Hat Horrorkost aus deutschen Landen überhaupt nochmal die Chance, in der Gunst der Zuschauer zu steigen? Momentan sieht es nicht so aus und leider hat auch die Horrorproduktion «Zimmer 205» nicht die Chance, das kritische Publikum vom Gegenteil zu überzeugen.
Katrin (Jennifer Ulrich) hatte es nicht leicht. Nach dem Selbstmord ihrer Mutter in ein seelisches Loch gefallen, wagt sie mit dem Beginn eines Studiums einen Neuanfang. Weit weg von Zuhause und ohne ihren überfürsorglichen Vater bezieht sie in einem Studentenwohnheim das Zimmer 205. Schnell kommt sie in Kontakt mit Mitkommilitonen und sie scheint in eine hoffnungsvolle Zukunft zu steuern. Sogar das männliche Geschlecht ist ihr nicht abgeneigt. Doch eines Tages erfährt sie von der düsteren Vergangenheit ihrer Vormieterin. Annika (Julia Dietze) lebte ebenfalls in Zimmer 205 und verschwand vom einen auf den anderen Tag spurlos. Diese Tatsache könnte Katrin eigentlich egal sein, würde sie nicht plötzlich seltsame Nachrichten von ebenjener Annika erhalten, die darauf hindeuten, ihre Mitstudenten könnten etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben. Auf einmal wird Katrin von finsteren Visionen heimgesucht und schon bald ereignen sich erste mysteriöse Todesfälle. Schnell rückt die psychisch labile Studentin in den Fokus der Ermittlungen, doch sie hat längst selbst die finstere Spur ihrer Vormieterin aufgenommen…
Einer von ihnen ist die Qualität des Ensembles. Während auch erstklassige Hollywoodproduktionen nicht davor gefeit sind, sich innerhalb der Besetzungsliste doch mal den einen oder anderen Ausreißer nach unten zu erlauben, bewies Matsutani bei der Zusammensetzung des Casts ein beachtliches Fingerspitzengefühl. Sämtliche Darsteller verkörpern ihre Rollen glaubhaft. Allen voran Julia Dietze («Iron Sky») ist es, die voll und ganz in ihrer perfiden Rolle aufgeht die sie sich mittels Method Acting aneignete. Seien es die wenigen Momente, in denen sich Dietze tatsächlich in Richtung Kamera wendet und mit einem stechenden Blick ihre Umwelt fokussiert, oder die Augenblicke in denen sie durch kleine Gesten und Mimiken ihrer als undurchsichtig angelegten Figur Kontur verleiht: Dietze ist ein durch und durch fieser Bösewicht und braucht für ihr Ziel, Schrecken zu erzeugen, nicht viel. Ihr gegenüber steht die zierliche Jennifer Ulrich («Wir sind die Nacht»), die es optisch nicht mal annährend mit den einnehmenden Auftritten Dietzes aufnehmen kann. Ihre Rolle der Katrin offenbart nie so ganz, inwieweit sie psychisch stabil oder selbst in die unheimlichen Geschehnisse verwickelt ist, was den Reiz ihrer Figur ausmacht. Sei es das andauernde Fingernägelkauen oder ihre Reaktionen auf die Visionen: Jennifer Ulrichs Katrin ist vor allem eines: undurchsichtig und daher bis zum Schluss nie wirklich einzuordnen. Ulrich weiß die Vielschichtigkeit ihrer Figur perfekt umzusetzen und überzeugt daher ebenso sehr wie Julia Dietze. Gemeinsam gelingt es den beiden, den Film zu tragen, wenngleich Jennifer Ulrichs Darbietungen fast einer One-Woman-Show gleichen. Auch unter den Nebendarstellern finden sich jede Menge bekannte Gesichter. André Hennecke («GSG 9»), Tino Mewes («Danni Lowinski») und Inez Bjørg David («Männerherzen») sind dabei nur ein Teil des Casts, der somit durch die Bank hochwertig besetzt ist.
Leider hangelt sich dieses tolle Ensemble durch ein Drehbuch, das sich von der ersten bis zur letzten Szene ausschließlich an Motiven aus bekannten Horrorfilmen anzulehnen versucht. Dabei schien der Regisseur eine Schwäche für japanischen Horror à la «Ring» und «Dark Water» sowie sich bewährte Elemente aus Klassikern wie «Wenn die Gondeln Trauer tragen» zu haben, denn nicht nur bei der Optik ließ sich Matsutani von den japanischen Kollegen allzu offensichtlich inspirieren. Auch Drehbuchautor Eckhard Vollmer («Das Haus der Krokodile») reihte munter ein Klischee an das nächste und machte damit genau das falsch, was Kritiker deutscher Genrekost ohnehin schon seit Jahren vorwerfen. Dem Zuschauer bleibt vom unheilvollen Blick in den Spiegel über den unerwarteten Flashback bis hin zum abstrusen, offenen Ende nichts erspart, was er nicht schon woanders wesentlich besser und interessanter gesehen hat. Stellenweise klaute man sogar ganze Storylines, indem man eine markante Aufklärung des Horror-Meilensteins «Ring» einfach 1:1 übernahm und lediglich deutschen Gefilden anpasste. Das nimmt der Inszenierung jeglichen Schrecken und macht aufgrund der meilenweit gegen den Wind zu riechenden Auflösung lediglich Platz für gepflegte Langeweile, wogegen auch die interessanten und international anmutenden Settings nichts ausrichten können.