Der große Quotenmeter.de-Jahresrückblick

Gottschalk beim «Supertalent», James Bond in den Kinos und Stefan Raab in Mitten von Politikern. Die Ereignisse im September, Oktober, November und Dezember 2012.

September:
Ebenfalls im September ging die lang ersehnte, erste Sendung des neuen «Supertalents» auf Sendung. Es sollte die erste Staffel mit einer Jury sein, die sich Medienbeobachter und –macher wohl nicht auch nur im Traum vorgestellt hätten. Neben dem RTL-Gesicht Dieter Bohlen nahm in diesem Jahr niemand Geringeres als Goldlocke Thomas Gottschalk Platz. Zwischen den beiden Alpha-Tieren im Show-Bereich: Michelle Hunziker. Wirklich revolutionär, neuartig oder ausgefallen präsentierte sich die Show jedoch nicht. Auch wenn RTL augenscheinlich versuchte, in Sachen Melodramatik ein klein wenig herunterzufahren, sollten tragische Hintergrundgeschichten und jede Menge Effekthascherei weiterhin im Mittelpunkt der zusammengeschnippselten Inszenierung stehen. Lediglich Thomas Gottschalk wirkte in seiner Jury-Rolle ein wenig verloren, betonte jedoch immer wieder, dass er voll und ganz hinter seinem neuen Job stünde. Wir wollen es ihm mal glauben, auch wenn man es eigentlich nicht kann: Wer verhandelt schon freiwillig mit einem anderen Arbeitgeber, wenn der jetzige Job super ist?

Bei Sat.1 freuten sich die Zuschauer ebenfalls über eine Rückkehr – diese war jedoch von weitaus höherer Qualität. Am 21. September erschien Bastian Pastewka wieder auf den Bildschirmen. In seinem nach ihm benannten Serien-Steckenpferd musste sich der sympathische Komiker in der nunmehr sechsten Staffel mit dem Thema „Hochzeit“ auseinandersetzen. Der Blick auf die Quoten verriet das Übliche: Einen Straßenfeger schuf man mit dem Format nicht, wohl aber eine qualitativ herausragende Serie, die sich eine feste Stammzuschauerschaft erarbeiten konnte, was auch der Blick auf die DVD- und Blu-ray-Käufe verrät. Doch allzu mies soll es hier nicht werden: Immerhin zeigten sich die Zuschauerzahlen nach wie vor erfreulich. Durchschnittlich sahen 1,56 Millionen Zuschauer dieses Stück Qualitätsfernsehen. In der werberelevanten Zielgruppe waren es 10,8 Prozent Marktanteil. So darf sich wohl nicht nur der Protagonist selbst auf eine Weiterführung des Formats freuen. Wobei… bei Sat.1 weiß man ja nie so genau.

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Oktober:
Der Oktober war beim ZDF sicherlich der Monat der Absetzungen: «Rosa Roth», «Kommissar Stolberg», «Der Landarzt» (Foto) und «Forsthaus Falkenau» werden allesamt nach Beendigung der Produktion der aktuellen Staffel nicht fortgeführt. Vielfach wurde eine angestrebte Verjüngung der Zuschauerschaft als Motiv für diesen Schritt vermutet – schließlich sprechen all diese Serien eher eine ältere Zielgruppe an. Aus einer qualitativen Perspektive betrachtet, weinten die Kritiker mit der Ausnahme von «Rosa Roth» den eingestellten Formaten ohnehin keine Träne nach. Fragt sich nur: Womit will das ZDF diese Sendungen in seinem Portfolio ersetzen? Mit ähnlicher Ware oder doch mit einem etwas innovativeren Ansatz?

Innovativ war der Reboot von «Wetten, dass..?» im Oktober sicherlich nicht. Musste er aber auch gar nicht sein. Es mag ein altes Format sein, funktioniert aber mit verhältnismäßig kleinen Änderungen heute immer noch. Es war klar, dass Markus Lanz' Debüt in der traditionsreichsten Samstagabendshow des Landes kritisch beobachtet werden würde. Doch das Echo fiel, mit wenigen Ausnahmen wie der Rezension von Stefan Niggemeier, überwiegend positiv aus.

