In der Auftaktfolge von «Expedition Familie» beschäftigte sich die einschlägig bekannte Pädagogin mit verschiedenen Formen des Alterns. Die Zuschauer bekamen eine erstaunlich gute Reportage zu Gesicht.
Keine Frage, für den Ruf von Pädagogen und Familientherapeuten war Katia Saalfrank in den vergangenen Jahren in etwa so zuträglich wie Christian Wulff für den des Bundespräsidenten. Insbesondere durch die gnadenlos überzeichnete und aus erzieherischer Sicht überaus zweifelhafte RTL-Sendung «Die Super Nanny» rief sie regelmäßig Kritiker auf den Plan - und auch das Feuilleton war ihr stets alles andere als wohlgesonnen. Doch nachdem ihre Schauspielkarriere trotz nahezu oscarreifer Vorstellungen in den Blockbustern «1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde» und «Torpedo» zuletzt ins Stocken geriet und leider auch der Grammy für ihre Single «Ein Funke Hoffnung» ausblieb, versucht es die 41-Jährige nun doch noch einmal mit ihrer Hauptberufung. Doch keine Angst: Im SWR-Format «Expedition Familie» ergötzt man sich nicht an Prügel- und Brüllszenen des sozialen Prekariats.
Die wenigen RTL-Zuschauer, die sich am Mittwochabend schweren Herzens von «DSDS» lossagten und ihr Idol vergangener Zeiten beim SWR beäugten, wurden hingegen bitter enttäuscht: Die 18-köpfige Familie aus Berlin-Neukölln mit den 40-jährigen Großeltern in Frührente sind nicht Gegenstand der Sendung. Und auch sonst erinnert wenig an die (sehr freie) Interpretation von Sozialstudie, die bei der «Super Nanny» vorherrschte: Es gibt keinerlei Prügelattacken, keine übertriebenen, mit dramatischer Musik unterlegten Zeitlupen und auch Katia Saalfrank wird nicht als herzensgute Retterin der verlorenen Seelen inszeniert. Ihre Haupttätigkeit besteht schlicht darin, mit den Protagonisten ein Gespräch zu führen, in denen auf Vorteile und Problematiken ihres Zusammenlebens eingegangen wird.
Die Aufmachung bei diesem Format ist sehr schlicht, bis auf eine dezente musikalische Untermalung fehlen beinahe alle Stilmittel, mit denen man anderswo nur allzu gerne auf die Tränendrüse drückt oder jede Mücke künstlich zu einem Elefanten aufbauscht. Saalfrank versucht in ihren Interviews stets, ein wirklich vernünftiges Gespräch mit Substanz zu führen, ohne aber als Pächterin der alleinigen Weisheit zu fungieren. Und vor allem das unterscheidet ihre Performance hier elementar von der beim Kölner Privatsender. So entsteht eine wirklich angenehme und in einigen Momenten bei all ihrer Schlichtheit auch beeindruckende Reportage, die vor allem auch den Respekt vorm Alter proklamiert. Dies wird besonders deutlich, als der im zweiten Fall thematisierte gestürzte Mann während der Dreharbeiten im Heim verstirbt, denn das Produktionsteam bewahrt die Würde der Angehörigen, stellt ihre Trauer nicht zur Schau und behandelt das tragische Ereignis so sachlich wie möglich.