Die Kino-Kritiker: «Star Trek into Darkness»

Mit «Star Trek into Darkness» schuf Sci-Fi-Regisseur J.J. Abrams einen gelungenen Nachfolger des Franchises, orientierte sich bei der Konzeption aber ganz klar an den Vorlieben der jüngeren Generation.

«Star Trek into Darkness»

  • Kinostart: 9. Mai 2013
  • Genre: Science-Fiction
  • Laufzeit: 132 Min.
  • FSK: 12
  • Kamera: Daniel Mindel
  • Musik: Michael Giacchino
  • Autor: Damon Lindelof
  • Regie: J.J. Abrams
  • Darsteller: Benedict Cumberbatch, Chris Pine, Zachary Quinto, Simon Pegg, Zoe Saldana, Karl Urban
  • OT: Star Trek into Darkness (USA 2013)
Dunkel geht es wahrlich zu, im zweiten, von J.J. Abrams konzipierten, «Star Trek»-Film. Mit «Star Trek into Darkness» erzählt er die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise weiter, mit denen er 2009 das angestaubte Franchise zu neuem Leben erweckte. Von der friedlichen Sci-Fi-Opera, für dessen Geschichten sich ganze Generationen vor den Leinwänden und Fernsehschirmen versammelten, ist heute kaum mehr etwas übrig. Vorbei sind die Zeiten, in denen es noch hauptsächlich darum ging, neue Zivilisationen, Planeten und Lebensformen zu entdecken. Die Enterprise schippert nicht mehr gemütlich durchs All. Heute bekämpft sie Weltraumterroristen aller Art und ballert sich auch ganz gern mal durchs Geschehen, wie John McClane durch die niemals sterbende «Die Hard»-Reihe. Doch mit J.J. Abrams hat das «Star Trek»-Franchise eindeutig den besseren Geschichtenerzähler mit an Bord – auch wenn er dieses Talent in «Star Trek into Darkness» nicht vollständig ausnutzt.

Nach einem riskanten Rettungsmanöver wird Kirk (Chris Pine) von Admiral Pike (Bruce Greenword) zum ersten Offizier der Enterprise degradiert und Spock (Zachary Quinto) bekommt ein neues Raumschiff zugewiesen. Als beide beginnen, sich gezwungenermaßen mit dieser Situation anzufreunden, überschlagen sich die Ereignisse. John Harrison (Benedict Cumberbatch), ein Mann aus den eigenen Reihen, erklärt der Sternenflotte den Krieg und zwingt die Förderation zu drastischen Maßnahmen. Als Kirk erkennt, dass Harrisson genau diesen Plan verfolgt, erhält er das Kommando über die Enterprise zurück und macht sich auf, den Terroristen, der sich auf Kronos, dem Heimatplaneten der Klingonen, versteckt hält, zu fassen und vor Gericht zu stellen. Das ist jedoch erst der Anfang eines Krieges epischen Ausmaßes, hinter dem ein noch viel perfiderer Plan steckt, als die Besatzung der Enterprise zunächst annehmen konnte.

Eigentlich hat «Star Trek into Darkness» alles, was ein mit dem Zeitgeist gehender Teil der beliebten Science-Fiction-Reihe im Jahr 2013 braucht. Er hat einen attraktiven und – wichtig! – zu Teil eins identischen Cast, bewegt sich in optisch ungeahnten CGI-Sphären, besitzt sympathischen Wortwitz und stellt einen Bösewicht wie aus dem Bilderbuch. Woran er jedoch krankt, ist die Tatsache, dass auch die perfektesten Effektgewitter nicht darüber hinwegtäuschen können, dass der rote Handlungsfaden wesentlich blasser ausfällt, als noch in Abrams‘ ersten Film. Dabei kommt der gut zwanzigminütige Prolog noch mit einem Donnerwetter daher, aus dem andere ein Blockbusterfinale kreieren würden. Chris Pine («Smokin‘ Aces») und Zachary Quinto («American Horror Story») bewegen sich in einem irren Tempo durch das rote Dickicht eines fremden Planeten, liefern sich dabei die üblichen Wortgefechte und verfolgen ihren Plan, die anwesenden Eingeborenen vor dem Ausbruch eines Vulkans zu bewahren, mit Kampfgeist und sympathischer Verbissenheit. So lässt die Anfangssequenz den Schluss zu, J.J. Abrams habe sich auch in «Star Trek into Darkness» wieder auf den Ursprungsgedanken der Reihe verlassen und diesen in hypermoderne und wahrlich großartige Bilder gekleidet.

Nach dem gelungenen Prolog geht es auf die Erde. Und zum Verdruss vieler «Star Trek»-Fans wird hier ein Großteil der Geschichte spielen. Dennoch hält sie sich nicht länger auf als nötig. Überhaupt zeigt sich «Into Darkness» überraschend kurzweilig. Richtig in Schwung kommt die Haupthandlung jedoch erst mit dem Erscheinen von John Harrison, der sich mit einschüchternder Präsenz durch die Szenerien bewegt. Ein wenig erinnert die Ausrichtung seiner Rolle an Javier Bardems Raoul Silva in «Skyfall», wird jedoch von einem Akteur gänzlich anderen Auftritts verkörpert. «Sherlock»-Star Benedict Cumberbatch zieht die Blicke auf sich, wann immer er auftaucht. Vor allem seine auffällige Mimik lässt das Publikum an seinen Lippen kleben und wenn sich Harrison den Weg mit den Fäusten freikämpft, beweist der britische Darsteller, dass es nicht die Muskeln sind, die ihn zu einem der angsteinflößendsten Filmbösewichte der jüngeren Filmgeschichte machen. Leider hat er durch die Art, seinen Worten mit dem ganzen Gesicht Ausdruck zu verleihen, das Luxusproblem, dass die deutsche Synchronisation ab und an unfreiwillig komisch wirkt. An dieser Stelle sei dem Publikum der Einfachheit halber auch die englische Originalfassung ans Herz gelegt, wenngleich auch die deutsche mehr als gelungen ist. Und das, obwohl Cumberbatch auf seinen Stammsprecher Tommy Morgenstern verzichten musste.