Im selben Monat gelang es Tele 5, sich als Innovationsmotor des Privatfernsehens zu positionieren. Benjamin von Stuckrad-Barre war mit seinem Polit-Talk von ZDFneo zu dem kleinen Spartensender gewechselt, während sein Produzent Christian Ulmen dort eine Plattform fand, um alte Folgen seiner Internet-Comedy «Ulmen.tv» auszustrahlen, deren Konzept starke Parallelen zu «Mein neuer Freund» aufwies. Gleichzeitig wurden neue Ausgaben des Formats angekündigt. Auch Peter Rütten konnte sein ursprünglich als Bühnenprogramm konzipiertes «Bullshit Universum» bei Tele 5 unterbringen, in dem er Ausschnitte aus alten Filmen auf humoristische Weise neu kommentierte. Gleichzeitig startete Oliver Kalkofe seine Rekalked-Version der «Mattscheibe» – bissig und kompromisslos wie immer. Große Unterhaltung bei kleinen Quoten. Senderchef Kai Blasberg hatte diesbezüglich schon vor dem Start der Formate Entwarnung gegeben: Er hatte den Redakteuren der Sendungen verboten, sich die Zuschauerzahlen anzusehen und wollte sich auch selbst nicht von ihnen leiten lassen. Ob das langfristig so aufrecht erhalten werden kann, wird sich 2012 wohl nicht mehr abschließend beurteilen lassen. Dass dem Sender mit diesen Shows ein erstaunlicher Coup gelungen ist, ist jedoch unbestreitbar.

Unser Rückblick auf den November - auf der nächsten Seite.

November:
Der November hielt vor allem für Cineasten einen wahren Leckerbissen bereit. Mit dem Start des neusten James Bond-Streifens «Skyfall» am 1. des Monats übertraf der Abenteuer-Thriller mit Daniel Craig in der Hauptrolle sogar die kühnsten Erwartungen sämtlicher Kritiker. Inhaltlich lieferte Sam Mendes einen der besten Bonds aller Zeiten ab, doch auch auf dem Papier zeigte sich: Deutschland ist im Bond-Fieber. «Skyfall» legte den besten Start des Jahres hin und kletterte mit (derzeit) über sieben Millionen Zuschauern bis auf Platz zwei der Kino-Jahrescharts.

Auch bei ProSieben kletterte man – und zwar vom Comedyfach in die Politik. So zumindest stellte sich das Fernsehmacher und Entertainer Stefan Raab vor, der mit seinem Format «Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen» am 11. des Monats auf Sendung ging. Ob der Showmaster mit einem derartigen Medienhype gerechnet hätte? Nahezu jeder, der meinte, in der Medienbranche oder Politik etwas zu sagen zu haben, schien seine Meinung zur Sendung kundtun zu müssen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hielt das Format öffentlich für „Unfug“, ARD-Programmdirektor Thomas Baumann zeigte sich skeptisch und sah in ihr keinen Mehrwert und natürlich bildete sich auch die (Boulevard-)Presse eine nahezu durchweg missmutige Meinung. Dieser Hype vorab bildete selbstverständlich einen idealen Nährboden für Top-Quoten. Mit 11,6 Prozent Marktanteil und gar 18,3 Prozent in der Zielgruppe wurde eine Fortführung der Sendung schnell zur Selbstverständlichkeit.

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Dezember
Am 1. Dezember zog Sat.1 wieder einmal Konsequenzen: «Million Dollar Shooting Star», viel angetrailert und mit Bar Refaeli hochkarätig besetzt, hatte bei der Premierensendung desaströse Werte eingefahren. Die letzte Chance, mit der der Sender 2012 noch hätte punkten können – vorbei. Bei ProSieben wäre das Format bestimmt ein Hit geworden, bei Sat.1 wollte es niemand sehen. Aus München nichts Neues.

À propos Trends versemmeln: Nachdem ProSieben mit «Switch Reloaded» sowie das ZDF mit der «heute-show» und «Neues aus der Anstalt» seit Jahren hochwertige Satiresendungen im Programm haben, hat man sich Ende 2011 bei der ARD wohl gedacht, auf diesen Zug aufspringen zu können. Heraus kam «Das Ernste», eine Möchtegern-Nachrichtenparodie, an der man nach der Ankündigung noch ein Jahr lang herumentwickelte, bis man das Resultat schließlich im Dezember 2012 ausgestrahlt hat. Die Kritiker waren sich einig: Qualitativ fiel das Format bis auf ein paar vereinzelte Lichtblicke mit Pauken und Trompeten durch. ARD und lustig – das war 2012 nichts.

Doch 2012 war auch das Jahr des personellen Stühlerückens. Sat.1 und der damalige Geschäftsführer Joachim Kosack hatten sich schon im Sommer getrennt. Ende Dezember wurde nun kommuniziert, dass Anke Schäferkordt ihren Posten als RTL-Chefin zum Februar aufgeben wird. Da sie seit einiger Zeit auch Co-Vorstandsvorsitzende der RTL Group und Mitglied des Vorstands von Bertelsmann ist und in diesem Rahmen an strategischen Entscheidungen einer ganzen Sendergruppe mitwirkt, war es für viele Beobachter der Branche nur eine Frage der Zeit, bis sie das Tagesgeschäft als Geschäftsführerin von RTL aufgeben würde. Im Februar rückt VOX-Chef Frank Hoffmann nach.
01.01.2013 12:00 Uhr  •  Antje Wessels und Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/61212