Weniger Menschen = Weniger Kohle?

Anfang 2013 werden die Ergebnisse des Zensus 2011 erwartet - und dann steht wohl eine kräftige Bevölkerungskorrektur bevor. Die Reichweiten werden wohl geringer, die Werbeerlöse drohen zu sinken.

Im vergangenen Jahr führte die Bundesrepublik Deutschland die Volkszählung, den Zensus 2011, durch. Im Vorfeld wurde ein kleinerer Test unternommen, der vom Inhalt überraschte. Denn entgegen der Erwartung vieler ging die Zahl der in Deutschland lebenden Bürger um etwa zwei Millionen zurück. Dass dies mit Sicherheit nicht nur bei Populationsforschern für Aufsehen sorgen, sondern auch Auswirkungen auf medialer Ebene haben würde, scheint auf den ersten Blick nicht selbstverständlich. Auf den zweiten jedoch offenbaren sich Folgen, die so in der Art sicher nicht unbedingt naheliegend, dafür umso wichtiger sind.

Die in Deutschland durchgeführte Quotenmessung der GfK basiert auf den Zahlen, die in 5.000 Haushalten, in denen 10.500 Menschen leben, gemessen werden. Über die gesamte Bundesrepublik verteilt gelten diese Haushalte, die allesamt Inhaber einer Quotenbox sind, als repräsentativ, sodass anhand derer eine Hochrechnung auf das TV-Verhalten aller Bürger möglich erscheint. Derartige Statistiken beruhten in den zurückliegenden Jahren darauf, die prozentualen Zuschauerzahlen auf etwa 82 Millionen hochzurechnen – denn so viele lebten schätzungsweise bislang in Deutschland. Die GfK passt die genauen Werte in der Regel jährlich entsprechend den offiziellen Zahlen des statistischen Bundesamtes an. Auf 82 Millionen scheint aber bald nicht mehr hochgerechnet werden zu können: so etwas wie Reichweitenrekorde, wie man sie beispielsweise zu Europa- oder Weltmeisterschaften im Fußball generierte, scheinen somit in weite Ferne zu rücken. Doch wäre es nur diese Art „Schönheitsfehler“, ließe sich darüber noch mit einem großzügigen Auge hinweg sehen und man müsste sich getreu dem Motto „Pech gehabt!“ ab sofort einfach an neuen Werten orientieren.

Doch ganz so einfach ist das dann eben doch nicht, denn die zwei Millionen „verloren gegangenen“ Bürger haben eine viel größere Auswirkung auf das deutsche TV-Geschehen, als bisher vielleicht vermutet. Logischen Schlussfolgerungen und einfachen Prozentrechnungen zufolge werden sich die Fernsehsender ab dem zweiten Halbjahr 2013 (die endgültigen Ergebnisse der Volkszählung werden zwischen Januar und Frühjahr erwartet) – denn ab dann wird die GfK ihre Stichproben an die Außenvorgaben anpassen – mit einer geringeren Reichweite zufrieden geben müssen. Denn mit zwei Millionen Bürgern fallen nicht nur Fernsehzuschauer weg. Was interessiert ist die Tatsache, dass diese zwei Millionen Zuschauer vor allem werbung-konsumierendes Publikum sind. Und ab sofort erreicht die im TV geschaltete Werbung dementsprechend weniger Zuschauer. Dies bedeutet jedoch vor allem für die privaten Kanäle einen Einbruch der Werbeeinnahmen. Doch was bedeutet das? Noch mehr Werbung, die die TV-Konsumenten dann verärgert vor dem Fernseher sitzen lässt? Noch mehr Sendungen, die mit Gewinnspielen versuchen, anhand von Telefonanrufen ein wenig Geld nebenbei zu verdienen? Wie RTL, ProSieben und Konsorten dieses Problem lösen wollen, dazu gibt es momentan wohl noch keinen Masterplan. Fakt ist aber, dass die verlorenen Werbeeinnahmen auf welche Art und Weise auch immer wieder aufgefangen werden wollen.

Aktuell werden alle Einschaltquoten übrigens auf die offizielle Bevölkerungszahl hochgerechnet – und die stieg laut Angaben zuletzt sogar noch minimal an: Wir sind derzeit 81,8 Millionen – wohl aber nicht mehr allzu lang.
14.11.2012 12:43 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/60342