Passabel, aber sinnlos

Das neue «Familien Duell - Prominenten-Special» lief Freitagabend zum ersten Mal bei RTL. Wieso die Neuauflage der Kult-Show an sich gar nicht so schlecht, insgesamt jedoch trotzdem für die Katz ist, steht hier...

«Familien Duell» - Eine lange Historie

Das «Familien Duell» lief in Deutschland ursprünglich von 1992 bis 2003 im RTL-Vormittagsprogramm. Kult-Moderator Werner Schulze-Erdel präsentierte in diesen elf Jahren 2275 Folgen. Im Frühjahr 2003 zeigte VOX im Vorabendprogramm testweise für zwei Wochen eigens produzierte Ausgaben. Eine Neuauflage des Konzepts unter dem Titel «5 gegen 5» wurde 2006 von Oliver Petszokat ein halbes Jahr lang täglich um 18 Uhr bei RTL II moderiert. Das Original stammt aus den USA: Dort läuft «Family Feud» bereits seit 1977 mit kurzen Unterbrechungen. In Großbritannien gab es «Family Fortunes» von 1980 bis 2002 bei ITV. Seit 2006 findet dort die Promi-Version «All Star Family Fortunes» statt, an die sich das neue deutsche «Familien Duell - Prominentenspecial» anlehnt.
„Wir haben 100 Leute gefragt: Nennen Sie eine Kult-Show, die Sie unbedingt wiedersehen möchten! Top-Antwort: Familien Duell.“ Mit dieser wenig kreativen Einleitung führte der unvermeidliche RTL-Off-Sprecher Gregor König in die Sendung ein. Den Worten ist insofern zuzustimmen, als dass es genug Zuschauer gibt, die sich das gute alte «Familien Duell» zurückwünschen. Die meisten von ihnen denken da an die tägliche, halbstündige Daytime-Gameshow mit dem einzigartigen Werner Schulze-Erdel als Moderator und ganz normalen Familien als Kandidatenteams. Niemand wäre wohl darauf gekommen, das Format als wöchentliche, einstündige Primetime-Sendung mit prominenten Kandidatenmannschaften und vor allem mit dem omnipräsenten Daniel Hartwich als Moderator zu reanimieren. RTL aber schon. Insofern war es nicht verwunderlich, dass bereits im Vorfeld viel Kritik von Seiten des potenziellen Publikums auf den Sender einprasselte. „Wie können die nur...?!“, „Schon wieder wird eine altehrwürdige Show mit einer furchtbaren Neuauflage zerstört!“, „Macht der Hartwich denn jetzt alles?!“ oder „Dauernd diese Promi-Kandidaten...!“ waren sinngemäße Protestnoten. Nach der ersten Folge steht nun fest: Ganz so schlimm war es gar nicht, aber überflüssig bleibt es dennoch.

Das genial-einfache Grundkonzept vom «Familien Duell» muss nicht mehr erklärt werden und das tat Daniel Hartwich auch im Grunde zu keinem Zeitpunkt, wenn man mal die obligatorischen Werner-Floskeln außer Acht lässt, die er übernommen hat. Die gehörten einfach immer dazu. Ob es allerdings rechtens ist, dass Hartwich sich die magischen Worte zu eigen macht, sei dahingestellt. Womöglich folgt da noch eine Klage auf Urheberrechtsverletzung von Werners Anwalt... Hartwich und die Produktionsfirma GRUNDY, die schon von 1992 bis 2003 den Klassiker auf die Beine stellte, taten nichtsdestotrotz viel, um die Zuschauer an wohlige frühere Zeiten zu erinnern. Dazu trugen nicht nur die besagten Floskeln, sondern auch die Glücksschweine, die vor jeder Runde in sich vermehrender Zahl auf der Anzeigentafel erscheinen und die Jingles bei, die sich an jenen der Originalversion orientieren. Sogar die angedeuteten Kacheln im Kulissenhintergrund des letzten Studios der Werner-Version waren wieder da.

