First Look: «Red Widow» – Dead on Arrival

ABC hat einen neuen Drama-Flop: «Red Widow». Wir sagen, ob der Freshman zurecht beim Publikum durchfällt.

Staff von «Red Widow»

  • Produktionsfirma: ABC Studios, Endemol, Tall Girls Productions
  • Schöpfer: Melissa Rosenberg, basierend auf dem niederländischen Format «Penoza» von Pieter Bart Korthuis und Diederik van Rooijen
  • Executive Producers: Melissa Rosenberg, Jeremy Gold, Alon Aranya und Howard Klein
  • Darsteller: Radha Mitchell, Goran Visnjic, Clifton Collins Jr. u.v.a.
«Sopranos» meets «Desperate Housewives» oder «Weeds» mit Mafia-Verwicklungen und Network-gerecht. Wie man «Red Widow» auch beschreiben will, schon die Prämisse mutet seltsam an: Soccer Mom Marta, die mit ihrem bärtig-verschrobenen, in verwaschenen Shirts und Hosen bemüht auf Schlabber, aber knuffig zurechtgekleideten Mann Evan und ihren drei Kindern, Grundschüler bis Teenager, im Großraum San Francisco lebt, ist die Tochter eines russischen Mafiabosses, der seine dubiosen Geschäfte aus einem Café in der Innenstadt führt. Gatte Evan steckt ebenfalls bis zum Hals im Familiengeschäft – bis ein Deal mit der Konkurrenz schief geht und er bei einem Drive-By vor seinem Haus erschossen wird.

Von diesem Punkt an ist Autorin Melissa Rosenberg («Twilight») bemüht, den Pilot dahin auf Kurs zu bringen, wo die dramaturgische Reise hinzugehen hat: Marta soll, gegen ihren eigentlichen Willen natürlich, Evans Platz in den Drogenschmugglereien ihrer Familie einnehmen und zwischen den Fronten Soccer-Mom von drei Kindern und eiskalter Mafiosa mäandrieren. Glaubwürdig ist das nicht; Rosenbergs eher fadenscheinige Begründungen, die sie ihrer Marta für ihr Sich-Hineinziehen-lassen in die mafiösen Strukturen gibt, machen das ziemlich unmöglich.

Doch es ist vor allem der Ton, den Rosenberg leider nicht getroffen hat. Will man einen Stoff über die organisierte Kriminalität spannend erzählen, darf man vor einer gewissen Radikalität nicht zurückschrecken. «Red Widow» wirkt über weite Strecken der ersten beiden Folgen jedoch zu sehr auf das Klischeebild von Frauenaffinität getrimmt. Mit allen Konsequenzen: Evan liegt in der Klimax des ersten Aktes nicht einfach tot auf der Straße, wie man das in «Breaking Bad» sehen würde. Nein, er muss sich theatralisch erschießen lassen, im blutüberströmten T-Shirt neben seinem kleinen Sohn sein Leben aushauchen und seine Frau Marta muss in Zeitlupe aus dem Haus rennen, um ihm in seinen letzten Momenten verzweifelt beizustehen. Melodram, ich hör' dein Trapsen.

Es ist diese Zelebrierung des forcierten Melodrams, das unfähig zur Übermittlung jedweder wirklichen Tragik ist, die Rosenberg an «Red Widow» thematisch so hoffnungslos scheitern lässt. Kitschmusik, narrative Belanglosigkeit und ein Mafia-Stoff, aus der man eine Geschichte um Frauen machen will, die zu sehr lieben. Ein guter erster Eindruck sieht anders aus.

Und die Einschaltquoten scheinen dieser Einschätzung recht zu geben.

«Red Widow» reiht sich somit perfekt in die Schlange der in dieser Season neu gestartete ABC-Drama-Flops ein: Den noch im Sommer hoch gehandelten Serien «666 Park Avenue» und «Last Resort» wurde bereits während der November-Sweeps der Stecker gezogen, während das am 14. Februar gestartete «Zero Hour» nun den Rekord für die zuschauerschwächste ABC-Serien-Premiere innerhalb einer TV-Saison hält. Lediglich «Nashville» konnte aus dem ABC-Lineup Zuschauer wie Kritiker überzeugen. Doch eine Serie zu finden, die von Anfang an ein Aushängeschild wie «Desperate Housewives» hätte ersetzen können, ist nicht geglückt. Mit einer Larifari-Sendung wie «Red Widow», die eine Mafiaserie für die bügelnde Hausfrau aus Nebraska sein will, natürlich erst recht nicht.
21.03.2013 10:43 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/62777