula» startet am 25. Oktober freitags um 22 Uhr. Möglicherweise hat der FOX-Neustart daher bessere Chancen, erfolgreicher aus diesem Duell zu gehen, da man mehrere Wochen lang keine Konkurrenz befürchten muss. Gemeinsam mit «Dracula» startet auch «Grimm» (Foto) in seine nächste Staffel, das mit den guten bisherigen Quoten ein Vorbild für die neuen Mysteryserien gewesen sein dürfte. Auch wenn sich die beiden Horror-Formate kaum direkt duellieren: Interessant wird allemal, ob das historische, pompöse «Dracula» am Ende besser abschneidet oder das vermeintlich konventionellere, modern getrimmte «Sleepy Hollow» – oder ob sich womöglich beide zum Top oder Flop entwickeln...

Quotenmeter.de begleitet die kommende US-Season wie gewohnt mit Reviews zu vielen Neustarts. Den Auftakt macht ein First Look zu «Sleepy Hollow» am Samstag.
15.09.2013 11:49 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/66145