Ja, man unternahm tatsächlich viel, um an vergangene Zeiten anzuknüpfen. Viel, aber eben nicht alles. Und gerade die wichtigsten Dinge sind es, die dem «Familien Duell - Prominenten-Special» fehlen. Wie es der Name schon sagt, fehlen z.B. herkömmliche, typische Familien aus dem Volk, mit denen sich der Zuschauer bei Werner oft so schön identifizieren konnte. Die Promi-Familien bieten dieses Gefühl erstens nicht und sind zweitens auch gar keine richtigen Familien. Wo ist der Sinn der Sendung hin, wenn neben ein paar Verwandten der mehr oder weniger prominenten Teamkapitäne (in der Premiere waren das Uwe Ochsenknecht und Janine Kunze - prominent - sowie Melanie Müller und Manuel Cortez - weniger prominent) einfache Freunde die Mannschaft komplettieren? Das wäre früher undenkbar gewesen. Überdies fehlt der recht flotte, dynamische Spielablauf des Originals. Wenn doppelt so lang gesendet wird, müssen schließlich auch doppelt so viele „Familien“ und Spielrunden her. Das kann sich ziehen. In der ersten Ausgabe ging es noch, weil die Promis ziemlich unterhaltsam waren, wenn vielleicht auch auf teils niveaulose Art und Weise. Spielen dagegen langweiligere Sternchen, könnte es demnächst schon einmal zäher werden. Wie die zwei Shows in einer letztlich zusammengeführt werden, überrascht nicht: Die Gewinner der beiden Hauptduells treten in einer Entscheidungsrunde gegeneinander an. Da kommen alle acht „Familien“-Mitglieder der beiden Gewinnerteams einmal ans Pult zu Hartwich und müssen direkt nach Top-Antworten buzzern. Eine ganz nette Ergänzung des Ursprungskonzepts, die man jedoch eigentlich auch in selbiges hätte einbauen können, so wie es mittlerweile seit ein paar Jahren im US-Vorbild «Family Feud» praktiziert wird. Dass in der dritten Runde eines jeden Hauptduells, wenn es um die dreifache Punktzahl geht, keine 100 Leute, sondern die 300 Zuschauer des Studiopublikums befragt werden, ist dagegen keine nette Ergänzung, sondern eher abkömmlich. Diese Aktion hilft Daniel Hartwich nur, den langwierigen Spielablauf etwas durch blödelnden Smalltalk mit dem Publikum auflockern zu können.

Ach ja, der Hartwich: Na ja, dass der gegen den goldenen Werner wie Leichtmetall wirkt, braucht an dieser Stelle nicht extra erwähnt zu werden. Verglichen mit seinen sonstigen 200, zumeist unerträglichen Einsätzen bei RTL, wirkt er im «Familien Duell - Prominenten-Special» aber noch halbwegs erträglich. Wenn er mit den Kandidaten spricht, sind das ironische Wortwechsel, die stellenweise tatsächlich ein wenig witzig sind. Hartwichs typisches Veräppeln der Promis ist unabdingbar. Der heilige und damit erst recht lustige Ernst des Werner Schulze-Erdel ist ihm hingegen natürlich fremd. Dass er die Sendung nicht als entscheidender Faktor trägt wie sein Ur-Vorgänger, könnte mit den Promi-Kandidaten versucht worden sein, auszugleichen. Ob Hartwich mit Normalos so souverän umgehen könnte, darf bezweifelt werden. Er hoffe, dass er seinem Vorgänger keine Schande macht und dass die Zuschauer das «Familien Duell» mit ihm als neuem Moderator akzeptieren, betonte Hartwich im Vorfeld. Dabei hat er seinem Vorgänger im Grunde genommen bereits mit der bloßen Übernahme der Kult-Show Schande bereitet, denn wer eigentlich der rechtmäßige Spielleiter gewesen wäre, das steht außer Frage. Gerade auch deshalb werden die Zuschauer ihn wohl nicht akzeptieren. Und trotzdem lässt sich, betrachtet man das gegenwärtige Unterfangen einmal separat, nichts Schlechtes über Hartwichs Moderation des Formats sagen. Nur eben auch nichts Gutes.

