Tom Cruise haucht dem knallharten Romanhelden Jack Reacher Leben ein und den bösen Jungs ihres aus.
Tom Cruise hat in seiner Karriere in letzter Zeit wohl alles richtig gemacht. Zumindest nachdem er endlich zu realisieren schien, wie sehr er sich mit seinen peinlichen Liebesbekundungen für die inzwischen wieder von ihm geschiedene Katie Holmes sowie seiner penetranter werdenden PR für die Sekte Scientology der Lächerlichkeit preisgegeben und wie stark sein Ansehen darunter gelitten hat. So ließ er es in der Folgezeit vor der Kamera mit einer Nebenrolle in Robert Redfords sehenswertem, aber (zumindest in den USA) gefloppten «Von Löwen und Lämmern» (2007) sowie einem grandiosen Gastauftritt in Ben Stillers «Tropic Thunder» (2008) zunächst schon etwas ruhiger angehen, um sich anschließend mit dem kontrovers diskutierten Auftritt als Claus Schenk Graf von Stauffenberg in dem von Produktionsschwierigkeiten geplagten «Operation Walküre» (2008) in eine kurze Leinwandpause zu verabschieden und so die Nerven der Öffentlichkeit zu schonen.
Jack Reacher ist ein Phantom. Nach einem langjährigen und auszeichnungsreichen Dienst als Militärpolizist in der US Army ist er eines Tages abgetaucht und führt seitdem ein unbeschwertes Leben als zurückgezogener und rastlos durch die USA streifender Einzelgänger. Als ein Ex-Soldat (Joseph Sikora), der fünf unschuldige Menschen mit einem Scharfschützengewehr getötet haben soll, bei einem Verhör nach Reacher verlangt, tritt letzterer allerdings wieder auf den Plan. Obwohl die Beweise eindeutig scheinen, stellt Reacher gemeinsam mit der Anwältin (Rosamund Pike) des vermeintlichen Täters eigene Ermittlungen an und findet im Zuge dessen bald heraus, dass wesentlich mehr hinter dem fünffachen Mord steckt als zunächst vermutet.
Abseits der bloßen Betrachtung der Hauptfigur, weiß aber auch die Handlung des Films durchaus über weite Strecken zu fesseln, was vor allem aufgrund der etwas irreführenden Werbekampagne im Vorfeld überrascht. So ist «Jack Reacher» weit weniger ein atemloser Actionreißer, in dem Tom Cruise einen bösen Jungen nach dem anderen vermöbelt, wie es die Trailer und TV-Spots bisweilen nahelegten. Vielmehr handelt es sich bei dem Film um einen packenden Krimithriller mit relativ wenigen actionreicheren Passagen, der, zumindest anfangs, vor allem durch die Aufklärung des im Mittelpunkt stehenden Amoklaufs besticht. Ebenjene harte und atmosphärisch dicht inszenierte Eröffnungssequenz weiß bereits von Anfang an zu fesseln und das Interesse an der Lösung des Falls und den wahren Hintergründen des Ganzen hochzuhalten. So ist es am Ende sogar gerade der im Finale doch noch einmal anziehende Actionanteil, der eher ein wenig enttäuscht und im Vergleich zum intensiven Rest des Films ein Stück weit abfällt. Hinzu kommt, dass die deutsche Regiegröße Werner Herzog als hauptsächlich gegen Ende stärker in Erscheinung tretender Bösewicht, trotz seiner durchaus bedrohlichen Erscheinung, insbesondere auch in seiner (von ihm selbst durchgeführten) deutschen Synchronisation, einen etwas befremdlichen Eindruck hinterlässt.
Tom Cruise ist zurück! Wer das nach dem ausgezeichneten «Mission: Impossible - Phantom Protokoll» noch nicht mitbekommen haben sollte, erhält nun mit dem Auftritt des Hollywoodstars in «Jack Reacher» eine weitere Bestätigung dessen. Mit einer enormen Lässigkeit stellt er gekonnt das Zentrum des Krimithrillers dar und ermöglicht es dort, die bisweilen schon fast übermenschlichen Züge seiner Figur gar als amüsante Dreingabe zu akzeptieren. Darüber hinaus lassen sich Tom-Cruise-Filme mit dem Ausbleiben weiterer privater Peinlichkeiten, der zurückgefahrenen Sektenwerbung seinerseits und nicht zuletzt eine clevere Rollenwahl bei wohl dosierten Filmauftritten wieder besser genießen, sodass es auch bei «Jack Reacher» viel Spaß macht, ihm beim Ermitteln und Prügeln zuzuschauen. Auch weiß die Ausgangssituation der Handlung zu überzeugen, obgleich der weiterführende Verlauf des Gezeigten nicht gerade vor Originalität sprüht. Der ganz große Wurf mag Regisseur und Drehbuchautor Christopher McQuarrie somit insgesamt zwar nicht gelungen sein, doch weiß «Jack Reacher» insbesondere bei der spannenden Detektivarbeit der Hauptfigur durchgehend gut zu unterhalten. Mit Tom Cruise als optimale Besetzung ist somit eventuell gar der Grundstein für ein neues Filmfranchise gelegt. Genügend Ausgangsmaterial wäre auf jeden Fall schon jetzt vorhanden.