Die Kritiker: «Wunschkind»

An ihrem 17. Geburtstag erfährt Carolin, dass sie adoptiert wurde – in einem von Emotionen und Tränen durchtränkten Fernsehfilm.

Inhalt
Eigentlich sind die beiden ein Mutter-Tochter-Gespann, wie es harmonischer kaum sein könnte: Die angesehene Hamburger Kinderärztin Claudia Kayser und ihre fast 17-jährige Tochter Carolin. Seit dem tragischen Tod des geliebten Vaters sind die beiden noch enger zusammengerückt – damals half das Mädchen ihrer trauernden Mutter, ein schweres seelisches Tief zu überwinden. Inzwischen hat Claudia ihr Leben wieder im Griff und in dem sympathischen Familienanwalt Thomas einen neuen Lebenspartner gefunden. Carolin spielt indes mit dem Gedanken, in die beruflichen Fußstapfen ihrer Mama zu treten, und absolviert deshalb ein Praktikum in deren Krankenhaus.

Umso größer ist der Schock, als die Teenagerin ausgerechnet an ihrem 17. Geburtstag herausfindet, dass sie als Baby adoptiert wurde. Enttäuscht und zutiefst verletzt, macht sie ihrer Mutter schwere Vorwürfe, weil diese ihr in all den Jahren nie die Wahrheit erzählt hat. Auf eigene Faust will sie nun herausfinden, wer ihre leiblichen Eltern sind.

Darsteller
Carolyn Genzkow («Zivilcourage») ist Carolin/Jasmin Kayser
Kirsten Block («Barbara») ist Claudia Kayser
Julia Brendler («Johanna und der Buschpilot») ist Chantal Singer
Martin Feifel («Riskante Patienten») ist Thomas Fahrnholz
Thomas Kügel («Heiter bis tödlich – Nordisch herb») ist Dr. Geller
Erika Skrotzki («Tsunami und Steinhaufen») ist Uschi
Christina Große («Für Elise») ist Schwester Louisa

Kritik
Heutzutage schaut wohl niemand mehr schief, wenn sich ein Paar dazu entscheidet, ein Kind zu adoptieren. Denn im Grunde ist dies ja auch eine gute Tat, verhilft man einem von der leiblichen Mutter eventuell ungewollten Sprössling zu einer besseren Zukunft. Nach einem Hoch im Jahre 1995 gehen die Adoptionen in Deutschland stetig zurück, zuletzt wurden im Jahr 2011 laut Statistikunternehmen statista rund 4.000 Kinder adoptiert. Eben diese Thematik setzt der neue Freitagsfilm im Ersten in den Fokus: Wie reagieren Jugendliche, wenn sie zum ersten Mal erfahren, dass ihre Eltern eigentlich ganz andere sind?

Im Falle von «Wunschkind» reagiert die betroffene Carolin, die von ihrer leiblichen Mutter Jasmin getauft wurde, sehr emotional. Irgendwie auch verständlich, erfährt der Teenager ausgerechnet an seinem 17. Geburtstag durch einen unglücklichen Zufall von seiner Adoption. Zu feiern gibt es also erst einmal nichts mehr. Stattdessen wird viel geschrien, geweint und es werden sich gegenseitig Schuldvorwürfe gemacht. Dabei spart das durchwachsene Drehbuch nicht mit Klischees und arg kitschigen Momenten, um das Szenario möglichst theatralisch zu gestalten.

Stichwort theatralisch: etwas übermotiviert und drüber agiert Hauptdarstellerin Carolyn Genzkow, die das gebeutelte pubertierende Mädchen sehr hysterisch anlegt. Ihre Adoptiv-Mutter wird nach Bekanntwerden der Situation mit Verachtung gestraft, die leibliche Mutter aufgesucht und zusammen mit ihr werden tolle Dinge unternommen. Kaum verwunderlich, dass die Zusammenführung beider „Familien“ an den verschiedenen Lebenseinstellungen scheitert.

Hier ist alles etwas überdramatisch, aber immerhin darin sind sich Schauspieler, Musikuntermalung und Drehbuch einig. Hinzu kommen typische moralische Floskeln („Namen sind nicht wichtig. Wichtig ist, wer man ist und wo man hingehört“) und verkrampft auf lustig getrimmte Momente. Dadurch gerät das an sich gar nicht so uninteressante Thema extrem belanglos und – viel schlimmer – regelrecht nervig.

Das Erste strahlt «Wunschkind» am Freitag, den 12. Oktober, um 20.15 Uhr aus.
11.10.2012 13:00 Uhr  •  Janosch Leuffen Kurz-URL: qmde.de/59694