Neu im Kino: Der sechsfache Tom Hanks

Tom Hanks reist in «Cloud Atlas» durch die Zeit, außerdem startet George Lucas‘ letzte unabhängige Produktion.

«Cloud Atlas»
1849: Ein amerikanischer Anwalt auf hoher See, der die Schrecken des Sklavenhandels kennenlernt. 1936: Ein junger Komponist, mit dessen Hilfe ein alterndes Genie ewigen Ruhm erlangen könnte. 1973: Eine aufstrebende Journalistin, die eine Atom-Intrige enthüllt.

2012: Ein Verleger, der in einem Altersheim erkennt, was Freiheit bedeutet. 2144: Eine geklonte Kellnerin, die ihre Wirklichkeit verändert. 2346: Ein Sonderling, der sich in einer post-apokalyptischen Welt mutig gegen übernatürliche Kräfte stellt. Viele Geschichten, viele Abenteuer, ein großes zusammenhängendes Schicksal, das verdeutlicht, wie Handlungen und Taten auch noch Jahrhunderte in die Nachwelt wirken. Im Mittelpunkt steht ein Verbrecher, der durch die Zeiten wandelt und immerzu Einfluss nimmt auf den Lauf der Dinge.

«Cloud Atlas» ist ein pompöses, ideenreiches Epos und ist eine Verfilmung des gleichnamigen Romans (dt. «Der Wolkenatlas») von David Mitchell. Für das Drehbuch und die Realisation zeichnen die Wachowski-Geschwister und der deutsche Regisseur Tom Tykwer verantwortlich, der sechs Jahre nach «Das Parfum» erstmals wieder an einer Big-Budget-Produktion mitgewirkt hat. Durch die Aufteilung der Erzählstränge – je drei wurden von Tykwer, drei von den Wachowskis gedreht – ergeben sich laut Carsten Baumgardt von „Filmstarts.de“ Vor- und Nachteile: „Tykwer-Kenner und Wachowski-Experten werden auch ohne Vorab-Info erkennen, wer hier was gemacht hat. Durch die deutlich durchscheinenden individuellen Sensibilitäten und Eigenheiten wird der innere Zusammenhalt jedoch erschwert, zumal die sechs inhaltlich und inszenatorisch so unterschiedlichen Geschichten auch nicht in gleichem Maße gelungen sind.“ Insgesamt sorge die „zum Prinzip erhobene Vielfalt für ein höchst abwechslungsreiches, immer faszinierendes Kinoerlebnis mit brillanten Momenten“, woraus sich „ein vogelwildes Gemisch aus Abenteuer, Drama, Romantik, Komödie, Thriller und Science-Fiction ergibt.“ Für Hannah Pilarczyk von „Spiegel Online“ sei «Cloud Atlas» vor allem wegen seiner Angreifbarkeit so interessant – denn zuvor galt der Roman als unverfilmbar, „aufgeblasen in seiner Ambition, so verkrallt in seine Ideen und so pompös im Auftreten“. Die Hauptdarsteller, unter anderem Tom Hanks, Halle Berry (die jeweils in sechs Rollen schlüpfen) und Jim Broadbent, spielen in mehreren Episoden des Films und sind oftmals unter der Maske gar nicht zu erkennen. Gerade in dieser „Besetzungspolitik“ erkennt die Kritikerin erzählerisches Niveau. „Denn je mehr Raum die Masken, Perücken und Prothesen einnehmen, je stärker also die Verschleierung wird, desto offener ist gleichzeitig die Menschlichkeit der Figuren sichtbar. Freiheitsdrang, Solidarität, Liebe, Kreativität. Von Episode zu Episode wird klarer, dass diese vier Motive die Figuren vorantreiben und sie sich einander zuwenden lassen - egal, in welchem Zeitalter sie stecken und ob sie Mann oder Frau, Asiat oder Latina, eben noch Despot oder schon Befreiungskämpfer sind.“ Die selbstgestellte Herausforderung hätten die Macher von «Cloud Atlas» daher gemeistert. „Den Drang, so etwas bald wiederzusehen, verspürt man aber nicht“, so Hannah Pilarczyk von „Spiegel Online“.

OT: «Cloud Atlas» von Andy Wachowski, Lana Wachowski und Tom Tykwer; mit
Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent, Hugo Weaving, Jim Sturgess, Donna Bae.


