Die Kritiker: «Victoria, die junge Königin»

Emily Blunt bezirzt das Publikum als jugendliche Herrscherin in prachtvollen Kostümen.

Inhalt

Hinter den Kulissen

  • Regie: Jean-Marc Vallée
  • Drehbuch: Julian Fellowes
  • Musik: Illan Eshkeri
  • Kamera: Hagen Bogdanski
  • Kostüme: Sandy Powell
  • Produktionsdesign: Patrice Vermette
Im England des frühen 19. Jahrhunderts wächst die junge Victoria von der Außenwelt abgeschieden bei ihrer Mutter, der Herzogin von Kent, und ihrem Vertrauten Sir John Conroy auf. Der König von Belgien rät dem Cousin der künftigen Herrscherin über das britische Königreich, ihrem Cousin Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, sie zu umgarnen. Ziel ist es, so das Haus Coburg fester mit dem Hochadel Europas zu verbinden. Unerwarteterweise hat die junge Königin sehr viel für Albert übrig und so wandelt sich die Zwangsverbindung in wahre, unschuldige Liebe. Albert ist es dann auch, der Victoria später zur Seite steht, wenn ihr Können als Herrscherin in Frage gestellt wird und im Buckingham Palace Intrigen gegen sie gesponnen werden ...

Darsteller
Emily Blunt («Der Plan») als Queen Victoria
Rupert Friend («Homeland») als Prinz Albert
Paul Bettany («Master & Commander - Bis ans Ende der Welt») als Lord Melbourne
Miranda Richardson («Die Tore der Welt») als Herzogin von Kent
Jim Broadbent («Cloud Atlas») als King William
Thomas Kretschmann («Die Grenze») als King Leopold
Mark Strong («ohn Carter») als Sir John Conroy

Kritik
Faktenorientiert – wenn man «Victoria, die junge Königin» (in den deutschen Kinos noch als «Young Victoria» gestartet) eins nicht nennen kann, dann das. Jean-Marc Vallées Liebesdrama vereinfacht und romantisiert die jungen Jahre der Frau, die zu einem Zeitpunkt ihres Lebens über ein Drittel der Erdbevölkerung herrschte und das englische Königshaus in seiner letzten Hochphase anführte. Die Machtspiele, die Streitereien um Weltpolitik und die Intrigen, die der Herrscherin ihre jungen Jahre zur Plage machten und bleibende psychologische Schäden mitgegeben haben sollen, sind in diesem Kostümfilm nur dramaturgischer Schmuck. Sie sind Zierrat einer Adels-Liebesgeschichte – besser gespielt und mit glaubwürdigeren Dialogen versehen als bei Kitschautorin Rosamunde Pilcher und ihren Kollegen, aber nur unwesentlich geistreicher.

Unter anderem von Sarah Ferguson, der Herzogin von York, und Martin Scorsese finanziert, prunkt «Victoria, die junge Königin» vor allem in den visuellen Bereichen: Prachtvolle Kostüme und atemberaubende Hintergründe machen dieses Adelsdrama zu einem wahren Augenschmaus, auch die dramatische, teils Ausleuchtung hebt den Film von zahlreichen Genrekollegen ab. Was nicht bedeuten soll, dass es bei diesem Film einzig und allein um die Staffage geht: Die Filmemacher versammelten ein talentiertes, charakterstarkes Sammelsurium an britischen Darstellern vor der Kamera, die ihre Dialogwechsel gestochen scharf und beherzt von sich geben. Hauptdarstellerin Emily Blunt macht den Wandel von der schwer nahbaren, leicht weltfremden und ungestümen Adeligen zu einer warmherzigen, aufgeschlossenen Liebenden durch subtile Änderungen in ihrem Spiel klar und verfügt auch über eine charismatische, herzliche Leinwandchemie mit Albert-Darsteller Rupert Friend. Doch auch sämtliche Nebendarsteller nehmen ihre Rollen ernst und verleihen selbst schwächer geskripteten Momenten dank engagierter Performance ein solides Maß an Dramatik.

Jean-Marc Vallées steife Inszenierung und die flache Spannungskurve des Drehbuchs, die erst im letzten Akt radikal angehoben wird, machen «Victoria, die junge Königin» zu einem Adelsdrama, das zwar charmant ist, nicht aber mitreißend oder bewegend. Einem Vergleich zu «Elizabeth», dem 1998 veröffentlichten Kostümfilm-Standardwerk mit Cate Blanchett, kann diese Produktion aus dem Jahr 2009 zwar optisch standhalten, inhaltlich liegen zwischen diesen Filmen allerdings Welten.

Das Erste strahlt «Victoria, die junge Königin» am Montag, dem 29. Juli, um 20.15 Uhr aus.
27.07.2013 12:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/65166