«Rach deckt auf»: Wie soll es weitergehen?

Stabil sind die Quoten von «Rach deckt auf» zwar nicht, dennoch hat das Format genug Potential für eine zweite Staffel. Worauf sollte diese achten?

Es gibt, glaube ich, sehr viele Dinge, die wir kritisieren können, die verbesserungswürdig sind. Aber kritisieren, das kann ja jeder. Das Besondere an unserem Format wird sein, dass wir auch immer eine Lösung anbieten. Wir sagen wie es wirklich aussehen sollte und was der optimale Zustand wäre.
Rach darüber, wie er in seinen Formaten Kritik anzubringen versucht.
Ernährung ist ein großes Thema für das deutsche Fernsehpublikum: Im ZDF testet Sternekoch Nelson Müller Fertigkost, Billig-Bioprodukte und No-Name-Lebensmittel, ZDFneo gestaltet mit Lebensmittelfragen ein ganzes Magazin namens «Da wird mir übel!» und auch Restauranttester Christian Rach lockt mit einem neuen Format über Ernährungsfragen zahlreiche Zuschauer an. Die Premiere von «Rach deckt auf» kam am 17. Juni auf solide 3,23 Millionen Zuschauer ab drei Jahren, während für die RTL-Sendung in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen stolze 19,8 Prozent Marktanteil drin waren. An diese äußerst zufriedenstellenden Werte knüpfte die Ausgabe der Folgewoche zwar nicht nahtlos an, dennoch wären Überlegungen, «Rach deckt auf» fortzusetzen, nicht absurd. Immerhin fallen bei diesem Format zwei elementare Aspekte zusammen: Ein gefragtes Thema und ein geachteter Dokusoap-Moderator.

Potential hätten weitere Folgen: Inhaltlich eh, schließlich gibt es genügend Ernährungsmythen und Lebensmittelskandale, denen Rach nachgehen könnte, und obendrein auch aus Quotensicht. Der Quotenknick nach der Premierenausgabe zeigt zwar, dass das Publikum nicht gänzlich zufrieden mit dem Format ist – statt es aber kurzsichtig aufzugeben, sollten die Verantwortlichen die bisherigen Folgen und ihre Stärken sowie Schwächen analysieren und so auf längere Sicht dem RTL-Montagabend helfen.

Eine der Stärken von «Rach deckt auf» ist die Ruhe und Authentizität, die Rach im Gegensatz zu seinen zahlreichen Helferdoku-Kollegen ausstrahlt. Wo sich Kupelsoap-Moderatoren wie Inka Bause über Ratlose lustig machen und allerhand Dokusoap-Moderatoren den Eindruck erwecken, ihnen wäre es wichtiger, selbst vor die Kamera zu treten, glaubt man Rach, dass ihm das Thema am Herzen liegt. Dies bedingt sich auch aus seinem Verzicht auf Überdramatisierungen. In der zweiten Folge seiner Aufklärungsdoku etwa berichtet Rach ohne großes Aufheben über zusammengesetzten Schinken. Es ist nicht die Rede von vermeintlichen Gesundheitsgefahren, er selbst spricht nicht von hinterhältigem Betrug, sondern fängt O-Töne ein, in denen diese Meinung ebenso repräsentiert wird wie ein ratloses Schulternzucken. Rach erläutert bloß, woran man Klebeschinken von naturgewachsenem Schinken unterscheiden kann und weshalb er den unbehandelten Schinken bevorzugt. Kein Drama, sondern ganz bodenständige Informationsvermittlung.

Diesen Pluspunkt von «Rach deckt auf» müsste eine etwaige zweite Staffel ausbauen. In der Premierenfolge zum Beispiel kam der Sternekoch und Moderator, der zweifelsohne viele der Zuschauer überhaupt erst zum Einschalten bewegen konnte, kaum zum Zug. Einen Christian Rach während rund 60 Minuten kurz mit einer kochfaulen Familie reden zu lassen und dann noch in die USA zu schicken, um über ein besonders fettiges Fast-Food-Restaurant den Kopf zu schütteln, ist in dieser Hektik leider völlig verschenkt. Die kurzen, rasch Informationen und wertende Kommentare vereinenden Moderationen aus dem Off könnten so auch fast aus einem «Galileo Spezial» über ungesundes Essen stammen. Wer Rach einschaltet, will nicht knapp über die Existenz eines gesundheitsgefährenden Restaurants informiert werden oder hören, dass Rach die Ernährung einer Familie mit der Kamera überwachen lässt.

Wer Rach einschaltet, will sehen, wie er mit seiner ganz eigenen Mischung aus Hamburger Direktheit, Passion für gutes Essen und spitzem Charme eine Problemsituation rettet. Statt in der Pilotfolge den US-Bericht und einen Exkurs über irreführende Lebensmittelabbildungen auf Verpackungen einzubinden, hätte man sich auf die Familie mit ihren ungesunden Essgewohnheiten konzentrieren können. Der Ansatz, dass Rach sie beobachtet, nachdem ihr sie ins kalte Wasser schmiss und alle ungesunden Speisen mit einem Bann belegt hat, ist in Ordnung. Doch dies hätte mit mehr Ruhe gezeigt werden und mit einer ausführlichen Auflösung bedacht werden sollen, in der Rach den kochfaulen Familienmitgliedern persönlich (und nicht wie in der eigentlichen Folge am Telefon) beibringt, wie man richtig kocht und erläutert, wann Pizza, Burger und Co. eben doch akzeptabel sind.

Die am 1. Juli ausgestrahlte, dritte Ausgabe, machte es so gesehen in fast allen Belangen richtig: Nach einer kurzen Einleitung über generelle Beobachtungen hinsichtlich Schulkantinenessen nimmt sich Rach exemplarisch einer schlecht laufenden Schulkantine an und positioniert sie Stück für Stück neu, bis sie gesünder und einträglicher ist. Rach macht klar, dass es sich nur um ein Exempel handelt und befindet sich als engagierter, besonnener Helfer auch völlig in seinem Element. Kritisieren könnte man einzig, dass die Dramaturgie der Episode zu kantenlos ist – es erscheint ungewöhnlich, dass Rachs Offensive auf so wenig Gegenwehr stößt und es wäre daher zumindest interessant gewesen, wenigstens auf Stolpersteine einzugehen, die in der Praxis bei der Verbesserung anderer Kantinenangebote vorkamen oder die theoretisch aufkommen könnten.

Alles in allem ist «Rach deckt auf» kein revolutionäres Dokusoap-Format, und diesen Anspruch erhebt die Sendung auch gar nicht. Rach will auf primetimekompatible Weise Aufklärung betreiben und dies gelingt ihm auch mit Kurzweil und Glaubwürdigkeit. Für kommende Ausgaben sollten er und sein Team sich aber etwas stärker auf ihre bereits bekannten Qualitäten konzentrieren. Dann bleibt sicher auch die Quote wieder länger frisch.
02.07.2013 12:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/64680