«Dredd»
Im Amerika der Zukunft liegt ein Großteil des Landes in Schutt und Asche. Die Menschen leben in der Mega City One, einer riesigen Metropole an der Ostküste, in der Chaos und Verbrechen herrschen. Die radikale Antwort darauf sind die sogennanten Judges: Polizisten, Richter und Vollstrecker gleichermaßen. Judge Dredd (Karl Urban) ist der beste und legendärste dieser Verbrechensbekämpfer – und er ist es, der gemeinsam mit seiner Auszubildenden Cassandra Anderson (Olivia Thirlby) eine neue Bedrohung für die Menschen der Mega City One bändigen muss: die gefährliche Droge SLO-MO, welche die Wahrnehmung der Realität verlangsamt. Damit die Droge vom Markt verschwindet, muss Dredd die Drogenbaronin Ma-Ma (Lena Headey) ausschalten. Das Problem: Sie kontrolliert nicht nur einen skrupellosen Clan, sondern auch den größten Slum der Stadt, in dem Dredd auf sich allein gestellt ist. Ein erbarmungsloser Krieg entbrennt…

Eine Rezension des amerikanischen Science-Fiction-Actionfilms lesen Sie am Freitag bei Quotenmeter.de in unserer Kinokritik.

OT: «Dredd» von Pete Travis; mit Karl Urban, Olivia Thirlby, Wood Harris und Lena Headey.

«Red Tails»
Zweiter Weltkrieg, 1944: Als Amerika in den Krieg gegen Hitler zieht, formiert sich in den USA die erste afroamerikanische Lufteinheit der Geschichte. Die schwarzen Männer ziehen selbst aber nicht in den Krieg, sondern müssen zunächst gegen die Diskriminierungen und Gesetze im eigenen Land ankämpfen. Doch irgendwann dürfen sich die Tuskegee-Piloten beweisen und ziehen nach Europa in den Krieg. Ihr Ziel ist klar: als Helden nach Hause zurückzukehren.

«Red Tails» ist das vorerst letzte größere Filmprojekt von George Lucas und zudem die letzte Produktion, die noch unabhängig bei LucasFilm entstand, also vor der Übernahme durch Disney. In der Presse wurde das Pilotenabenteuer mäßig aufgenommen. Ausgehend von der Story der ersten schwarzen Luftwaffen-Piloten, erkennt Todd McCarthy vom „Hollywood Reporter“ in «Red Tails» „eine Fantasy-Version von dem, was im wahren Leben ein außergewöhnliches Beispiel für unverwüstlichen Pioniergeist war.“ Das schwarze Publikum würde den Film daher zwar wertschätzen, aber die „entschlossen simplifizierte Herangehensweise dürfte das Interesse jener Zuschauer drosseln, die hungrig sind auf echten Geschichtsstoff.“ Es gebe einfach so viel mehr aus dieser Story herauszuholen, resümiert McCarthy. Für ihn sind es daher letztlich nur die „schrille Action und immanenten inspirierten Elemente, die einen gewissen Grad an Bedeutung erzeugen.“ Auch Dimitrios Athanassiou von “moviemaze.de” sieht in «Red Tails» eine Inszenierung, „die außerhalb der Flugeinlagen kaum einmal zu fesseln vermag.“ Es gebe zwar „knackige Duelle und Luftschlachten am Firmament, bei denen zuweilen das Gefühl aufkommt, selbst im Cockpit zu sitzen.“ Damit erschöpfe sich aber auch die allermeiste Herrlichkeit des Films, so der Kritiker. Neben fehlender Tiefe wie differenzierten Aussagen über den Krieg fehle eine „Reflexion darüber, dass selbst gerechtfertigte Gewalt immer nur die allerletzte Konsequenz sein sollte”. Noch schlimmer sei aber der „Inszenierungsstil, der an eine intensitätsarme Spieldoku erinnert, sodass die Handlung selten zu emotionalisieren vermag, was dem Film grundsätzlich gut getan hätte. Und zuletzt kommt nicht einmal das Ausgrenzungs- und Diskriminierungsthema derart zur Geltung, wie es für diesen Film prinzipiell unerlässlich gewesen wäre.“ Ein ähnliches Fazit zieht Jens Adrian von „Treffpunkt: Kritik“: „Statt einen dramaturgischen Bogen zu spannen, reiht der Regisseur Anthony Hemingway nur Szenen aneinander, die sich in ihren Aussagen nicht nur wiederholen, sondern die allesamt keine neuen Einblicke liefern. Die Charaktere schwanken von grob umrissen bis vollkommen überzeichnet und die krampfhafte Darstellung eines personifizierten Bösewichts erscheint letztlich nur peinlich.“ Letztlich werde dieses wichtige Kapitel der US-Army „mit einer unangebrachten Naivität oberflächlich erzählt“.

OT: «Red Tails» von Anthony Hemingway; mit Cuba Gooding, Jr., Terrence Howard, Tristan Wilds, Bryan Cranston.
14.11.2012 11:00 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/60354