Es ist also im neuen «Familien Duell - Prominenten-Special» nicht der Gastgeber, der entscheidend wirkt. Da muss schon das Konzept aushelfen. Dass es nun einmal, trotz leichter Modifizierungen, nicht erklärt werden muss, demonstriert seine Stärke. Ob nun Promiteams raten, die zu Beginn der Show auch in kurzen Einspielfilmen vorgestellt werden, ist für das brillante Moment des Spiels vordergründig unerheblich. Der Zuschauer wird so oder so zum Mitdenken animiert und kann ohnehin über manche Antworten der Studiokandidaten lachen. Neue Umfragen, die man aus der Werner-Zeit noch nicht kannte, tragen ihren Teil dazu bei. Geschenke der „Familien“ an Hartwich sind dagegen unnötig, denn die bekam der Werner schließlich auch nur manchmal. Ein Familien-Wappen oder eine goldene Werner-Statue gibt es als fragwürdigen Ausgleich nicht mehr. Kein Wunder, findet die Show doch nicht mehr in Werners „guter Stube“ statt, sondern in einem modernen Studio, das zwar ganz elegant, aber dennoch x-beliebig aussieht. Die fast schon legendäre Titelmusik des Originals erklingt nicht mehr. Dafür ertönt eine leicht abgewandelte Form von „Get lucky“, dem aktuellen Hit von Daft Punk.

„Get lucky“ – kann denn der kritische Zuschauer, der sich vor der Premiere von «Familien Duell - Prominenten-Special» bereits so darüber mokiert hat, wirklich doch noch glücklich werden mit dieser neuen Form seiner geliebten Kult-Show? Nein. Das kann er unterm Strich ebenso selbstverständlich wie erwartungsgemäß nicht. Dafür, dass das neue «Familien Duell» mit Prominenten als Kandidaten, Hartwich als Moderator und einer wöchentlichen Stunde als Ausstrahlungsart daherkommt, ist es gar nicht mal ganz so schlecht. Verglichen mit sonstigen einschlägigen RTL-Formaten kann man es durchaus anschauen. Doch das nützt am Ende herzlich wenig, wenn der geneigte Zuschauer die Show in dieser Form nun mal einfach nicht sehen will. In welcher er sich selbige zurücksehnt, ist so bekannt, dass eigentlich sogar RTL es registriert haben müsste. Der Sender hat eine passable, aber sinnlose Neuauflage seines Klassikers ins Leben gerufen. Ihren einzigen Sinn hätte die am ehesten noch, wenn sie als Aufhänger für eine möglicherweise insgeheim geplante Rückkehr des ursprünglichen «Familien Duell» auf Sendung geschickt worden wäre. Dass RTL eine solche Rückkehr plant, ist – entgegen jeder Vernunft – allerdings so unwahrscheinlich wie der Fall, dass einer der kommenden Show-Neustarts der nächsten 30 Jahre im Sender doch noch einmal ohne Daniel Hartwich als Moderator auskommen wird. Der goldene Werner Schulze-Erdel muss also weiterhin auf anderen Bühnen des deutschen Fernsehens zeigen, dass er als coole Sau und alter Hase des Showgeschäfts immer noch doppelt und dreimal so gut moderieren kann, wie alle neuen 08/15-Möchtegern-Präsentatoren zusammen. Im «ZDF-Fernsehgarten» geht das beispielsweise. Im Garten Eden von RTL leider schon seit zehn Jahren nicht mehr. Hach, Onkel Werner...
27.07.2013 00:00 Uhr  •  Gregor Elsbeck Kurz-URL: qmde.de/65163