Leider machte J.J. Abrams den Fehler, die Möglichkeiten, die er mit Harrison gehabt hätte, nicht vollständig auszuschöpfen. So taucht ausgerechnet die intensivste aller Figuren in nur rund 25 Minuten des gesamten Films auf und bekommt kaum die Gelegenheit für naheliegende Psychoduelle. Ab einem gewissen Moment wird Harrison zur puren Kampfmaschine und lässt den Handlungsbogen radikal nach unten schnellen. Überhaupt krankt die Geschichte an vielen Stellen daran, unfertig zu wirken. Angerissene Nebenplots, wie etwa ein persönlicher Zwist zwischen Uhura (Zoe Saldana) und Spock werden nicht zu Ende erzählt und verpuffen in einer Alibi-Auflösung. Auch das Auftauchen von Dr. Carol Marcus (Alice Eve) bildet – pardon – lediglich störendes Beiwerk, da es die Handlung nicht vorantreibt sondern eher ausbremst. Dem restlichen, schon aus Teil eins bekannten Cast, gelingt es jedoch halbwegs, diese Patzer aufzuwiegen. Vor allem Simon Pegg («Shaun of the Dead») als Scotty erhält endlich den bedeutungsvollen Auftritt, den seine sympathietragende Figur schon in Teil eins verdiente. Zachary Quinto und Chris Pine geben eine gewohnt souveräne Leistung ab und überzeugen vor allem gen Ende, wenn sich seitens Spock echte Gefühlsregungen zeigen. Würde diese Szene nicht den Eindruck machen, als sei sie um der puren Melancholie Willen in die Story eingebaut worden, würde sie tatsächlich eines der Highlights in «Star Trek into Darkness» bilden.

Auf der Handlungsebene wäre dem Streifen gerade deshalb so viel mehr zuzutrauen gewesen, da sich «Into Darkness» offensichtlich an Elementen aus «Star Trek II – Der Zorn des Khan» bedient. Leider lässt der aktuelle Vertreter dadurch aber nur die Eigenständigkeit seines Vorgängers vermissen und wirkt bruchstückhaft wie ein Aufguss von bereits Gesehenem. Per se ist es nicht verachtenswert, wenn Abrams und Autor Damon Lindelof («Prometheus») in derartiger Form den Vorgängerfilmen ihren Tribut zollen. Da zu den Elementen, die sie in die Story einbrachten, jedoch vor allem die gehören, die zu den schwächeren zählen, bleibt «Star Trek into Darkness» – aus Plotsicht – weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Nah an der Perfektion bewegen sich hingegen sämtliche optischen und akustischen Darbietungen, die das Publikum zu sehen bekommt. Vor allem die sich im Weltraum abspielenden Sequenzen liegen von der optischen Opulenz noch einmal ein gutes Stück über denen aus dem ersten «Star Trek»-Film. Wenn das mächtige Raumschiff von John Harrison mitten auf die Erde kracht und San Francisco dem Erdboden gleichmacht, muss zwangsläufig jeder den Atem anhalten. So intensiv sind die Bilder, die Kameramann Daniel Mindel («John Carter») einfängt. In der Hinsicht ist «Star Trek into Darkness» Blockbusterkino vom Feinsten, und nimmt sich in Bezug auf Teil eins vor allem die Kritiken zu Herzen, die sich weniger hektisch geschnittene und ruhigere Einstellungen wünschten. So behält das Publikum jederzeit den Überblick über das Geschehen. Passend dazu bietet auch der Soundtrack genau das, was man von einem Film des «Star Trek»-Franchises erwartet. Treibend, futuristisch und simpel. Natürlich darf auch das Leitthema nicht fehlen, das immer mal wieder hervor lugt. Verantwortlich für die musikalische Untermalung zeichnete Michael Giacchino, der bereits die Musik für den «Darkness»-Vorgänger komponierte.

Fazit: J.J. Abrams hat ohne Zweifel einen würdigen «Star Trek»-Nachfolger kreiert, der jedoch an vielerlei Stellen noch viel besser hätte ausfallen können. Die Qualität der Handlung kann nicht mit der der Effekte mithalten, weshalb sich vor allem der Teil der «Star Trek»-Fangemeinde an «Star Trek into Darkness» erfreuen wird, der die Action am ersten Teil schätzt und nicht viel wert auf die Atmosphäre der alten Serien und Filme legt. Terrorismus im All statt nette Erkundungstouren zu fremden Galaxien – das ist «Star Trek» für eine neue Generation.

«Star Trek into Darkness» ist ab sofort in den deutschen Kinos zu sehen.
10.05.2013 00:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/63684