Popcorn und Rollenwechsel: Gute Himbeerenträger

Adam Sandler gewann zahlreiche Anti-Preise und wird regelmäßig verrissen. Dennoch arbeitet er bald mit einem Spitzenregisseur.

Ähnlich wie der Oscar als Ritterschlag in der Filmwelt angesehen wird, kann die Goldene Himbeere als Anti-Qualitätssiegel verstanden werden. Aber genauso, wie mit dem Academy Award prämierte Schauspielerinnen und Schauspieler absoluten Murks abliefern können, hat der „Gewinn“ des dubiosen Filmpreises in Beerenform nicht zu bedeuten, dass der Preistragende mimisch vollkommen unfähig ist. Deswegen können sich auch mit der Goldene Himbeere prämierte Akteure als sehr gefragt und talentiert erweisen.

Jüngster Fall: Adam Sandler steht derzeit kurz vor dem Vertragsabschluss für eine der Hauptrollen in der Romanadaption «Men, Women & Children», bei der Jason Reitman die Topauswahl für den Regieposten darstellt. Reitman drehte mit «Juno», «Up in the Air» und «Young Adult» drei absolute Kritikerlieblinge und räumte auch schon zahlreiche Auszeichnungen ab. Sandler wiederum tingelt derzeit bekanntlich von einem Film mit desaströsen Kritiken zum nächsten. Der frühere Stand-Up-Comedian gewann bislang sechs Goldene Himbeeren und müsste allein dannach geurteilt zur untersten Garde Hollywoods zählen. Doch Sandler ist keine schauspielerische Katastrophe, sondern schlicht jemand, der sich öfters fragwürdige Drehbücher aussucht. Dass Sandler sehr wandlungsfähig ist, bewies er unterdessen in mehreren Topfilmen wie «Die Liebe in mir» oder «Punch-Drunk Love».

Ein weiterer Razzie-Gewinner, der es eigentlich drauf hat, ist Ben Affleck, der auch abseits des Regiestuhls große Leistungen vollbrachte, etwa in «Die Hollywood-Verschwörung» sowie «Chasing Amy» oder als Darsteller in den von ihm inszenierten Filmen «Argo» oder «The Town». Nicht zu vergessen ist auch John Travolta, der immerhin zwei Oscar-Nominierungen in seiner Vita stehen hat – aber auch drei Razzie-Gewinne. Tja, und selbst Arthouseliebling Willem Dafoe wurde zweifach für die Himbeere nominiert, und zwar für «Body of Evidence» und «Speed 2: Cruise Control».

Die sonderbarste Razzie-Nominierung gab es aber wohl 1981 zu bestaunen, als niemand geringeres als Stanley Kubrick als schlechtester Regisseur zur Wahl stand. Und dies für «Shining». Mittlerweile ist der Horrorklassiker regelmäßig in Filmbestenlisten aufzufinden und ab dem 19. September kann mit «Room 237» auch eine äußerst ambitionierte Dokumentation über den Kultfilm bestaunt werden.

Dass Adam Sandlers «Kindsköpfe 2» eines Tages ähnlich gewürdigt wird, ist zu bezweifeln. Dennoch ist Sandler kein Schauspielgraus. Und unter Reitmans Regieführung macht er sich vielleicht wieder zum Anwärter auf einen positiven Filmpreis.
09.09.2013 08:15 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/65986