Mama Mia, ein bisschen mehr «Bachelor», bitte!

Am Mittwochabend startete RTL sein neues Kuppelformat, das sich Gott sei Dank weitestgehend vom Trash entfernt hielt.

Hinter den Kulissen

  • Executive Producer: Peter Werse
  • Senior Producer: Kristina Vormbergen
  • Producer: Jenny Haupt
  • Niko Kazemi
  • Produktion: Eyeworks nach einer Formatvorlage von Eyeworks Netherlands
Bevor RTL ab der kommenden Woche C-Promis durch die afrikanische Wüste schickt, startete der Sender in dieser Woche die neue Kuppelshow «Mama Mia», die schon allein wegen der Frage nach ihrer genauen Ausrichtung mit besonderer Spannung erwartet wurde. Würde die Produktionsfirma Eyeworks eher in die (denkwürdige) Richtung a la «Bauer sucht Frau» gehen oder sich am erfolgreichen «Bachelor» orientieren? Denn: Vom Original «Who wants to marry my son?» unterscheidet man sich schon allein deshalb, weil man sich für die vom «Bachelor» bekannte Sommer-Sonne-Location entschieden hat. Immerhin hat man das Format hierzulande also eher in Richtung des Junggesellen adaptiert und nicht in Richtung «Bauer sucht Frau», wenngleich die Pfade an manchen Stellen nicht so sonderlich weit auseinander schienen.

Vier Single-Männer sind für die Show in eine malerische Kulisse gereist (hier braucht sich «Mama Mia» nicht vor dem von ITV produzierten «Bachelor» verstecken), um mit Mama gemeinsam aus acht Frauen „die Richtige“ auszuwählen. Und genau hier beginnt sich das RTL-Sommerformat sowohl vom «Bachelor» als auch von den Trash-Kuppelformaten zu unterscheiden. Es geht den Machern nicht um das Bloßstellen der Teilnehmer, wenngleich einige durch gezieltes Einsetzen von Musiktiteln („Deeper Underground“) oder durch Wiederholungen, wie von RTL-Sendungen bekannt, durchaus klar positioniert werden.

Es ist aber auch nicht so, dass in «Mama Mia» eine Welt der Unfehlbarkeit herrscht – weder bei den Mädels noch bei den Jungs. Oberflächlich betrachtet könnte man also sagen: Die Singles sind nicht so perfekt wie der «Bachelor» und die Mädels nicht so schön wie dessen Kandidatinnen. Alles geht eine Spur natürlicher zu. Da ist der Single-Mann kein Millionär, sondern Pizza-Bäcker, wohnt gerne auch mit 26 noch bei Mutti oder hat hauptsächlich Party im Kopf. Das mag das normale Leben sein.

Nach der etwas zu lang geratenen Vorstellung der Protagonisten und einem (Gott sei Dank) schnellen Aussieben von jeweils zwei Bewerber(inne)n, werden aber Parallelen zum «Bachelor» durchaus erkennbar. Ein erster Zickenkrieg auf der Yacht, Einzeldates (inklusive der „Warum nicht ich?“-Frage), die von eifersüchtigen Mitstreiterinnen unterbrochen werden und die Einschätzungen des umbuhlten Mannes – all das hat RTL im Winter schon angeboten. In diesem Fall aber fällt das nicht so schwer ins Gewicht, denn durch das Hinzuziehen der Mama kommt ein weiterer Aspekt mit in die Show. Nicht nur die Meinung des Mannes zählt, sondern vielleicht auch der etwas vernünftigere Blick der Mutter.

Eine Kandidatin, die sich in 10 Jahren ein Kind wünscht? Für den Single-Mann eher abschreckend, für Mama aber nicht. Kurzum: Keiner der Teilnehmer ist unfehlbar, jeder hat seine Macken. Auch Mutti, die via Schnellboot über das Meer düst, um den Sohnemann auf der Yacht beim Feiern zu beobachten. Genau das ist aber der Punkt, der möglicherweise zum Misserfolg führen könnte. «Mama Mia» ist kein Trash-Format zum Fremdschämen, aber eben auch kein Vorgaukeln einer vermeintlich heilen Welt. Es geht nicht um den perfekten Mann, sondern um den Typen von Nebenan.

Die Prämisse aber könnte schnell langweilig werden, da hilft eventuell auch die sehr malerische Kulisse nicht – und auch nicht der Punkt, dass RTL unter anderem auch ein schwules Pärchen zu verkuppeln versucht. Dass in dem Format aber Potenzial steckt, steht zweifelsohne fest – nur müsste es sich dann noch deutlicher in Richtung «Bachelor» bewegen. Vermutlich wird dies im Laufe der ersten Staffel passieren – zumindest bekam man in einer kurzen Vorschau zu Beginn der ersten Folge einen entsprechenden Eindruck.

Eyeworks hat mit der Sommershow solide Arbeit abgeliefert, die (in den meisten Fällen) nicht gestellt und nachgedreht wirkt, am Ende aber nicht an die Qualität des wahrlich großartigen «Bachelors» heranreicht. Vielleicht aber reicht es trotzdem zu einem ansehnlichen Erfolg. Es könnte Schlimmeres geben.
03.07.2013 22:38 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/64727